Erfreuliche Nachrichten gab es zum Jahreswechsel für alle Bahnfahrer: Die Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr wurde von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Die Bahn hatte angekündigt, die Reduzierung eins zu eins an die Kunden weiterzugeben.
Das ist auch tatsächlich geschehen. Bahntickets im Fernverkehr sowie die Bahncard 100 sind um etwa 10 Prozent billiger geworden. Und: Die obersten Finanzbehörden der Länder haben zugestimmt, dass die Mehrwertsteuer-Senkung bald auch für die Bahncards 50 und 25 gilt. Werden dadurch Bahnreisen endlich wieder günstiger als Flugreisen?
Eine kurze Stichprobe ergibt: Zumindest für den Januar gibt es auf allen innerdeutschen ICE-Verbindungen noch Superspartickets für 17,90 Euro. Damit liegt die Bahn stets unter dem Preis für den jeweils billigsten Flug.
Allerdings ist der erste Monat im Jahr traditionell keine Reisezeit. watson hat bei zwei Experten nachgefragt, ob Bahnreisen tatsächlich günstiger als Flüge sind: Gregor Kolbe, Verkehrsexperte von der Verbraucherzentrale und Philipp Kosok, Bahn- und ÖPNV-Experte vom Verkehrsclub Deutschland. Beide bestätigen zunächst einmal, dass die Tickets günstiger geworden sind.
"Es ist die erste Preissenkung seit Jahren", sagt Kosok. Kolbe schränkt allerdings ein, dass die besonders günstigen Tickets nicht immer und unbegrenzt verfügbar seien. "Es hängt stark davon ab, wann Sie wie welchen Zug nehmen. Für Freitag oder Samstag werden Sie Tickets für 17,90 nur sehr begrenzt finden." In der Woche und an den Randlagen des Tages, also sehr früh und sehr spät am Tag, sei die Verfügbarkeit besser als zu Stoßzeiten. Dies bestätige auch eine Marktanalyse der Verbraucherzentrale.
Es gebe auch noch eine kleine Unbekannte in der Rechnung, erklärt Kosok: "Wir wissen, ein großer Anteil der Reisenden reist mit Bahncard oder Sparpreisen, nicht mit Flexpreistickets. Die Bahn gibt allerdings nicht bekannt, wie viele Sparpreise verkauft werden." Die Zahlen schwankten, es seien mal mehr, mal weniger. So steuere die Bahn die Nachfrage:
Jedenfalls gebe es definitiv die Möglichkeit, mit der Bahn günstiger als mit dem Flugzeug zu reisen, sagt Kolbe – "Wenn Sie flexibel und nicht an bestimmte Tage gebunden sind. Selbst wenn Sie nicht mehr das günstigste Supersparticket bekommen – auch eins für beispielsweise 25,90 ist ja oft immer noch deutlich günstiger als ein Flug."
Anreize fürs Umsteigen vom Flugzeug auf die Bahn sieht auch Kosok in der Preissenkung. Die Preise seien ein wichtiger Punkt für die Reisenden. "In unserem Bahntest haben wir Kunden gefragt, was für sie die wichtigsten Faktoren für mehr Bahnfahren sind. Und dabei waren die Preise der drittwichtigste Grund." Der erste seien gute Verbindungen, der zweite die Pünktlichkeit gewesen, was Kosok zu folgender Forderung bringt: "Die Bahn muss ihr Angebot ausbauen und pünktlicher werden. Jeder vierte Fernzug kommt verspätet an."
Zwar habe auch der Flugverkehr eine recht hohe Unpünktlichkeitsquote. Das könne aber leider nicht genau verglichen werden, weil die Daten anders erhoben würden.
Ein anderer wichtiger Faktor ist die Geschwindigkeit. Hier fordern beide Experten dazu auf, genau zu rechnen – und beispielsweise nicht die Fahrt zum und vom Flughafen zu vergessen.
Beide nennen noch jeweils einen weiteren Grund, vom Flugzeug auf die Bahn umzusteigen. Kolbe verweist auf die Vorteile von Flexpreistickets – vor allem für Reisende, die sich nicht vorher genau entscheiden wollten, wann es zurückgehen soll. "Da müssen Sie sich beim Flugzeug festlegen."
Kosok verweist zudem auf das Angebot von Nachtzügen. "Man spart sich die Hotelübernachtung und kommt ausgeschlafen am Ziel an. Das kann auch bei Strecken ab 1000 Kilometern eine gute Alternative zum Fliegen sein."
Somit sieht er auch eine wichtige Aufgabe für die europäische Regierung darin, zu klären, wie ein europaweites Nachtnetz aussehen kann: