Der Angeklagte im ersten öffentlichen Prozess um die Stuttgarter Krawallnacht sitzt neben seinem Rechtsanwalt Marc Reschke in einem Saal des Amtsgerichts Stuttgart.Bild: dpa / Marijan Murat
Deutschland
Rund fünf Monate nach der Stuttgarter
Krawallnacht muss ein junger Randalierer wegen seiner Teilnahme an
dem nächtlichen Gewaltausbruch ins Gefängnis. Das Amtsgericht
Stuttgart verurteilte am Dienstag den 18-Jährigen aus dem
württembergischen Gaildorf im ersten öffentlichen Prozess zur
Krawallnacht wegen besonders schweren Landfriedensbruchs zu einer
überraschend harten Jugendstrafe von zweieinhalb Jahren Haft.
Der junge Deutsche hatte zuvor vor dem Jugendschöffengericht
eingeräumt, während der nächtlichen Krawalle die Heckscheibe eines
Polizeiautos eingeschlagen und zwei Seitenscheiben zertrümmert zu
haben. Das Urteil liegt deutlich über den Forderungen von
Staatsanwaltschaft und Verteidigung, die sich für eine
Bewährungsstrafe ausgesprochen hatten.
Zweieinhalb Jahre Haft: Der Täter ist "entsetzt"
Anwalt Marc Reschke kündigte umgehend an, Berufung einzulegen.
"Das Urteil ist nicht akzeptabel, mein Mandant ist entsetzt", sagte
er. Die Tat sei zwar "eine große Dummheit" gewesen, die Strafe dafür
aber unverhältnismäßig. Sie müsse nun als Richtschnur für die
kommenden Verfahren zur Krawallnacht gesehen werden.
Richter David Schenk sprach beim ersten öffentlichen Prozesses um die Stuttgarter Krawallnacht ein überraschend hartes Urteil.Bild: dpa / Marijan Murat
Dagegen betonte Gerichtssprecherin Monika Rudolph, mit dem Urteil
werde keineswegs ein Exempel statuiert. Am Nachmittag sollte in
Stuttgart ein weiteres Verfahren wegen der Krawallnacht beginnen.
Insgesamt erwartet das Amtsgericht dazu bis zu 100 Prozesse.
Stuttgarter Krawalle sorgten bundesweit für Aufsehen
Bei den nächtlichen Auseinandersetzungen im Juni hatten Dutzende
vor allem junge Männer in der Stuttgarter Innenstadt randaliert. Es
wurden zahlreiche Beamte verletzt und Schaufenster zerstört. Die
Vorfälle sorgten weit über Stuttgart hinaus für Schlagzeilen und
hitzige Debatten. Bislang wurden rund 100 Tatverdächtige ermittelt,
die in der Nacht an den Krawallen beteiligt gewesen sein sollen. Auf
Handyvideos ist auch die Tat des nun angeklagten 18-Jährige deutlich
zu erkennen.
Im Juni kam es in der Stuttgarter Innenstadt zu Ausschreitungen – unter anderem wurden Polizisten angegriffen.Bild: www.imago-images.de / Max Kovalenko
Er habe sich in der Juni-Nacht von der aufgeheizten, grölenden
Menge mitreißen lassen, sagte der junge Mann im Prozess aus. "Ich
habe das gar nicht durchdacht." Erst Tage nach den Krawallen war der
Auszubildende mitten in der Nacht in der Stuttgarter Innenstadt von
einem Polizisten in Zivil wiedererkannt worden.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft begrüßte die Haftstrafe. "Dieses
Urteil ist ein klares und deutliches Signal und wird zur Abschreckung
beitragen", sagte der Landesvorsitzende Ralf Kusterer der Deutschen
Presse-Agentur. "Wer Straftaten begeht, muss dafür die Härte des
Gesetzes spüren." Dazu werde der Strafrahmen ausgeschöpft. Die Höhe
der Strafe sei wesentlich zur Vermeidung von Gewalt und Kriminalität,
sagte Kusterer.
(lau/dpa)