Nach Ermittlungen zu schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern hat die Polizei in mehreren Bundesländern Tatverdächtige festgenommen. In der brandenburgischen Gemeinde durchsuchten die Ermittler ein Haus und versiegelten es anschließend.Bild: ZB / Paul Zinken
Deutschland
Neuer schwerer Missbrauchsfall in Nordrhein-Westfalen: Die Polizei in Münster hat elf Verdächtige festgenommen, sieben Haftbefehle wurden erlassen. Drei Kinder als Opfer wurden identifiziert. Ein Tatort soll eine Gartenlaube sein.
06.06.2020, 14:4706.06.2020, 15:13
In einem neuen schweren Kindesmissbrauchsfall hat die
Polizei Münster elf Verdächtige festgenommen. Sieben Beschuldigte
befinden sich in Untersuchungshaft, wie Polizei und
Staatsanwaltschaft am Samstag in Münster mitteilten. Drei Kinder
seien als Opfer identifiziert worden. Sie seien 5, 10 und 12 Jahre
alt.
Ermittler sprechen von "abscheulichem Dreck"
Der Hauptbeschuldigte ist ein 27-Jähriger aus Münster. Bei den sechs
weiteren, gegen die Haftbefehl erlassen wurde, handele es sich um
dessen Mutter aus Münster sowie um Männer aus Staufenberg bei Gießen,
Hannover, Schorfheide in Brandenburg, Kassel und Köln.
Die Ermittler
hätten "unfassbare" Bilder sehen müssen, sagte der Leiter der
Ermittlungen, Joachim Poll. Polizeipräsident Rainer Furth sprach bei einer Pressekonferenz am Samstagmittag von "abscheulichem Dreck" und drückte sein Mitgefühl für die betroffenen Kinder aus.
Vier Männer sollen wechselweise einen 5- und einen 10-Jährigen Jungen
in einer Gartenlaube in Münster über Stunden "auf das Schlimmste" missbraucht haben, sagte Poll.
"Sie können sich das nicht vorstellen."
Joachim Poll
Den Innenraum der Laube will die Polizei nicht zeigen. Ihre Taten filmten die Männer und verbreiteten die Aufnahmen über das Darknet.
Bei den Opfern handelt es sich laut den Ermittlern
um den 10-jährigen Sohn der Lebensgefährtin des Münsteraners und um
den 5-jährigen Sohn des Beschuldigten aus Staufenberg. Das habe die
Auswertung einer bereits gelöschten Festplatte ergeben, die die
Ermittler versteckt in einer Zwischendecke gefunden hätten, sagte
Poll.
Täter verschlüsselten Daten hochprofessionell
In einem Keller in Münster habe man einen komplett eingerichteten,
klimatisierten Serverraum gefunden. Er sei dem 27-jährigen
Tatverdächtigen zuzurechnen, einem IT-Techniker, sagte Poll. Das
Speichervolumen der sichergestellten Daten liege nach ersten
Erkenntnissen bei über 500 Terrabyte.
Poll sprach von mehreren
Hundert Asservaten an gefundener IT. Die Datenträger seien
hochprofessionell verschlüsselt worden. Gleiches gilt offenbar für die Handys der Verdächtigen. Diese seien "absolut sicher" gewesen. "Da finden Sie keinen Kontakt oder Anruf darauf", so die Ermittler.
Den Ermittlern sei es bis heute nicht gelungen, alle Daten zu
entschlüsseln. Poll sprach von aufwendigen, kniffligen und mit viel
Technik verbundenen Ermittlungen. Der 27-Jährige aus Münster sei in
einem landwirtschaftlichen Betrieb im Kreis Coesfeld für die
IT tätig gewesen.
Nordrhein-Westfalen war seit Anfang 2019 wegen mehrerer Fälle von
schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern in die Schlagzeilen
geraten. Auf einem Campingplatz in Lügde im Kreis Lippe hatten
mehrere Männer Kinder hundertfach über Jahre schwer sexuell
missbraucht. Ermittlungen zu einem bundesweiten
Kinderpornografie-Tauschring hatten im Oktober 2019 in Bergisch
Gladbach bei Köln begonnen und erstrecken sich mittlerweile auf
sämtliche Bundesländer.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte nach dem
Fall Lügde das Thema Kindesmissbrauch zur Chefsache erklärt und die
Arbeit der Ermittlungsbehörden in diesem Bereich verstärkt.
(pcl/dpa)