Angela Merkel hat dazu aufgerufen, nicht nachlässig mit den Corona-Maßnahmen umzugehen. Die Bundeskanzlerin warnte vor dem Risiko eines Rückfalls. Es könnte passieren, dass die gerade beschlossenen Lockerungen wieder zurückgenommen werden. "Wir dürfen uns keine Sekunde in Sicherheit wiegen", betonte sie am Montag in Berlin. Und weiter: "Wir müssen wachsam und diszipliniert bleiben."
Am Dienstagabend ging es bei "Markus Lanz" auch um die Lockerung der Maßnahmen mitten in der Corona-Pandemie. Politiker Stephan Weil, Virologe Hendrik Streeck und Autorin Thea Dorn erörterten die neuesten Erkenntnisse über die Eindämmung des neuartigen Virus. Dabei stand die Heinsberg-Studie von Streeck im Mittelpunkt.
Diese war nach einer Veröffentlichung erster Teilergebnisse kurz vor Ostern viel diskutiert worden. Viele Befürworter von Lockerungen der Corona-Maßnahmen beriefen sich im Anschluss auf diese Zahlen, die allerdings noch kein vollständiges Bild liefern.
Lanz konfrontierte Streeck auch mit dem Vorwurf, dass er sich für die Politik vor einen Karren habe spannen und sich zur Eile drängen lassen. Der Virologe wies die Kritik von sich: "Das glaube ich nicht und hoffe ich auch nicht. Es ging darum, dass wir ein Zwischenergebnis vor Ostern liefern wollten. Wir hatten das Gefühl, dass wir die Verpflichtung haben, Daten liefern zu können."
Zur Erinnerung: Diese vorläufigen Daten wurden vielerorts überinterpretiert. Denn laut dem vorgestellten Zwischenergebnis der Studie liegt die Sterberate bei 0,37 Prozent. Die in Deutschland derzeit von der amerikanischen Johns Hopkins University berechnete entsprechende Rate liegt mit 1,98 Prozent um das Fünffache höher. Streecks Zahlen gelten allerdings nur für den Landkreis Heinsberg.
Streeck stellte klar: "In Deutschland kann man annehmen, dass wir eine Infektionsrate von 1,2 Millionen Menschen haben. In Heinsberg gibt es eine höhere Anzahl an Infizierten, die nicht erkannt wurde. Die Letalität (Sterblichkeit, Anm.) des Virus wird ähnlich sein."
Außerdem kündigte der Virologe weitere wichtige Erkenntnisse an, und zwar schon recht bald:
Auf die Frage, ob er überstürzt gehandelt hätte, meinte der Virologe: "Wir nehmen uns mehr Zeit für das Endergebnis. Wir haben immer gesagt, dass wir schnelle Ergebnisse haben wollen."
In Richtung eines anderen Virologen, mit dem manche Medien ihm einen Streit andichten wollten, betonte er: "Herr Drosten und ich stehen gar nicht so weit auseinander. Wir verstehen uns gut. Er kriegt auch Proben aus Heinsberg. Es geht hierbei um den wissenschaftlichen Diskurs. Da mögen wir auseinanderliegen." Der Rest sei fehlinterpretiert worden.
Lanz sprach Streeck auch auf die Diskussion darüber an, ob es richtig gewesen sei, die Studie von einer PR-Agentur betreuen zu lassen. Dessen Antwort folgte prompt:
Die Aufgabe sei es gewesen, eine Dokumentation von der Zeit in Heinsberg zu haben. Sie hätten dafür viele Anfragen bekommen. Die Frage von Lanz: "Würden Sie es noch mal so machen?" beantwortete der Virologe klar:
Auch den Vorwurf, dass er einen Ruf als Wissenschaftler aufs Spiel gesetzt habe, kommentierte Streeck : "Das hoffe ich nicht. Die Wissenschaft ist die gleiche. Das finde ich nicht und habe ich auch nicht."
Zum Endergebnis der Studie wollte der Virologe noch nicht viel verraten. Nur so viel:
(iger)