Der Kiez Döner Imbiss am Rande es Paulusviertels in Halle. Auf dem Boden vor den Mülltonnen liegen polizeilich markiert Projektilhülsen einer Schrotflinte.Bild: www.imago-images.de
Deutschland
14.10.2019, 15:0614.10.2019, 17:11
Der Rechtsextremist Stephan B. wollte am Mittwoch in einer Synagoge in Halle an der Saale laut Ermittlern ein "Massaker" mit weltweiter Wirkung anrichten. Als der Angreifer an der Tür des Gotteshauses scheiterte, erschoss er vor dem Gebäude eine Frau – und später in einem Döner-Imbiss einen Mann.
Der Inhaber eben jenes Dönergeschäfts hatte sich am Sonntag dann zu Wort gemeldet. Der Künstler Shahak Shapira machte auf einen Post des Kiez-Döner-Inhabers aufmerksam, in dem dieser zunächst seine Enttäuschung über den Bundespräsidenten zum Ausdruck brachte.
Der Besitzer des Bistros kritisierte in seinem Post, dass Steinmeier bei seinem Besuch nach dem Terrorakt in Halle kein Wort an seine Mitarbeiter gerichtet habe. Diese seien schließlich Zeugen der Tat gewesen und stünden noch immer unter Schock. "Wenn der Präsident eines Landes für die Opfer da ist, dann bitte für alle da sein. Wir verachten das Ganze genauso", heißt es in dem Post des Bistro-Inhabers.
Bild: screenshot facebook
So reagiert Steinmeier auf die Kritik
watson hatte darauf am Montag beim Bundespräsidenten nachgefragt. Eine Sprecherin teilte zunächst mit, dass das Bundespräsidialamt vor dem Besuch des Bundespräsidenten versucht habe, mit dem Besitzer des Döner-Imbisses Kontakt aufzunehmen. Das sei aber nicht gelungen. Auch sei der Bundespräsident bei seinem Besuch in Halle am Donnerstag vor dem Döner-Imbiss gewesen und habe dort mit Blumen des Opfers gedacht. "Der Laden selbst war zu dem Zeitpunkt des Besuchs des Bundespräsidenten noch als Tatort abgesperrt und geschlossen", heißt es von Seiten des Bundespräsidialamtes.
An beiden Tatorten habe der Bundespräsident deutlich gemacht, dass die Ziele des Attentäters, die Synagoge und der Döner-Imbiss, nicht zufällig gewählt worden seien.
Und: "Der Bundespräsident möchte gerne mit dem Besitzer sprechen", hieß es von Seiten des Bundespräsidialamtes gegenüber watson. Auf mehrere Kontaktversuche seitens des Bundespräsidialamtes habe es aber keine Rückmeldung des Besitzers gegeben.
Missverständnis ausgeräumt
Das ist inzwischen anders. Wie das Bundespräsidialamt am Montagnachmittag gegenüber watson mitteilt, haben der Bundespräsident und der Dönerladen-Inhaber inzwischen telefoniert. Dabei habe Steinmeier dem Inhaber des Bistros erklärt, dass es im Vorfeld und auch während seines Besuches Versuche gegeben habe, Kontakt aufzunehmen.
Auf seiner Instagramm- und Facebookseite dankt der Dönerladen-Inhaber mittlerweile dem Bundespräsidenten für das Gespräch. "Lieber Präsident, lieber Herr Steinmeier, ich danke Ihnen vielmals für das nette Gespräch. Sie haben mich sowie auch ganz Deutschland damit gestärkt und Mut gemacht, weiter zu machen", schreibt er.
Kiez-Döner-Inhaber ruft zu Solidarität auf
Zuvor hatte der Inhaber des Dönerimbisses auf seiner Facebookseite zu Solidarität aufgerufen und dort auch um Spenden für die Betroffenen gebeten.
Er schreibt auch an die jüdische Gemeinde:
"Liebe Synagogen-Gemeinde,
wir sind sehr froh, dass der dumme, kranke Mensch bei euch nicht reingekommen ist. Leider hat es Jana und in meinem Geschäft Kevin getroffen. Bei euch hätte es schlimmer ausgehen können. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie uns auch unterstützen für die Hinterbliebenen. Zeit zum Zusammenhalten. Wir sind alle Menschen, erschaffen von einem Gott."
(ts)