Eine Szene aus dem "Besondere Helden"-Video der Bundesregierung.Bild: dpa / -
Deutschland
"Faul wie die Waschbären" auf der Couch – so können junge Menschen zu "Helden" im Kampf gegen das Coronavirus werden. Das ist jedenfalls die Botschaft ironischer Videos, mit denen die Bundesregierung zum Zu-Hause-Bleiben aufruft. Das Echo fällt gemischt aus.
16.11.2020, 14:4118.11.2020, 11:43
Die Bundesregierung wirbt mit augenzwinkernden Videos
für das Zu-Hause-Bleiben in der Corona-Krise, in denen sie Nichtstuer
auf der Couch zu Helden erklärt. Die unter dem Schlagwort
"#besonderehelden" im Internet verbreiteten Clips sorgten am
Wochenende für viel Aufmerksamkeit in den sozialen Medien – dabei gab
es Lob, aber auch viele kritische Reaktionen.
Die mit dramatischer Musik
untermalten Clips wurden im Auftrag der Bundesregierung von Florida Entertainment, der Produktionsfirma der Moderatoren Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf, produziert. Sie erzählen fiktive ältere Menschen aus der Zukunft
rückblickend, wie sie als junge Leute die zweite Welle "damals in
diesem Corona-Winter 2020" erlebt haben.
"Eine unsichtbare Gefahr bedrohte alles, woran wir glaubten", sagt
ein Mann, der als Anton Lehmann vorgestellt wird. "Und das Schicksal
dieses Landes lag plötzlich in unseren Händen." Also hätten sie
getan, was von ihnen erwartet worden sei: "Absolut gar nichts. Waren
faul wie die Waschbären", so der Mann. "Tage- und nächtelang blieben
wir auf unserem Arsch zu Hause und kämpften gegen die Ausbreitung des
Coronavirus."
Couch als Front
"Unsere Couch war die Front, und unsere Geduld war die Waffe." Das
sei ihr Schicksal gewesen. "So wurden wir zu Helden." In einem
zweiten Clip taucht neben der Figur Anton Lehmann auch seine Frau
Luise Lehmann auf: "Damals" habe das ganze Land "voller Hoffnung auf
uns junge Leute" geschaut, sagt diese.
"Vielleicht stimmte es, wenn die Leute damals sagten: Besondere Zeiten brauchen besondere Helden. Und weiß Gott, ja, das waren wir."
Die Videos enden jeweils mit dem Appell der Bundesregierung: "Werde
auch du zum Helden und bleib zu Hause". Allein auf dem
Twitter-Account von Regierungssprecher Steffen Seibert wurden die
Clips, die in ihrer Inszenierung an TV-Geschichtsdokus erinnern, bis
Sonntagnachmittag hunderttausendfach aufgerufen.
Ein Sprecher des Bundespresseamts erklärte auf Anfrage, die Videos
seien Teil der Informationsmaßnahmen in der Corona-Pandemie. "Ihre
Botschaft ist klar: Kontakte zu reduzieren ist derzeit unser
wichtigstes und wirksamstes Mittel, um die Pandemie einzudämmen."
Diesen Appell wolle man mit den Videos an möglichst viele
junge Menschen herantragen.
Viel Lob – und viel Kritik
Der Versuch, diese Botschaft humorvoll zu verbreiten, stieß auf ein
geteiltes Echo. "So stark. So herzerwärmend. Und so verdammt
wichtig", schrieb die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli auf
Twitter. Auch der Autor Micky Beisenherz drückte seine Unterstützung für das Video aus.
Viele Nutzer jedoch bemängelten etwa, dass Themen wie Armut, Einsamkeit,
häusliche Gewalt oder Existenzängste in den Spots keine Rolle spielen – oder dass die eigentlichen Helden doch beispielsweise die
Beschäftigten im Gesundheitswesen seien.
Andere stören sich an der Kriegsrhetorik und bemängeln, die Regierung glaube wohl, über solche Sprachbilder die Bevölkerung disziplinieren zu können.
Und schließlich bezweifeln User auch die Wirksamkeit des Videos.
Vom Bundespresseamt hieß es, man freue sich "über viele positive
Rückmeldungen und die Aufmerksamkeit, die so auf diese wichtige
Botschaft gelenkt werden kann". Zu kritischen Stimmen äußerte der
Sprecher sich zunächst nicht. Zu den Kosten sagte er: "Die Videos
fügen sich in unsere bisherigen Maßnahmen ein. Genauere Angaben
können wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht machen."
(om/dpa)