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Deutschland
Wie oft werden Bürger in Deutschland Opfer ihrer Polizei? Abseits der amtlichen Statistik haben Bochumer Wissenschaftler erstmals Tausende Betroffene befragt, um das Dunkelfeld zu erforschen.
17.09.2019, 15:5117.09.2019, 16:38
Der Schlag traf ihn aus heiterem Himmel. Ralf W. (Name
geändert) hatte in Siegburg gegen einen Neonazi-Aufmarsch
demonstriert. Die Atmosphäre sei völlig entspannt gewesen, berichtet
er. Dann brach ein Polizeihelm dem Familienvater die Nase.
Erst vor wenigen Tagen sorgte auch ein Video aus Frankfurt für Aufsehen. Es zeigt, wie ein Bundespolizist nach einer Verfolgungsjagd einen Festgenommenen mit Schlägen und Tritten malträtiert. Gegen den Beamten wird nun ermittelt, wegen "Körperverletzung im Amt".
Studie geht von 10.000 Polizei-Gewalttaten jährlich aus
Auf einen
Verdachtsfall von illegaler Polizeigewalt kommen in Deutschland nach
Ansicht von Forschern mindestens fünf Fälle, die nicht einmal
angezeigt werden. Das Dunkelfeld liegt demnach bei mindestens 10.000
mutmaßlichen Gewalttaten durch Polizisten pro Jahr.
Das geht aus der ersten Studie zur Erforschung illegaler
Polizeigewalt in Deutschland hervor. Wissenschaftler der
Ruhr-Universität Bochum haben am Dienstag einen Zwischenbericht der
Studie "Körperverletzung im Amt" veröffentlicht, für die knapp 3400
mutmaßliche Opfer von Polizeigewalt Auskunft gaben.
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Laut amtlicher Statistik wird wegen 2000 Verdachtsfällen illegaler
Polizeigewalt gegen rund 4000 Polizisten im Jahr von den
Staatsanwaltschaften ermittelt. Das ist das sogenannte Hellfeld.
Mit dem Verhältnis von 1:5 von Hell- zu Dunkelfeld sei man sehr
vorsichtig gewesen, denn eigentlich habe die Studie sogar ein
Verhältnis von 1:6 ergeben. "Wir nehmen außerdem an, dass diejenigen,
die Anzeige erstatten, sich auch eher an einer solchen Umfrage
beteiligen, also überrepräsentiert sind", sagte Professor Tobias
Singelnstein.
Polizeigewerkschaft will keinen Fehler sehen
Nach Ansicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist ein Systemfehler
angesichts von jährlich Millionen Polizeieinsätzen nicht erkennbar.
"Die Polizei genießt in allen Umfragen großes Vertrauen und hohe
Wertschätzung. Das wäre nicht der Fall, wenn hier etwas im Argen
läge", sagte GdP-Chef Oliver Malchow. Möglicherweise werde oft keine
Anzeige erstattet, um eigenes Fehlverhalten zu verdecken. Außerdem
sei für die Forscher nicht überprüfbar, ob die Polizei im jeweiligen
Fall nicht doch rechtmäßig gehandelt habe.
Dem Vorwurf, dass Befragte die Polizei mit falschen Beschuldigungen
überhäuft haben könnten, entgegnete Kriminologe Singelnstein:
"Wir haben eher große Zurückhaltung und Furcht der Befragten erlebt."
Wo
in den Fragebögen Widersprüche auftauchten, wurden die Teilnehmer aus
der Studie entfernt.
Ein erhöhtes Risiko, Opfer eines polizeilichen Übergriffs zu werden,
besteht den Wissenschaftlern zufolge bei Großveranstaltungen wie
Demonstrationen oder am Rande von Fußballspielen. Gewalt der Polizei
in privaten Wohnräumen sei dagegen eher selten. "Das dürfte schon
daran liegen, dass die Polizei weniger in Privatwohnungen, sondern
vor allem im öffentlichen Raum agiert", sagte Singelnstein.
Die Forscher hatten Menschen um Teilnahme an der Studie gebeten, die
illegale Polizeigewalt erlebt haben. Entsprechend ist die Studie für
die Gesamtbevölkerung nicht repräsentativ. 72 Prozent der Befragten sind Männer, durchschnittlich sind sie 26 Jahre alt und überdurchschnittlich gebildet. Einen Migrationshintergrund haben 16 Prozent der Befragten.
Die Ergebnisse sind ernüchternd:
- Fast jeder Fünfte (19 Prozent) gab an, schwere Verletzungen wie Knochenbrüche, Kopfwunden oder innere Verletzungen erlitten zu haben.
- Bei 31 Prozent dauerte der Heilungsprozess mehrere Wochen.
- Vier Prozent gaben an, bleibende Schäden erlitten zu haben.
- Ein Ermittlungsverfahren gegen die Polizisten wurde nach Kenntnis der Betroffenen in nur 14 Prozent der berichteten Fälle eingeleitet.
Keine Anzeige aus Angst vor Rache
Gegen eine Anzeige entschieden sich die Betroffenen vor allem, weil
sie sich keine Chance ausrechneten, oder als Rache eine Gegenanzeige
der Polizisten befürchteten.
Was die geringe Zahl der angezeigten Vorfälle, also das Hellfeld,
angeht, wiesen die Strafverfahren gegen Polizisten zudem eine
auffallend hohe Quote an Einstellungen der Verfahren auf. Nur in
sieben Prozent der angezeigten Fälle sei Anklage erhoben oder ein
Strafbefehl beantragt worden.
Ralf W. hat ähnliche Erfahrungen gemacht. Zuerst habe sich die
Polizei geweigert, seine Anzeige aufzunehmen. Dann hätten ihn
Polizisten, obwohl er stark geblutet habe, daran gehindert, ein
Krankenhaus aufzusuchen. Erst als Journalisten begannen zu filmen,
hätten sie ihn durchgelassen.
Auf seine Strafanzeige folgte eine Gegenanzeige wegen schweren
Landfriedensbruchs: "20 identische Aussagen von Polizisten. Ich hätte
versucht, über das Absperrgitter zu springen und ein Beamter habe vor
Schreck seinen Helm hochgerissen."
Nur zeigte das Röntgenbild, dass der Schlag von oben kam. "Das
Verfahren gegen die Polizei wurde trotzdem eingestellt, ich sollte
600 Euro zahlen. Nach meinem Widerspruch wurde auch das Verfahren
gegen mich eingestellt", berichtet der heute 52-jährige Unternehmer.
"Das war eine bittere Erfahrung. Ich hätte das nicht für möglich gehalten."
Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte
Studie wird fortgesetzt.
(pcl/dpa)
Was die Polizei bei den Razzien gefunden hat:
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Was die Polizei bei den Razzien gefunden hat:
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Die Italienische Polizei räumt die Straße auf ihre Art
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