Markus Lanz hat mit dem Virologen Alexander Kekulé einen Glücksgriff für seinen Talkabend nach einem ereignisreichen Tag getan. Die neuen Coronavirusfälle in Deutschland werfen Fragen nach dem weiteren richtigen Umgang mit der Epidemie auf – und da sind Fakten sehr gefragt.
"Die Gesundheitsbehörden dürften es nicht länger verharmlosen", stellt der Experte eingangs direkt einmal klar. Es sei damit zu rechnen, dass "wir in den nächsten Tagen sehr viel mehr Infektionsherde in Deutschland" haben werden, als bisher angenommen wurde.
Einer der nun neu Infizierten sei Kindergärtner, wirft Lanz ein. "Das klingt für mich sehr beunruhigend", sagt Kekulé. Bei Kindern funktionierten die Standardregeln wie Hände waschen und sich nicht ins Gesicht fassen. "Die Kindergärten sind eine Art Durchlauferhitzer."
Maßnahmen seien hierzulande viel zu spät ergriffen worden. Gesundheitsminister Jens Spahn sprach am Dienstagabend dann plötzlich vom "Beginn einer Corona-Epidemie in Deutschland". Gute und rechtzeitige Briefings hätten vielleicht schon die ersten Coronafälle in Deutschland verhindert, urteilt Kekulé. Denn dann hätte zum Beispiel die erkrankte Gast-Dozentin aus China in Bayern nicht erst noch Meetings durchgeführt und allen freundlich die Hände geschüttelt.
In Bayern konnte durch den eindeutigen Ansteckungsverlauf noch der Eindruck aufrechterhalten werden, dass man alles im Griff habe.
Nun handelt es sich allerdings nicht mehr nur um Reisende aus Fernost und mit einer Handvoll Kontakte. Es geht auf einmal um den offenen innereuropäischen Reiseverkehr, Abriegelungen, Einschränkungen und Grenzschließungen. Und dann war da auch noch der Karneval. Es gab im Laufe der Tages viel Aufregung um die neuen Ansteckungsfälle in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz.
Von Abriegelungen ganzer Städte und Regionen hält Alexander Kekulé allerdings nichts, denn da würden sich die Eingeschlossenen nur gegenseitig anstecken. Und das auszusitzen, würde auf jeden Fall länger als zwei Wochen dauern, wie in den betroffenen Gegenden in Italien derzeit in Aussicht gestellt wird. Sein Lösungsvorschlag: konsequente Hygienemaßnahmen, flächendeckende Tests, Betroffene isolieren und behandeln. Lanz hakt nach: Kann das deutsche Gesundheitssystem das leisten?
Von Kekulé gibt es hierzu leider viele beunruhigende Fakten. Gerade einmal 60 Betten in Isolierstationen würden bundesweit in den Krankenhäusern zur Verfügung stehen. Wenn weitere Krankenhäuser zusätzlich Quarantänestationen einrichten müssten, bleibe die Frage, ob das personell zu stemmen und ob das entsprechende Equipment vorhanden sei. Wirklich wirksame Schutzmasken wären jetzt schon in Deutschland ausverkauft.
Nicht nur Alte und Vorerkrankte seien gefährdet, sich anzustecken, sondern auch gesunde Menschen jeden Alters – und natürlich vor allem auch jene, die bei der Behandlung in direkten Kontakt mit Infizierten kommen. Es sei nun vor allem wichtig, das Personal in den Krankenhäusern zu schulen, auszustatten und zu schützen. Das Gefährliche am Coronavirus sei, sagt Kekulé, dass es sich um einen Virus handelt, der ganz frisch erst vom Tier zum Menschen übergesprungen ist. Die Strategie von Viren sei eigentlich, ihren Wirt nicht tödlich zu schädigen, um entsprechend lange etwas von ihm zu haben. Da dieser neuartige Virus gerade aber erst "Neuland" betreten hat, sei vieles noch unklar.
Nach diesem elementaren, für einige aktuell bereits lebensbedrohlichen Thema erscheint das aktuelle Gerangel um die CDU-Machtposition, um die es im Anschluss geht, belangloser und ärgerlicher.
Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther (CDU), der dazu als Gast geladen ist, bekundet eingangs erst einmal locker, dass er sich die morgendlichen Pressekonferenzen am Dienstag von Armin Laschet und Friedrich Merz gar nicht angesehen habe. Er habe manchmal auch einfach "Wichtigeres zu tun". Es würde einem ja berichtet oder man könne Kommentare anschauen. Er hätte ein Trio aller drei Kandidaten (Friedrich Merz, Armin Laschet, Jens Spahn) gut gefunden, nun liegt seine Präferenz beim Duo Laschet/Spahn.