Die Union, unter CSU-Chef Markus Söder (l.) und CDU-Chef Friedrich Merz, hat sich die Verhinderung des Bürgergeldes ganz oben auf die Agenda geschrieben.Bild: dpa / Michael Kappeler
Meinung
Es gibt offensichtlich Menschen, die anderen nicht die Butter auf dem Brot gönnen. Die unselige Debatte um das Bürgergeld verdeutlicht das einmal mehr. Warum von den Reichen nehmen, wenn man die Armen ärmer werden lassen kann?
Konkret geht es beim Bürgergeld um 50 Euro mehr, die der Fiskus bezahlen muss. Das ist natürlich viel zu wenig. Gerade mit der aktuellen Inflationslage ändern die 50 Euro quasi gar nichts. Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat errechnet, dass es 725 Euro für ein menschenwürdiges Leben bräuchte. Kritik am Gesetzentwurf ist also angebracht. Doch das ist es nicht, woran sich die Union aufhängt.
"Wie scheiße muss ein Job sein, dass sich eine Fachkraft lieber für ein Leben in Armut entscheidet?"
Nein, den Christdemokrat:innen geht es um eine andere Neuerung. Anders als bisher sollen den Beziehenden nicht mehr so mir nichts, dir nichts Leistungen gekürzt werden können – wenn sie sich verweigern, einen Job anzunehmen, der so gar nicht in ihr Kompetenzgebiet passen will. Die Union meint, dadurch werde das Konzept "Fordern" abgeschafft. Ein Konzept, das beim Hartz-IV so weit ging, dass Menschen so hart sanktioniert wurden, dass ihnen am Ende tatsächlich nichts mehr zum Leben blieb.
Eine weitere Sorge: Warum sollten Menschen noch arbeiten wollen, wenn es ihnen doch auf Staatskosten so gut gehen könnte. Davon abgesehen, dass das natürlich Käse ist, eine Frage: Wie scheiße muss ein Job sein, dass sich eine Fachkraft lieber für ein Leben in Armut entscheidet? Unternehmen sollten sich lieber darum kümmern, dass die Arbeitsbedingungen gut und die Bezahlung fair ist.
Konkret geht es bei der Kritik der Union also vor allem um eines: Ideologie.
"Natürlich muss die Opposition die Ampel-Regierung kritisieren – Streit gehört zur Demokratie, wie das Chlorophyll zur Pflanze."
Solange ihre Stammklientel das Gefühl hat, anderen geht es schlechter – in den Köpfen der Menschen vermutlich zurecht, schließlich liegen alle Armen dösend in der sozialen Hängematte – solange werden sie nicht nach einer Vermögensumverteilung rufen. Natürlich nicht, das wäre ja fast schon ein kommunistisches Ansinnen. Zumindest, wenn man den Herren Söder und Merz zuhört. Zwei Populisten.
Die roten Socken aus den 90er Jahren sollte die Union besser stecken lassen. Natürlich muss die Opposition die Ampel-Regierung kritisieren – Streit gehört zur Demokratie, wie das Chlorophyll zur Pflanze. Am Ende sollten Debatten aber konsensorientiert ablaufen.
Auch wenn das bedeutet, dass die Union ihr offensichtliches Misstrauen gegenüber Menschen in Armut herunterschlucken muss. Denn die aktuelle Verweigerungshaltung wird am Ende mehr schaden als nützen. Und klar ist: Arme Menschen in Deutschland werden immer ärmer.
Welche:r Politiker:in möchte an der Spitze eines eigentlich reichen Landes stehen, in dem Millionen von Menschen ab der Mitte des Monats nicht wissen, wie sie ihre nächste Mahlzeit bezahlen sollen? Statt diverser Steuerprivilegien für Superreiche, Unternehmensrettungen und absurden klimaschädlichen Subventionen sollten sich die Entscheider:innen unseres Landes Gedanken darüber machen, wie Vermögen wieder gerechter verteilt werden könnte.
Am Ende haben nicht Abtreibungen, der Klimawandel oder die Außenpolitik die US-Präsidentschaftswahl entschieden. Wichtigstes Thema waren die Inflation und die Preise. Für 34 Prozent der republikanischen Wähler:innen war es laut einer Umfrage von YouGov ausschlaggebend für die Wahlentscheidung.