In einem neuen schweren Kindesmissbrauchsfall hat die Polizei Münster elf Verdächtige festgenommen. Sieben Beschuldigte befinden sich in Untersuchungshaft, wie Polizei und Staatsanwaltschaft am Samstag in Münster mitteilten. Drei Kinder seien als Opfer identifiziert worden. Sie seien 5, 10 und 12 Jahre alt.
Der Hauptbeschuldigte ist ein 27-Jähriger aus Münster. Bei den sechs weiteren, gegen die Haftbefehl erlassen wurde, handele es sich um dessen Mutter aus Münster sowie um Männer aus Staufenberg bei Gießen, Hannover, Schorfheide in Brandenburg, Kassel und Köln.
Die Ermittler hätten "unfassbare" Bilder sehen müssen, sagte der Leiter der Ermittlungen, Joachim Poll. Polizeipräsident Rainer Furth sprach bei einer Pressekonferenz am Samstagmittag von "abscheulichem Dreck" und drückte sein Mitgefühl für die betroffenen Kinder aus.
Vier Männer sollen wechselweise einen 5- und einen 10-Jährigen Jungen in einer Gartenlaube in Münster über Stunden "auf das Schlimmste" missbraucht haben, sagte Poll.
Den Innenraum der Laube will die Polizei nicht zeigen. Ihre Taten filmten die Männer und verbreiteten die Aufnahmen über das Darknet.
Bei den Opfern handelt es sich laut den Ermittlern um den 10-jährigen Sohn der Lebensgefährtin des Münsteraners und um den 5-jährigen Sohn des Beschuldigten aus Staufenberg. Das habe die Auswertung einer bereits gelöschten Festplatte ergeben, die die Ermittler versteckt in einer Zwischendecke gefunden hätten, sagte Poll.
In einem Keller in Münster habe man einen komplett eingerichteten, klimatisierten Serverraum gefunden. Er sei dem 27-jährigen Tatverdächtigen zuzurechnen, einem IT-Techniker, sagte Poll. Das Speichervolumen der sichergestellten Daten liege nach ersten Erkenntnissen bei über 500 Terrabyte.
Poll sprach von mehreren Hundert Asservaten an gefundener IT. Die Datenträger seien hochprofessionell verschlüsselt worden. Gleiches gilt offenbar für die Handys der Verdächtigen. Diese seien "absolut sicher" gewesen. "Da finden Sie keinen Kontakt oder Anruf darauf", so die Ermittler.
Den Ermittlern sei es bis heute nicht gelungen, alle Daten zu entschlüsseln. Poll sprach von aufwendigen, kniffligen und mit viel Technik verbundenen Ermittlungen. Der 27-Jährige aus Münster sei in einem landwirtschaftlichen Betrieb im Kreis Coesfeld für die IT tätig gewesen.
Nordrhein-Westfalen war seit Anfang 2019 wegen mehrerer Fälle von schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern in die Schlagzeilen geraten. Auf einem Campingplatz in Lügde im Kreis Lippe hatten mehrere Männer Kinder hundertfach über Jahre schwer sexuell missbraucht. Ermittlungen zu einem bundesweiten Kinderpornografie-Tauschring hatten im Oktober 2019 in Bergisch Gladbach bei Köln begonnen und erstrecken sich mittlerweile auf sämtliche Bundesländer.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte nach dem Fall Lügde das Thema Kindesmissbrauch zur Chefsache erklärt und die Arbeit der Ermittlungsbehörden in diesem Bereich verstärkt.
(pcl/dpa)