Irre, das sind immer die anderen. Das findet offenbar auch der Fraktionschef der AfD: Alexander Gauland.
Auf diverse Entgleisungen von AfD-Politikern angesprochen, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am Montag, er könne ja nichts dafür, wenn andere in der Partei spinnen würden. "Sie können nicht jeden Irren der Partei zurechnen", so Gauland. Er jedenfalls sehe die AfD als "bürgerliche Partei".
Bürgerlich sein, das ist dem Ex-CDUler und Juristen besonders wichtig. Nicht erst seit den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen. Nach dem für seine Partei so erfolgreichen Abschneiden dort beteuerte er in so gut wie jedes Mikrofon, wie "bürgerlich" die AfD doch in Wahrheit sei.
Und wenn dann doch mal jemand in der AfD den Bogen überspannt, dann sind das eben die Irren, Einzelfälle – die Anderen eben.
Aber was ist eigentlich mit Gauland selbst? 7 Zitate, die zeigen, wie "bürgerlich" Alexander Gauland wirklich ist:
Gesagt hat der bürgerliche Alexander Gauland das auf dem mittlerweile berüchtigten "Kyffhäuser-Treffen" der AfD in Thüringen im September 2017. Bei diesen Treffen gibt sich der völkische Flügel der Partei um Björn Höcke ein regelmäßiges Stelldichein.
Gauland will nicht nur wieder stolz sein dürfen auf die Taten deutscher Soldaten in beiden Weltkriegen, er will auch nicht mehr an die systematische Massenvernichtung der Nazis erinnert werden.
Mit "diesen zwölf Jahren" meinte Gauland die Zeit des Nationalsozialismus'. Und er fordert eine Neubewertung der Taten deutscher Soldaten – in beiden Weltkriegen.
Das ist lupenreiner Geschichtsrevisionismus und Gaulands ganz eigene Version einer Schlussstrichforderung, wie sie ultrachte Gruppierungen seit dem Zweiten Weltkrieg fordern.
Gesagt hat Alexander Gauland diesen Satz im April 2016. Mit berechtigter Kritik an einem politischen oder radikalen Islam hat eine solche Fundamentalkritik allerdings wenig gemein. Für Gauland gibt es schlicht keinen Islam, der mit einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinbar sei. Differenzierung Fehlanzeige.
Auch die Wortwahl hat wenig Bürgerliches. Denn: Ist ein "Fremdkörper" erst einmal lokalisiert, muss er in der Regel entfernt oder rausgeschnitten werden.
Gesagt hat Alexander Gauland diesen Satz im Juni 2018 auf einem Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation im thüringischen Seebach.
Ihm voran stellte Gauland ein kurzes Bekenntnis zur Verantwortung der Deutschen, um dann schließlich doch die zwölf Jahre Nationalsozialismus, in der Millionen Juden und Andersdenkende ermordert wurden, zu einem "Vogelschiss" zu erklären. Gaulands Aussage reiht sich damit in die vielen AfD-Versuche ein, eine geschichtspolitische Erinnungswende herbeizuführen.
Gesagt hat Gauland diesen Satz über die SPD-Politikerin Aydan Özoguz auf einer Wahlkampfveranstaltung im thüringischen Eichsfeld im Sommer 2017. Özguz hatte sich in einem Gastbeitrag für den "Tagesspiegel" für einen Gesellschaftsvertrag statt einer Leitkultur ausgesprochen und u.a. festgestellt, dass eine spezifisch deutsche Kultur jenseits der Sprache "schlicht nicht identifizierbar" sei.
Das wiederum verleitete Gauland in Thüringen zu seiner Entsorgungs-Forderung. Im Wortlaut: "Das sagt eine Deutschtürkin. Ladet sie mal ins Eichsfeld ein und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können."
Auch nach der Kritik an dieser Aussage fühlte sich Gauland einmal mehr missverstanden. Mit der Aussage habe er deutlich machen wollen, "dass es viele Menschen gibt, die halt Fremde in ihrer Nachbarschaft nicht für ideal halten." Außerdem habe er gar nicht gewusst, dass Boateng "farbig" sei. Erst Beatrix von Storch habe ihm das am Telefon erzählt. Das sagte Gauland später in der Talk-Sendung "Anne Will".
Der in Berlin geborene "Fremde" und Weltmeister für Deutschland 2014, Jerome Boateng, reagierte auf Gaulands Äußerungen mit einem Achselzucken: "Kann ich nur drüber lächeln. Ist traurig, dass so etwas heute noch vorkommt."
Mit "sie" meinte Alexander Gauland Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Und", fügte er an, "wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen."
Gesagt hat er das nach der Bundestagswahl 2017. Erinnert an dieses Zitat wurde er spätestens, als der CDU-Politiker Walter Lübcke durch einen Kopfschuss hingerichtet wurde. Seither wird diskutiert, inwiefern die AfD eine Mitverantwortung das politische Klima in einem Land hat, in dem solche Taten möglich werden.
Gezogen hat Alexander Gauland den Diktatorenvergleich im Juni 2016 auf dem Marktplatz im brandenburgischen Elsterwerda. Ein Vergleich, der nicht nur verschweigt, dass der Kanzler oder die Kanzlerin in Deutschland demokratisch legitimiert ist, sondern auch tatsächliche Diktaturen und Diktatoren relativiert und verharmlost.
Die Begründung lieferte Gauland gleich mit: "Dass sie ein Volk völlig umkrempelt und viele fremde Menschen uns aufpfropft und uns zwingt, die als Eigenes anzuerkennen."
Damit befeuerte Gauland eine in rechten Kreisen beliebte Verschwörungstheorie: die des "Großen Austauschs". Die Deutschen würden Stück für Stück durch "Fremde" ausgetauscht, so die Legende. Dieser Logik folgend warf Gauland den Parteien im Bundestag vor, sie verträten "eine Politik der menschlichen Überflutung". Dabei ginge es um den "Versuch, das deutsche Volk allmählich zu ersetzen durch eine aus allen Teilen dieser Erde herbeigekommene Bevölkerung".
(ts)