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Deutschland
15.06.2018, 06:4215.06.2018, 07:18
Der in Köln mit hochgiftigem Rizin gefasste Tunesier hat nach Einschätzung des Verfassungsschutzpräsidenten "sehr wahrscheinlich" einen Gift-Terroranschlag geplant. Die Auswertungen seien zwar noch nicht abgeschlossen, "allerdings ist es in der Gesamtschau der bislang vorliegenden Hinweise sehr wahrscheinlich, dass hier ein terroristischer Anschlag vereitelt werden konnte", sagte Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen der "Rheinischen Post" (Freitag).
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Nach Informationen der Zeitung hätte die gefundene Menge zur Herstellung von hochgiftigem Rizin für 250 bis 1000 toxische Dosen, je nach Ausbringungsmethode, auch für mehr gereicht. Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul hatte am Donnerstag schon gesagt: "Das Gefahrenpotenzial, was von ihm ausging, war schon relativ hoch." Nach Einschätzung des Düsseldorfer Toxikologen Gerhard Fritz ist die geringste Dosis Rizin schon tödlich. "Es gibt kaum etwas, was gefährlicher wäre."
Der 29-Jährige soll bereits seit mehreren Wochen biologische Waffen in seiner Wohnung hergestellt haben und bei der Produktion seines tödlichen Gifts weit fortgeschritten sein.
Online-Einkäufe machten den Mann verdächtig
Rizinussamen zur Herstellung des hochgiftigen Rizin hatte der Tunesier sich nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft im Internet gekauft und seit Anfang Juni zusammengemischt. Durch die Online-Einkäufe sollen die Sicherheitsbehörden auf den Mann aufmerksam geworden sein.
- Der Tunesier soll rund 1000 Rizinussamen sowie eine elektrische Kaffeemühle bestellt haben.
- "Anfang Juni 2018 setzte der Beschuldigte sein Vorhaben um und stellte erfolgreich Rizin her", teilte die Bundesanwaltschaft mit. "Dieses konnte bei dem Beschuldigten sichergestellt werden."
- Auch kleinste Mengen Rizin können tödlich wirken. Rizin gilt als eines der tödlichsten Gifte der Welt. Im Kriegswaffenkontrollgesetz ist es als Kriegswaffe gelistet.
- Mitunter ist schon die Dosis aus wenigen Samenkörnern tödlich. Rizin blockiert ein wichtiges Enzym im Körper. Bislang gibt es kein Gegengift.
Mittäter hatte er wahrscheinlich nicht
Nach bisherigen Erkenntnissen des nordrhein-westfälischen Innenministeriums soll der Mann allein gehandelt haben. Auf Mittäter habe Innenminister Reul derzeit keine Hinweise, wie er selbst am Donnerstag in Düsseldorf sagte.
Staatsschutz und Ermittlungsbehörden hätten einen Hinweis auf den Mann erhalten, der dann observiert und am Dienstagabend festgenommen wurde.
- Spezialkräfte stürmten die Wohnung des Mannes, seiner Frau und Kinder in einem Hochhaus.
- Bei der Durchsuchung der Wohnung im Kölner Stadtteil Chorweiler stießen Einsatzkräfte der Polizei und Feuerwehr auf verdächtige Substanzen.
- Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen übernommen.
- Der Bundesgerichtshof hatte bereits am Mittwochabend Haftbefehl gegen den 29-Jährigen erlassen.
- Laut "Kölner Stadt-Anzeiger" und "Express" soll der Tatverdächtige erst im November 2016 nach Deutschland eingereist und polizeilich nicht in Erscheinung getreten sein.
- Auch die Frau des 29-Jährigen wurde in der Nacht festgenommen. Für Berichte, wonach sich die Ehefrau am Mittwoch wieder auf freiem Fuß befand, gab es zunächst keine offizielle Bestätigung.
Die Beamten tragen Atemschutzmasken bei der Durchsuchung von zwei Wohnungen in Chorweiler.David young/dpa
Spezialkräfte hatten die Kölner Wohnung am Dienstagabend gestürmt
"Wir haben uns sehr schnell entschlossen, zuzugreifen, um mögliche Gefahren abzuwehren"
Polizeisprecher André Faßbender
Auch eine benachbarte Wohnung wurde durchsucht – es konnte nicht
ausgeschlossen werden, dass sich in dieser Wohnung ebenfalls giftige
Stoffe oder weitere Menschen aufhalten, sagte der Polizeisprecher.
Diese Wohnung sei aber leer gewesen.
Für die medizinische Untersuchung der Nachbarn des mutmaßlichen Giftmischers sieht die Stadt Köln keinen Anlass. Nach Aussagen von Experten des Robert Koch-Instituts sehe man keine Notwendigkeit, "Maßnahmen für Personen zu treffen, die sich außerhalb der Wohnung befanden", erklärte die Stadt auf Anfrage.
Eine SEK-Einheit sowie Polizei und Feuerwehr waren am Dienstagabend
mit Atemschutzmasken vor dem 15-stöckigen Hochhaus, wie ein
dpa-Fotograf beobachtete. Die gemeinsamen Kinder des Paares seien in
der Obhut der Stadt Köln, teilte die Polizei mit.
(aj/pb/sg/fh/dpa/afp)