Der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF.Bild: www.imago-images.de / Udo Herrmann
Deutschland
Der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF widerspricht einem Bericht des ZDF-Magazins "Frontal", in dem dem Unternehmen vorgeworfen wird, Deutschland in eine langfristige Gas-Abhängigkeit von Russland manövriert zu haben.
Dem Bericht des Magazins zufolge hat BASF gemeinsam mit der damaligen Tochterfirma und heutigen Beteiligung Wintershall Langfristverträge nach dem sogenannten "Take or Pay"-Prinzip (ToP) mit dem russischen Gaskonzern Gazprom geschlossen.
Der Wirtschaftsexperte Achim Wambach erklärt solche Klauseln folgendermaßen: "Im Prinzip hat das Unternehmen gesagt: 'Wir kaufen für eine bestimmte Menge Gas über die nächsten Jahre zu einem bestimmten Preis'", sagt der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung gegenüber watson. "Damit aber beide Seiten Sicherheit haben, sieht ein solcher Vertrag vor, dass, wenn die Mindestmenge an Gas nicht gekauft wird, trotzdem dafür gezahlt wird. Auch die andere Seite braucht eine gewisse finanzielle Sicherheit, denn sie hat ja auch Investitionen getätigt."
Preisabsicherung in beide Richtungen
Solche Klauseln und auch Langfristverträge, sagt der Wirtschaftsexperte Wambach, seien gang und gäbe und ökonomisch sinnvoll. "Am Ende macht jeder Haushalt langfristige Energieverträge – und das ist insbesondere dann wichtig, wenn Energieunternehmen zum Beispiel ein neues Gasfeld oder Ölfeld auch erschließen." Konzerne müssten schließlich planen können, ob die Kunden das auch die nächsten zehn Jahre abnehmen. "Konkret", sagt Wambach, ist es ja sogar eine Preisabsicherung in beide Richtungen."
Diese Verträge würden Deutschland bis 2030 an das russische Unternehmen binden.
Eine Konzern-Sprecherin dementierte allerdings, dass es solche Verpflichtungen gibt. Auf Anfrage von watson schrieb sie: "BASF hat keine Gaslieferverträge mit Russland und dementsprechend keine ToP-Verpflichtungen, die von einem Gasboykott gegen Russland betroffen sein könnten."
Angaben des Unternehmens zufolge werde Gas von westeuropäischen Versorgern bezogen.
"Importieren kein Erdgas aus Russland."
Wintershall-Sprecher gegenüber watson
Auch die BASF-Beteiligung und Gasförderungsfirma Wintershall habe keine etwaigen Verträge, heißt es von BASF.
Gleiche Töne lässt auch Wintershall verlauten: "Wintershall Dea ist ein Produzent von Erdgas und Erdöl. Wir importieren kein Erdgas aus Russland", schreibt ein Sprecher auf watson-Anfrage.
Wintershall fördert das Gas in Westsibirien und verkauft das direkt an Gazprom. Gazprom selbst hat das Exportmonopol auf Gas – und verkauft wohl auch an eben jene westlichen Unternehmen, die dann über Umwege das Gas wieder an BASF liefern.
Die Gas-Geschäfte laufen also über mehrere Ecken, drehen mehrere Runden. Direkte Verträge mit Russland gibt es den Angaben von BASF zufolge zwar nicht, doch auch Verträge mit Drittanbietern sichern so das billige Gas von russischem Boden.
Wenn solche Klauseln in diesem Fall tatsächlich bestehen, wäre die einzige Möglichkeit für eine Unabhängigkeit ein staatlich angeordnetes Embargo. Bisher ist die Energie allerdings nicht in deutschen Sanktionen gegenüber Russland eingeschlossen.
Wirtschaftsexperte Wambach sagt:
"Wenn russische Energieunternehmen sanktioniert werden, dann ist es ein anderes Thema. Wenn die Regierung ein Embargo anordnen würde, ist das höhere Gewalt. Daran muss sich ein deutsches Unternehmen halten. Ob es dann weiterzahlen muss, oder ob der Vertrag gekündigt werden kann, hängt von vielen Faktoren ab."
Gas-Pipeline mit Gazprom nach Ludwigshafen gebaut
Laut dem ZDF-Bericht stieg BASF im Jahr 1990 ins Gasgeschäft ein. Gemeinsam mit dem russischen Konzern Gazprom baute das Ludwigshafener Unternehmen eine Gasleitung von Russland bis nach Ludwigshafen – direkt zum Stammwerk von BASF. Später kamen noch zwei weitere Gas-Pipelines hinzu, die von BASF mitfinanziert wurden.
Dieser Deal war zu jener Zeit ein Win-Win: Gazprom brauchte für die Gasförderung die Technik und das Know-How der BASF-Gasfördertochter Wintershall und wollte gleichzeitig mehr Gas in Deutschland verkaufen. Im Gegenzug lieferte Gazprom BASF billiges Gas, das der Konzern für seine Chemiewerke benötigte.
BASF will unterdessen wegen des Kriegs in der Ukraine den größten Teil seiner Geschäfte in Russland und Belarus bis Anfang Juli 2022 einstellen. Eine Ausnahme bilde das Geschäft zur Unterstützung der Nahrungsmittelproduktion, teilte der Dax-Konzern am Mittwoch mit. Denn der Krieg berge das Risiko, eine weltweite Nahrungsmittelkrise auszulösen. Bereits Anfang März hatte BASF bekanntgegeben, in den beiden Ländern keine neuen Geschäfte abzuschließen.
Wintershall hält an Geschäften mit Russland fest
Wintershall hingegen will an bestehenden Projekten in Russland weiter festhalten. Nach "intensiven Diskussionen" habe sich die Geschäftsführung entschieden, "unsere Beteiligung an unseren Projekten in Russland weiterzuführen", sagte der Vorstandsvorsitzende Mario Mehren am Donnerstag. Neue Projekte in Russland würden aber nicht mehr begonnen, Zahlungen an Russland seien ausgesetzt worden.
Mehren verwies auf die Verantwortung des Unternehmens für die eigenen Mitarbeiter und die europäische Energieversorgung. Hätte sich das Unternehmen für einen vollständigen Rückzug vom russischen Markt entschieden, so wären "Vermögenswerte in Milliardenhöhe an den russischen Staat gefallen".
(mit Material von dpa)
Anfang des Jahres führte Günther Felßner noch als Vorsitzender des Bayerischen Bauernverbands die Proteste der Landwirte gegen die Ampel-Regierung in Berlin an. Mit gelber Warnweste stand er an der Spitze von Traktor-Kolonnen und protestierte unter anderem gegen die Politik von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne).