Kevin Kühnert hat mit seinen jüngsten Aussagen heftige Kritik auf sich gezogen. Bild: dpa-Pool / Kay Nietfeld
Deutschland
12.09.2022, 15:4112.09.2022, 16:00
Um die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ist in der Regierung jüngst eine heftige Debatte ausgebrochen. Während sich FDP und Grüne dafür aussprechen, hält sich die SPD bedeckt. Am Montag äußerte sich SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert im "ntv Frühstart" darüber – und zog böse Kommentare und heftige Kritik auf sich.
Auch vonseiten der Ampel gerät der Politiker nun schwer ins Kreuzfeuer. Denn: Der SPD-Generalsekretär dämpft die Erwartungen an deutsche Panzerlieferungen an die Ukraine. Nun ist auch sein Twitter-Account verschwunden.
Kühnert warnt vor deutschen Panzerlieferungen: "völlig irrational"
Konkret geht es um die Aussagen Kühnerts bei ntv. Demnach gelte für ihn weiterhin die Aussage, "dass wir nicht schleichend hineingezogen werden wollen in den Krieg, dass wir Russland nicht dazu animieren wollen, völlig irrational am Ende zu handeln und noch ganz andere Staaten anzugreifen." Weiter warnte er vor zu großen Erwartungen an deutsche Panzer-Lieferungen. "Westliche Panzer beispielsweise hat kein Staat bisher geliefert", sagte der SPD-Generalsekretär.
Kevin Kühnert sprach über Panzer-Lieferungen an die Ukraine und machte sich damit wenig Freunde.Bild: dpa / Sebastian Kahnert
Aussagen, die bei einigen offenbar nicht gut ankommen.
Kühnert gerät ins Kreuzfeuer der Kritik
Auf Twitter ist unterdessen ein Shitstorm gegen Kühnert entbrannt. Einige bezeichnen den Politiker als "Enttäuschung" und beschimpfen ihn wüst.
Kritik kam auch vonseiten der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, Agnieszka Brugger. Für sie ergeben Kühnerts Aussagen wenig Sinn: "Diese Logik erschließt sich mir nicht. Keine Panzer, damit Russland kein weiteres Land angreift?", schrieb sie auf Twitter. Sie findet: "Wer möchte, dass Autokraten nicht einfach brutal Nachbarländer überfallen, sollte jetzt erst recht die Selbstverteidigung der Ukraine unterstützen."
Ähnlich sieht es ein User, der an den Politiker gerichtet twitterte: "Wenn die wirksame Unterstützung gegen einen kriminellen Angriffskrieg eine Provokation ist, lieber Kevin Kühnert, dann müssen wir natürlich provozieren."
Der Vorwurf: Kühnert sei nicht wirklich solidarisch mit der Ukraine
Auch der scheidende ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, wetterte gegen Kühnert und die SPD: Das weitere Festhalten an "diesem selbst zerstörerischen Parteikurs" werde ein geopolitisches Desaster für die Ampel und die Bundesrepublik" bedeuten. Er ist überzeugt: "Der Schaden wird irreparabel sein. Schade. Zeit aufzuwachen und mutig zu handeln!"
Andere kritisieren, Kühnert zeige sich nur vordergründig mit der Ukraine solidarisch. Die Einstellung, zum jetzigen Zeitpunkt gegen die Lieferung der schweren Panzer zu sein, zeugt nach Meinung der Kritiker:innen jedoch von wenig Solidarität.
So sieht es auch Franziska Brandmann, Bundesvorstandsmitglied der FDP und Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen. Sie macht der Kühnert-Partei schwere Vorwürfe: Die SPD habe ein halbes Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine nicht verstanden, dass ihre "langjährige Appeasement-Politik" gegenüber Putin den Angriff auf die Souveränität und Freiheit der Ukraine erst ermöglicht habe.
Sie fordert: "Schluss damit!" Auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin Rücksicht zu nehmen, sei "falsch und strategisch dumm".
Kühnert fühlt sich falsch verstanden – und sein Twitter Account verschwindet
Kevin Kühnert hat sich bisher noch nicht persönlich zur Kritik geäußert. Wohl aber sein Sprecher, Fabian Weißbarth. Demnach fühlt sich der Politiker offenbar zu Unrecht falsch verstanden. Weißbarth twitterte: "Was Kühnert heute beim 'ntv-Frühstart' im Zusammenhang mit Panzer-Lieferungen gesagt hat: Weiter keine nationalen Alleingänge. Hilfen 'bisher' in einem Bereich, wie sich internationale Partner auch bewegen."
Es mangele nicht an Solidarität und die Schlagzeilen über Kühnert seien schlichtweg falsch. Seinen Tweet postete der Sprecher mitsamt eines Screenshots eines Artikels mit der Schlagzeile "Kühnert gegen deutsche Panzerlieferungen". Er verteidigte den Politiker. Laut Weißbarth habe Kühnert dies so nicht gesagt.
Wer am Montag nach Kevin Kühnerts Twitter-Account @kuehnikev suchte, wurde nicht fündig. Stattdessen öffnet sich aktuell eine Seite mit dem Hinweis, dass dieses Konto nicht existiere. Das blieb auch von zahlreichen User:innen nicht unbemerkt. "Ist Kevin Kühnert schon zurückgetreten oder warum ist sein Account weg?", lautete ein hämischer Kommentar.
Aktuell ist Kevin Kühnerts Twitter-Account nicht auffindbar. Bild: Screenshot: Twitter
Ob der Politiker den Account selbst gelöscht oder deaktiviert hat, ist unklar. Auch, ob die Anfeindungen etwas mit Kühnerts Verschwinden auf dem Mikroblogging-Dienst zu tun haben, ist unbekannt.
(ast)
Boris Pistorius (SPD) ist seit Januar 2023 Bundesverteidigungsminister unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Er gilt als einer der beliebtesten Politiker Deutschlands.