Die Lage zum Coronavirus in Deutschland scheint ernster als je zuvor: Nachdem in den vergangenen Tagen neue Fälle von Ansteckungen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen bekannt geworden sind, hat sich nun Jens Spahn zu Wort gemeldet.
Am Mittwoch warnte der Bundesgesundheitsminister vor einer verstärkten Ausbreitung des Virus: "Wir befinden uns am Beginn einer Corona-Epidemie", so bewertet Spahn die aktuelle Lage. "Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Epidemie an Deutschland vorbeigeht, wird sich nicht erfüllen und sich nicht ergeben." Er sagt das, um zu zeigen, dass die Regierung die Lage ernst nimmt und nicht versucht, sie unnötig zu verharmlosen.
Und dennoch: Solche Aussagen empfindet Lutz Steinfurth als überzeichnet. Der Apotheker aus Heinsberg, wo bereits fünf Ansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus nachgewiesen worden sind, warnt vor Panikmache – und sieht vor allem den Gesundheitsminister in der Verantwortung: "Was Spahn über eine anstehende Epidemie gesagt hat, ist unverantwortlich", sagt Steinfurth im Gespräch mit watson.
Über den ersten Coronavirus-Fall, der im Kreis Heinsberg im Rheinland bekannt geworden ist, weiß der Apotheker, dass der Patient durch eine Lungenerkrankung vorbelastet war. "In so einem gesundheitlichen Zustand ist jeder Infekt gefährlich, egal ob Coronavirus oder nicht." Wer allerdings nicht unter einem geschwächten Immunsystem leide, müsse sich zunächst nicht verstärkt Sorgen machen.
Insofern beobachtet der Apotheker nicht nur die aktuelle Berichterstattung, sondern vor allem die Aussage des Gesundheitsministers mit Sorge. "Das schürt nur unnötig Panik – vor allem, wenn man bedenkt, es gibt jedes Jahr eine Grippe-Epidemie in Deutschland", gibt Steinfurth zu bedenken. "Das ist normal und nur für eine sehr kleine Gruppe gefährlich."
Zudem trage Panik nicht nur dazu bei, dass an sich gesunde Menschen die Ressourcen strapazieren. Wenn zum Beispiel ein gesunder 20-Jähriger versuche, Desinfektionsmittel zu bunkern, bleibe keines mehr übrig für die Risikogruppe, für die eine Ansteckung mit dem Coronavirus tatsächlich gefährlich werden könnte, betont der Apotheker.
Zudem sei Panik generell kontraproduktiv, "denn sie bringt die Menschen wortwörtlich zusammen – und dann ist es wahrscheinlicher, dass sich Krankheitserreger verbreiten."
Verunsicherte Kunden versuche Steinfurth in seiner Apotheke natürlich zu beruhigen. Dennoch plädiert er für Besonnenheit bei dem Thema Coronavirus, was vor allem die Menschen schützen soll, für die eine Ansteckung tatsächlich bedrohlich wäre. Und das ist nur ein sehr geringer Teil der Bevölkerung.