Normalerweise sollte es für alle Beteiligten ein denkwürdiger Abend werden, der positiv in Erinnerung bleibt. Nun ist ein Schüler nach einer kritischen Rede auf dem Abiball von seinem Direktor wegen übler Nachrede angezeigt worden. Ihr Sohn habe ein Schreiben der Polizei bekommen mit der Aufforderung, eine Stellungnahme abzugeben, sagten Annette Korn und Klaus Schütt der Deutschen Presse-Agentur. Der Vorfall ereignete sich an der Freien Schule Prerow (Halbinsel Fischland-Darß-Zingst). Dort hatte der 18 Jahre alte Fiete Korn in seiner teils ironischen Ansprache die Art und Weise kritisiert, wie die Schulleitung mit den Schülern umgehe. Es sei ein Klima von Angst und Einschüchterung erzeugt worden. Schüler sollen motiviert worden sein, ihre Mitschüler zu überwachen. Außerdem seien Schüler eingeschüchtert und über ihr Privatleben ausgefragt worden.
In dem Schreiben der Polizei heißt es, Korn habe in der Rede öffentlich Tatsachen über den Schulleiter behauptet, welche geeignet seien, ihn verächtlich zu machen beziehungsweise in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.
Der Abiturient verteidigte sich und seine Rede. Obwohl über den Schulleiter bereits zuvor viel geredet worden sei, habe aus Angst kein Schüler den Mund aufgemacht, sagte Korn. Beim Abiball sei ihm dann bewusst geworden, dass dies die letzte Gelegenheit war, dem Schulleiter im Beisein von anderen die Meinung zu sagen, berichtete Fiete Korn. "Ein Brief wäre im Sande verlaufen", meinte er gegenüber der dpa. Für Aufsehen hatte ursprünglich ein Videomitschnitt der Rede gesorgt, der in den sozialen Medien weitergereicht worden war. Gäste des Balls applaudierten dem Abiturienten für seine mutige Rede. Zuerst hatte die "Ostsee-Zeitung" über den Vorfall am 11. Juli im Landkreis Vorpommern-Rügen berichtet.
Schulleiter Gerald Schaarschmidt war am Freitag für eine Stellungnahme nicht erreichbar, berichtet die dpa. Er hat noch Urlaub, da der Unterricht erst am 31. August beginnt, wie die freie Schule mitteilte. An der Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe lernen nach Angaben von Prerows Bürgermeister René Roloff (Wählergemeinschaft) etwa 440 Schüler. Scheinbar hat die Schule nicht nur mit ihrem Nachwuchs Probleme: "Das Verhältnis zwischen der Gemeinde und der Schule ist zerrüttet", sagte er. Einer der Gründe sei der Sanierungsbedarf am Schulgebäude.
Gegenüber der "Bild am Sonntag" legt der Abiturient nach und wiederholt seine Vorwürfe aus seiner Rede: "Ich stehe zu meinen Aussagen", so der Schüler, "ich bin weder ausfallend noch frech oder beleidigend geworden."
Mehr als zehn Jahre lernte er unter dem Direktor. "Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede", so Korn weiter.
Dem Schulleiter zufolge hatte der Träger des Darßer Bildungszentrums das Objekt bereits sanierungsbedürftig gemietet. Die Gemeinde als Eigentümer sei dafür zuständig und wolle auch sanieren. Es habe bei diesem Millionenprojekt jedoch ein ständiges Hin und Her gegeben. Im Land habe sich die Fördergesetzgebung geändert, und auch die Trägerschaft habe gewechselt. Schließlich habe die Semper-Holding mit Hauptsitz in Dresden als Schulträger die Miete zu 100 Prozent einbehalten. Zudem wollte die auch im Immobiliengeschäft tätige Holding die 2,5 Hektar Schulgelände in bester Lage im Ostseebad Prerow gerne kaufen. Die Gemeinde lehnte einen Verkauf ab.
Nach einem Gerichtstermin sei die ausstehende Miete von 180.000 Euro gezahlt worden. Der Rechtsstreit ist Bürgermeister Roloff zufolge aber noch nicht beendet. Ein Teil des Geldes werde zurückgefordert.
Mittlerweile wurde dem Schüler ein Praktikumsplatz in der Redaktion von Jan Böhmermann angeboten – vom Showmaster höchstselbst.
Weiterlesen: Von Schulleiter angezeigt: Das sagt Fiete Korn zum Böhmermann-Angebot
(lau)