Der Gesetzgeber darf muslimischen Rechtsreferendarinnen verbieten, bei ihrer praktischen Ausbildung im Gerichtssaal ein Kopftuch zu tragen. Die Entscheidung für eine Pflicht, sich in weltanschaulich-religiöser Hinsicht neutral zu verhalten, sei zu respektieren, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem Fall aus Hessen.
Der Beschluss wurde am Donnerstag in Karlsruhe veröffentlicht. Ein Kopftuch-Verbot ist demnach aber nicht zwingend.
Geklagt hatte eine in Frankfurt geborene Deutsch-Marokkanerin. Sie hatte im Januar 2017 ihren juristischen Vorbereitungsdienst angetreten. In Hessen können Referendarinnen ihre Ausbildung zwar mit Kopftuch machen.
Sie dürfen damit aber keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie als Repräsentantinnen der Justiz oder des Staates wahrgenommen werden können. Das bedeutet zum Beispiel, dass sie Verhandlungen nicht wie die anderen Referendare von der Richterbank verfolgen dürfen, sondern sich in den Zuschauerraum setzen müssen. Sie dürfen auch keine Sitzungen leiten oder Beweise aufnehmen.
Dagegen hatte die 1982 geborene Frau erst vergeblich Beschwerde eingelegt und dann vor den Verwaltungsgerichten geklagt. Schließlich reichte sie Verfassungsbeschwerde ein – am Ende ohne Erfolg.
Das Verbot greife zwar in die Glaubensfreiheit der Klägerin ein, entschieden die Richter. Dies sei aber durch andere Verfassungsgüter gerechtfertigt – etwa die Verpflichtung des Staates zu religiöser Neutralität und die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege.
Die Verfassungsrichter verwiesen dazu darauf, dass der Glaubensfreiheit der muslimischen Rechtsreferendarin die Grundsätze der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staats, der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege sowie der negativen Religionsfreiheit Dritter gegenüber stünden.
Keiner der kollidierenden Positionen komme in der Abwägung ein derart überwiegendes Gewicht zu, das dazu zwänge, der Klägerin das Tragen des Kopftuchs im Gerichtssaal zu verbieten oder zu erlauben.
Einige Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Berlin haben ähnliche Vorschriften. In anderen Ländern ist die Frage gar nicht geregelt, weil sich das Problem entweder noch nie stellte oder sich im Einzelfall eine einvernehmliche Lösung fand.
(pcl/dpa/AFP)