Der neue Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner (CDU), bei der Abgabe seiner Stimme.Bild: dpa / Hannes P Albert
Deutschland
27.04.2023, 18:2527.04.2023, 18:27
Die Große Koalition (Groko), die nun in Berlin regieren wird, ist vielen ein Dorn im Auge. Der Mitgliederentscheid der Hauptstadt SPD ging denkbar knapp aus. Fast wäre die gemeinsame Regierung geplatzt. Ist sie aber nicht – die Mehrheit der Genoss:innen stimmte für die Zusammenarbeit mit der CDU.
Trotzdem ist Wegner bei der Wahl zum neuen Regierenden Bürgermeister von Berlin zunächst krachend gescheitert, bevor er im dritten Durchgang genügend Stimmen erhielt. Der 50-Jährige verpasste die erforderliche absolute Mehrheit zur Wahl als Nachfolger von Franziska Giffey zunächst deutlich. Wegner bekam 71 Ja-Stimmen, 86 Abgeordnete stimmten gegen ihn. Im zweiten Wahlgang, für den er ebenfalls die absolute Mehrheit brauchte, fehlte ihm erneut eine Stimme.
Kai Wegner (CDU) soll nun Franziska Giffey (SPD) ablösen.Bild: dpa / Christophe Gateau
Im dritten Wahlgang reichte es schließlich. Hier sieht die Landesverfassung vor, dass der gewählt ist, der die meisten Stimmen erhält – für die neue Koalition ist das aber ein denkbar schlechter Start.
Für Diskussionsstoff sorgte außerdem, dass die Berliner AfD-Fraktion nach der Wahl verkündete, im dritten Wahlgang für Wegner gestimmt zu haben. Einen ähnlichen Fall hat es im Februar 2020 gegeben, als in Thüringen der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen aus der CDU und AfD überraschend zum Ministerpräsidenten gewählt worden war. Kurz darauf trat Kemmerich zurück.
Auf Twitter wurden bereits vor dem entscheidenden dritten Wahlgang hämische Stimmen laut. Einige lachten sich nach den gescheiterten Wahlgängen schelmisch ins Fäustchen.
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Twitter-User:innen sehen No-Groko-Strategie
Die CDU hat im neuen Abgeordnetenhaus 52 Abgeordnete, die SPD 34. Zusammen verfügt die Koalition also über 86 Stimmen und die Opposition aus Grünen, Linken und AfD über 73. Auf Twitter wird deshalb vermutet, dass manche der Sozialdemokrat:innen trotz des knappen Mitgliedervotums die Koalition torpedieren wollten.
Vor dem zweiten Wahlgang soll es laut einem Redakteur des Berliner "Tagesspiegel" Krisensitzungen innerhalb der Fraktionen gegeben haben. Niemand wollte die fehlende Stimme gewesen sein, schrieb Julius Betschka auf Twitter. Es sei aber unwahrscheinlich, dass die Hälfte der SPD-Fraktion im ersten Wahlgang gegen Wegner gestimmt habe. Das würde bedeuten, dass auch CDU-Politiker:innen ein "Nein" abgegeben haben.
Grünen-Politiker Matthias Oomen schrieb: "Ich kann es bis Wilmersdorf hören, wie in einem ganz bestimmten Fraktionssaal mit piepsiger Stimme bedroht und beschimpft wird." Andere Twitter-User:innen machen sich ebenfalls über die bis dahin amtierende Bürgermeisterin Franziska Giffey lustig. Der Vorwurf, dass sie trotz einer möglichen Mehrheit mit der CDU koalieren wollte, statt weiter auf rot-rot-grün zu setzen, schwingt noch immer mit.
Andere prognostizieren der Koalition eine kurze Haltbarkeit. Und eine Userin machte sogar den Vorschlag, Grüne und Linke sollten gemeinsam eine:n Kandidat:in aus dem linken Flügel der SPD als Bürgermeister:in vorschlagen. Denn im dritten Wahlgang gewinnt stets, wer die meisten Stimmen hat – das heißt, ein solcher Komplott hätte die bisherigen Planungen rein theoretisch zunichtemachen können.
Nun ist der wahrscheinlichste Ausgang Realität geworden: Wegner wird Regierender Bürgermeister. Und die Koalition trägt ihren ersten Riss davon.
Schon seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat die Diskussion um die Wehrpflicht wieder Fahrt aufgenommen. Die Ampel änderte während ihrer Regierungszeit nichts am aktuellen System. Durch die Neuwahlen könnten aber bald schon wieder junge Menschen verpflichtet werden.