
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Bild: dpa / Kay Nietfeld
Deutschland
12.06.2020, 06:1612.06.2020, 06:16
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht
will härtere Strafen bei Kindesmissbrauch nun schnell auf den Weg
bringen. "Ich habe mein Haus angewiesen, schnellstmöglich eine
entsprechende Regelung vorzulegen", sagte die SPD-Politikerin am
Donnerstagabend im ZDF-"heute journal". "Das kann und wird auch
schnell gehen", zeigte sich Lambrecht überzeugt.
Am Wochenende war ein Fall des schweren sexuellen Missbrauchs
mehrerer Kinder in Münster bekannt geworden. Der 27 Jahre alte
Hauptverdächtige war wegen Kinderpornografiebesitzes zweifach
vorbestraft. Bislang gab es in dem Fall in Münster Festnahmen von elf
Tatverdächtigen aus mehreren Bundesländern. Sieben von ihnen sitzen
in Untersuchungshaft.
Verbrechen oder Vergehen?
Die Union hatte in den vergangenen Tagen Druck gemacht und eine
Strafrechtsänderung dahingehend gefordert, dass Kindesmissbrauch in
jedem Fall als Verbrechen eingestuft wird und auch Strafen in
Zusammenhang mit Kinderpornografie erhöht werden. Als Verbrechen gilt
laut Strafgesetzbuch eine Tat, die mit mindestens einem Jahr
Freiheitsstrafe geahndet wird, als Vergehen eine Tat, für die auch
eine geringere Freiheits- oder Geldstrafe verhängt werden kann.
Lambrecht hatte die Forderungen zunächst zurückgewiesen und viel
Kritik geerntet, war dann aber umgeschwenkt. Die SPD-Politikerin will
nun auch härtere Strafen für Missbrauchsfälle, die nicht mit
körperlicher Gewalt und Misshandlungen einhergingen. Mit Hinweis auf
den Fall von Münster sprach Lambrecht von "widerlichen Straftaten".
Diese seien schon heute schwere Verbrechen, die mit bis zu 15 Jahren
Haft und anschließender Sicherungsverwahrung geahndet werden können.
Sie habe die Erwartung an die Justiz, dass der mögliche Strafrahmen
auch ausgenutzt werde.
"Späte Einsicht ist besser als keine", sagte der
CDU-Rechtsexperte Patrick Sensburg (CDU) der "Bild" (Freitag) zum
Schwenk der Ministerin. "Wir sollten die Strafverschärfung jetzt
unverzüglich auf den Weg bringen und noch vor der Sommerpause
beschließen", forderte Sensburg. CDU-Vize Silvia Breher sagte der
"Nordwest-Zeitung" (Freitag): "Wir brauchen endlich härtere Strafen."
Der Mindeststrafrahmen sei "einfach zu niedrig". CDU-Generalsekretär
Paul Ziemiak forderte in der "Rhein-Neckar-Zeitung" (Freitag), den
Strafrahmen beim Besitz von kinderpornografischem Material von drei
auf fünf Jahre zu erhöhen. Zudem müsse die Polizei zusätzliches
Personal und Ermittlungsbefugnisse im Kampf gegen Kindesmissbrauch
erhalten.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) mahnte,
jetzt sei es an der Bundesregierung, schnell zu handeln. "Je
schneller, je besser", sagte Reul bei "Bild Live" am
Donnerstag.
(lin/dpa)