Es ist die erste Wahl in den Vereinigten Staaten seit dem amerikanischen Bürgerkrieg, in der ein amtierender Präsident nicht mehr gewährleistet, dass die Übergabe der Macht friedlich ablaufen würde. Und das macht Angst. Nicht nur dem ZDF-Moderator Claus Kleber, der am Dienstagabend bei "Markus Lanz" aus Washington zugeschaltet ist, sondern großen Teilen der westlichen Welt.
Im ZDF diskutiert die Runde intensiv über die Wahlnacht. Zum Zeitpunkt der Sendung sind dabei noch keine Stimmen in den USA ausgezählt und daher auch keine ersten Hochrechnungen oder Ergebnisse bekannt.
In der Runde zu Gast sind neben Claus Kleber:
US-Präsident Donald Trump hatte sich am Wahltag sehr optimistisch zu seinen Chancen auf den Wahlsieg geäußert. Die Gäste der Runde sehen das größtenteils etwas anders.
Brinkbäumer traut den Umfragen in diesem Jahr mehr als vor vier Jahren. Allerdings kann er sich ebenfalls vorstellen, dass Trump schon früh seinen Sieg erklärt, wenn er nach den ersten ausgezählten Stimmen vorne liegen sollte.
Und dass das passiert, sei nicht unwahrscheinlich, weil unter den vielen Briefwählern, deren Stimmen in manchen Staaten später ausgezählt werden als die Stimmen, die am Wahltag abgeben werden, mutmaßlich viele Biden-Wähler sind. Dass Trump also in der frühen Auszählungsphase in vielen Staaten vorne liegt, sei durchaus möglich. Was dann passiert, könne niemand vorhersehen.
Der Mann, dem an diesem Abend besonders aufmerksam zugehört wird, ist Claus Kleber. Das mag zum einen daran liegen, dass durch die kurze Verzögerung der Tonübertragung nach Washington vor jedem Wortbeitrag Klebers eine kurze, gewichtige Pause entsteht. Aber es liegt auch an den intelligenten und durchdachten Beiträgen des Moderators, der viele Anekdoten zur Wahl beiträgt und mit fundiertem Wissen besticht.
Das Justizsystem der USA ist eines dieser Themen. Trump hat durch die Neubesetzung von drei Plätzen am Obersten Gerichtshof und mehreren Plätzen in vielen Regionalgerichten das Richter-Bild deutlich konservativer gemacht. Doch das heiße nicht, dass alle Richter auch pro Trump bzw. pro Republikaner entscheiden würden. So auch eine gerichtliche Entscheidung in Texas, die rund 130.000 Wählerstimmen betraf.
Menschen konnten quasi durch das Autofenster ihre Stimme abgeben, eine Klage vor Gericht von republikanischer Seite fechtete diese Art der Stimmabgabe an. Doch am Ende ohne Erfolg, wie Claus Kleber erzählt. "Und das hat jetzt ein Berufungsgericht verboten, diese Stimmen wegzuschmeißen, in dem Richter saßen, die Trump eingesetzt hat." In solchen Fälle sehe man:
Dieser unerwartete Witz bringt die ganze Runde zum Lachen.
Für Unterhaltung in die eine oder andere Richtung sorgen an diesem Abend auch noch andere. Ralph Freund ist eingeladen. Er ist Mitglied der "Republicans Abroad Germany" und in dieser Funktion traditionell eher in verteidigender Haltung des Präsidenten. Auch wenn Freund betont, nicht wirklich Freund von Trump zu sein. Ein bezeichnendes Beispiel: Für die 240.000 Corona-Toten in den USA sei Trump nicht verantwortlich.
Als der ehemalige SPD-Vize Ralf Stegner diese Aussage nämlich tätigt, wird Freund laut.
Denn die seien für die einzelnen Maßnahmen in den Staaten verantwortlich. Was Freund dabei aber vergisst oder bewusst auslässt: Trump hat mehrfach dazu aufgerufen, keine Masken zu tragen, das Virus heruntergespielt und selbst nach seiner eigenen Infektion inklusive Krankenhausaufenthalt so getan, als wäre Covid-19 keine ernstzunehmende Krankheit.
In dem wilden Durcheinandergerede im Anschluss an Freunds Aussage ist das auch alles zu hören, aber Freund bleibt bei seiner Ansicht. Und er macht auch danach fröhlich weiter. Trump habe mehr erreicht als Obama und er habe sogar für einige Friedensschließungen im Nahen Osten gesorgt (was schon ziemlich weit von der Realität entfernt ist).
Was dabei auffällt: Freund greift immer wieder zu einem bestimmten rhetorischen Mittel. Bei jeder negativen Aussage über Trump hat er schnell ein passendes Beispiel eines anderen Präsidenten parat, der in mancher Hinsicht noch kritischer oder fragwürdiger geäußert oder verhalten hat.
Das bleibt auch Moderator Lanz nicht verborgen. Als es um den Umgang Trumps mit Frauen geht, den SPD-Politiker Ralf Stegner nachdrücklich kritisiert und fragt, wie Frauen Trump überhaupt noch wählen können, verweist Freund auf einen Präsidenten, der sogar im Oval Office „Hand angelegt" habe. Er spielt damit wohl entweder auf Bill Clinton und die Affäre um und mit der damaligen Praktikantin Monica Lewinsky oder auf John F. Kennedy und seine Frauengeschichten an.
Das geht Lanz dann offenbar zu weit und er schreitet schnell ein.
"Es ist 'Whataboutism'", führt Lanz aus und spricht damit eine Technik der Manipulation an, durch die durch Verweis auf andere Missstände von unliebsamer Kritik abgelenkt werden soll. Ralph Freund ist sich dessen offenbar auch sehr bewusst, lacht ertappt und knetet seine Finger dabei.
Am Ende äußert Lanz jedoch deutlich, dass er froh sei über die Anwesenheit Freunds in der Runde - und in der Tat: Die "Gegenstimme" des Republikaners tat der Diskussionskultur dieser spannenden Debatte bei "Markus Lanz" sehr gut.