Die Corona-Epidemie in Deutschland könnte im Sommer ihren Höhepunkt erreichen. Das haben Wissenschaftler der Universitäten Mainz und Hamburg gemeinsam berechnet. Demnach könnten Anfang Juni 1,3 Millionen Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infiziert sein.
Danach würden die Fallzahlen wieder abnehmen und im August dann gegen Null gehen. Dieser Prognose liegt die Annahme zugrunde, dass die aktuell von der Bundesregierung und den Ländern verhängten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen nach Ostern wieder aufgehoben würden.
Würden die bestehenden Maßnahmen dagegen verlängert, würden sich sowohl Höhepunkt als auch Ende der Epidemie um etwa einen Monat nach hinten verschieben. Dann wäre das Ende der Krise also im September erreicht. Der Höhepunkt wäre statt im Juni im Juli, die Forscher gehen in ihren Berechnungen allerdings davon aus, dass es dann nur 1,2 Millionen Infizierte wären.
Als Grundlage ihrer Berechnungen nutzten die Forscher die Zahlen des Robert-Koch-Instituts zu den Covid-19-Erkrankungen in Deutschland. Sie verwendeten dabei ein in der Epidemiologie und der Arbeitsmarktforschung verbreitetes mathematisches Modell. Beide Szenarien würden unser Gesundheitssystem vor erhebliche Schwierigkeiten stellen, je nachdem, welche Rate von schweren Krankheitsverläufen man zugrunde legt.
Insgesamt würden sich diesen Prognosen zufolge nach dem Ende der Epidemie insgesamt 6 Prozent, also etwa 5 Millionen Menschen in Deutschland mit dem Coronavirus infiziert haben. Allerdings räumen die Wissenschaftler ein, dass ihre Annahmen mit großer Unsicherheit verbunden sind. Klaus Wälde, Volkswirt an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und einer der leitenden Wissenschaftler der Modellierungen, wird vom "Informationsdienst Wissenschaft" mit dem Hinweis zitiert, es habe bisher keine vergleichbare Epidemie gegeben. Daher habe man keinen sicheren Wert für die langfristige Infektionsrate.
Aus diesem Grund habe man noch ein weiteres Szenario berechnet. Dem legten sie die – allerdings ebenfalls mit starker Unsicherheit behafteten – Fallzahlen aus der chinesischen Provinz Hubei zugrunde. Dort war das Coronavirus zuerst ausgebrochen, die Epidemie ist inzwischen möglicherweise überstanden. Nach diesem Modell würden nur insgesamt 0,6 Prozent der Bevölkerung (also 480.000 Menschen in Deutschland) als Erkrankte gemeldet.
Der Höhepunkt der Epidemie wäre bereits im Mai und mit 200.000 (bei einer Aufhebung des Kontaktverbots nach Ostern) beziehungsweise 120.000 (bei einer Verlängerung der Maßnahmen) gleichzeitig Erkrankten vergleichsweise niedrig.
Wälde verweist aber darauf, dass auch dieses optimistischere Szenario das deutsche Gesundheitssystem sehr stark belasten würde. Grundsätzlich befinde man sich noch am Anfang der Epidemie und müsse hoffen, dass sich der positive Trend bei den Zuwachsraten der Erkrankten fortsetze. "Dadurch könnten sich die Szenarien verbessern", so Wälde.
(om)