Die Polizei kontrolliert die Einhaltung der Maskenpflicht, hier auf dem Marienplatz in München.Bild: imago images / Philippe Ruiz
Deutschland
Randale, Pöbeleien und mitunter auch heftige Gewaltausbrüche: Seit April gilt vielerorts die Maskenpflicht. Doch nicht jeder will sie im Alltag akzeptieren. Laut Polizeigewerkschaften beginnt die Akzeptanz der Corona-Regeln zu schwinden.
18.10.2020, 09:1424.10.2020, 15:28
Auseinandersetzungen über die Einhaltung der
Corona-Regeln eskalieren nach Angaben der Polizeigewerkschaften immer
häufiger. "Nach wie vor gibt es immer noch eine hohe Akzeptanz für
die Corona-Regeln, aber wir spüren auch, dass die Stimmung beginnt,
aggressiver zu werden – zum Beispiel, wenn wir als Polizei die
Maßnahmen durchsetzen wollen", sagte der Vize-Chef der Gewerkschaft
der Polizei (GdP), Jörg Radek, der Deutschen Presse-Agentur.
"Da kommt es dann zu Widerstand. Das fängt an mit Beleidigungen, dann wird gepöbelt, gespuckt, angehustet. Das alles erleben unsere Kolleginnen und Kollegen in dieser Pandemie."
Die Einsätze gingen nicht nur von sogenannten Maskenverweigerern aus.
Auch Bürger, die geschützt werden wollen, hätten zuletzt ihre
Schutzrechte stärker und zum Teil auch aggressiver eingefordert und
zum Beispiel Maskenverweigerer auf ihr Fehlverhalten hingewiesen.
"Daher kommt es nun insgesamt mehr zu solchen Einsätzen", sagte Radek – mit Zahlen belegen ließe sich dieser Trend aber nicht.
Zahlen, die das belegen, fehlen bisher
Auch der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG),
Rainer Wendt, weist darauf hin, dass es für solche Übergriffe keine
Statistiken gebe. "Aber es gibt immer mehr Berichte aus der
Belegschaft der Polizei, dass die Akzeptanz der Corona-Regeln
insgesamt abgenommen hat und zunehmend offen und aggressiv gegen
Einsatzkräfte vorgegangen wird, die die Einhaltung der Vorschriften
kontrollieren und durchsetzen sollen", sagte Wendt.
Vor allem die Maskenpflicht und das Abstandsgebot sorgen laut den
Polizeigewerkschaften immer wieder für Streit. Die Maskenpflicht
wurde im April von den ersten Ländern im öffentlichen Nahverkehr und
im Einzelhandel eingeführt. Zuletzt wurde sie zum Teil auch auf
andere öffentliche Bereiche mit Menschenansammlungen ausgeweitet.
Mann in Sachsen schlug mit Axt um sich
Wie aus Meldungen der Landespolizeien hervorgeht, kam es zuletzt
nahezu täglich zu Auseinandersetzungen wegen Corona-Regeln. In einem
Supermarkt im sächsischen Zwickau schlug ein Mann kürzlich mit einer
Axt um sich, als er an die Maskenpflicht erinnert wurde. In Mülheim
in NRW erfasste eine 66-Jährige nach einem Supermarkt-Einkauf mit
ihrem Auto einen 55-Jährigen und verletzte ihn leicht. Dieser hatte
die Frau zuvor zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und zum
Abstandhalten aufgefordert. Im bayrischen Kaufbeuren wurden fünf
Polizisten bei einer Kontrolle in einer Bar leicht verletzt. Und auch
im Bahnverkehr, wo die Maskenpflicht gilt, eskalierten Kontrollen.
DPolG-Chef Wendt sieht einen Grund dafür in unklaren Regelungen. Die
Akzeptanz politischer Entscheidungen nehme rapide ab, weil es der
Politik nicht gelinge, die Sinnhaftigkeiten getroffener
Entscheidungen zu erläutern, sagte Wendt auch mit Blick auf die
Beherbergungsverbote. Aus Sicht von Radek sind es hingegen weniger
die widersprüchlichen Regelungen, die für Streit sorgen.
"Viele Menschen fühlen sich von den Regeln einfach genervt. Wenn dann noch Alkohol dazukommt oder gruppendynamische Prozesse damit verbunden werden, kann das zu weiteren Eskalationen beitragen."
GDP-Vize Radek
Für die Polizei sei die Durchsetzung der Corona-Regeln in doppelter
Hinsicht eine zusätzliche Belastung. Zum einen erhöhe die Gefahr von
Ansteckungen das ohnehin schon vorhandene Berufsrisiko. Zum anderen
steige auch die Arbeitsbelastung, wenn die Polizei bei der
Durchsetzung des Gesundheitsschutzes von den Ordnungsämtern vermehrt
um Amtshilfe gebeten werde. "Die Kräfte, die dann für den
Gesundheitsschutz eingesetzt werden, die fehlen dann an einer anderen
Stelle", sagte Radek. Auch Wendt sieht diese Belastung: "Aber im
Moment gibt es keine Alternativen zu den polizeilichen Kontrollen,
wenn Deutschland auch weiterhin gut durch die Krise kommen will."
(om/dpa)