Orkantief "Sabine" ist über Deutschland hinweggefegt und hat die meisten Verkehrsverbindungen ausgebremst. Der Fernverkehr der Deutschen Bahn stand am Morgen komplett still.
An den Flughäfen fielen hunderte Starts und Landungen aus. Etliche Autobahnen waren gesperrt. Menschen wurden von umstürzenden Bäumen oder herumfliegenden Gegenständen verletzt.
Für die komplette Südhälfte Deutschlands gilt laut Deutschem Wetterdienst (DWD) die zweithöchste Unwetterwarnstufe, für einige Regionen in Baden-Württemberg und Bayern sogar die höchste – hier ist "extremes Unwetter" zu erwarten.
Hier halten wir euch über alle Entwicklungen auf dem Laufenden:
Orkantief "Sabine" hat in Polen zwei Menschen getötet. Im Skiressort Bukowina Tatrzanska im Süden des Landes wurden eine Frau und ihre Tochter auf einem Parkplatz von herabfallenden Dachteilen erschlagen. Laut einem Polizeisprecher wurden eine weitere Frau und ein Junge bei dem Unglück verletzt und mit leichteren Kopfverletzungen in ein Krankenhaus gebracht.
Am Montag waren zudem mehr als 55.000 Haushalte ohne Strom, wie die Nachrichtenagentur PAP berichtete. Bis 6.00 Uhr morgens mussten die Feuerwehren landesweit zu mehr als 1100 Einsätzen ausrücken, um unter anderem Bäume von den Straßen zu räumen.
In weiten Teilen Deutschlands sind die stärksten Orkanböen mittlerweile vorbeigezogen. Die Deutsche Bahn plant, den Fernverkehr in den nächsten Stunden wieder anrollen zu lassen. Mit einer Ausnahme: Bayern. Hier wird das Schlimmste noch erwartet. Die Bahn hält sich noch zurück, was den Zugverkehr im Freistaat angeht.
Auch der regionale Verkehr kommt, vor allem im Westen Deutschlands, wieder ins Rollen. Die Schäden durch den Orkan "Sabine" seien dort vergleichsweise niedrig gewesen.
In Saarbrücken sind zwei Menschen durch einen umstürzenden Baum schwer verletzt worden, einer davon schwebt in Lebensgefahr, wie die Polizei mitteilte. Weitere Details nannte sie zunächst nicht. Zuvor hatte die "Saarbrücker Zeitung" berichtet.
Der Ausleger eines Baukrans ist vom Sturm in das Dach des Frankfurter Doms gedrückt worden. Verletzt wurde dabei niemand, berichtete die Polizei. Wie groß der Schaden sei, konnte sie noch nicht mitteilen.
Nicht nur den Tagesablauf Hunderttausender Pendler, auch den vieler Familien mit Schulkindern wirbelt "Sabine" durcheinander: In vielen deutschen Schulen fällt der Unterricht aus, etwa in etlichen Großstädten Nordrhein-Westfalens sowie in Teilen von Bayern, Hessen, Niedersachsen und Bremen. Auch der baden-württembergische Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald hat allen Schülern empfohlen, daheim zu bleiben.
Dutzende Flüge wurden an den Flughäfen Stuttgart und Düsseldorf gestrichen. Mit Einschränkungen rechnet der Flughafen Stuttgart bis in den Nachmittag hinein. Die Airline Eurowings strich fast alle Flüge für die Dauer des Sturmtiefs – auch davon war Stuttgart stark betroffen.
Am Montag fällt an vielen deutschen Schulen der Unterricht aus, etwa in vielen Großstädten des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen sowie in Teilen Hessens und Bayerns. In Baden-Württemberg können Eltern ihre Kinder vom Unterricht befreien lassen, falls es Gefahren auf dem Schulweg gibt.
Gestrandete Bahnreisende sollen im Rahmen ihrer Fahrgastrechte Hotelgutscheine und Taxigutscheine erhalten. In größeren Bahnhöfen sollen zudem sogenannte Übernachtungszüge bereitgestellt werden, wie DB-Konzernsprecher Achim Stauß im Berliner Hauptbahnhof sagte. Bundesweit seien mehrere Tausend Bahnmitarbeiter zusätzlich im Einsatz.
Die Deutsche Bahn will den Fernverkehr wegen des Orkans "Sabine" nach und nach bundesweit einstellen. Man habe sich entschieden, "beginnend in NRW nach und nach alle Züge des Fernverkehrs bundesweit an größeren Bahnhöfen enden zu lassen", schrieb die Bahn am Sonntagnachmittag in ihrem für den Sturm eingerichteten Presseblog.
Ein Intercity-Zug ist im Emsland während des aufziehenden Sturmtiefs "Sabine" in einen umgestürzten Baum gefahren und steckt auf offener Strecke fest. In dem IC von Amsterdam nach Berlin sitzen etwa 300 Reisende, teilte die Deutsche Bahn am Sonntag mit.
Ein Notfallmanager sei unterwegs zu dem Unfallort bei Salzbergen zwischen dem Grenzbahnhof Bad Bentheim und Rheine. Bislang erwartet die Bahn, dass der Zug mit einer Verspätung von zwei Stunden seine Fahrt fortsetzen kann. Die Regionalzüge werden über das Gegengleis umgeleitet, verspäten sich und halten nicht in Schüttorf und Salzbergen.
Sturmtief "Sabine" führt zu zahlreichen Flugausfällen und Verkehrsbeeinträchtigungen. Am Flughafen in Frankfurt wurden am Sonntag rund 100 Starts und Landungen annulliert, wie eine Sprecherin des Betreibers Fraport sagte. Das sind etwa acht Prozent der geplanten 1200 Flüge. Die Zahl der Flugausfälle dürfte am Nachmittag aber steigen, wenn Orkanböen in der Stadt erwartet würden, sagte die Sprecherin.
Auch am Berliner Flughafen Tegel sind einige Abflüge gestrichen worden. Betroffen sind unter anderem Verbindungen am Sonntagnachmittag und Abend nach London, Brüssel, Düsseldorf und Köln/Bonn, wie der Flughafen im Internet mitteilte. Fluggäste werden gebeten, sich bei den Fluggesellschaften und auf der Website der Berliner Flughäfen zu informieren, sagte Sprecherin Sabine Deckwerth.
Die Stadt Dortmund hat alle städtischen Häuser angewiesen, am Nachmittag ihre Pforten zu schließen. Dazu gehören neben Museen, Schwimmbädern und Sportanlagen auch die Oper und das Konzerthaus. Alle Veranstaltungen, die nach 17 Uhr beginnen sollten, entfallen. Bei Veranstaltungen privater Anbieter empfahl die Stadt Besuchern, sich vorab zu informieren, ob ihr Programm stattfinde.
Der Orkan hat für erste Schäden und einen Einsatz der Rettungskräfte im Stadtzentrum gesorgt. Im ostfriesischen Leer sei die Fußgängerzone großräumig gesperrt worden, weil sich diverse Dachelemente und Dachplatten von Gebäuden gelöst hätten und auf die Straße zu fallen drohten, teilte die Leitstelle der Polizei Ostfriesland mit. Die Polizei, die Feuerwehr und das Technische Hilfswerk seien im Einsatz.
In Großbritannien und Irland ist es am Wochenende zu erheblichen Verkehrsbehinderungen und Schäden durch heftigen Wind und Regen gekommen. Grund war das Sturmtief "Sabine", das außerhalb Deutschlands "Ciara" genannt wird.
Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 130 Kilometern pro Stunde fegte es über Irland und Großbritannien. Der britische Wetterdienst warnte vor umherfliegenden Trümmerteilen und Gefahr durch hohe Wellen. Drei Menschen wurden verletzt, als im schottischen Perth am Samstagabend das Dach eines Pubs einstürzte.
Queen Elizabeth II. sagte am Sonntag ihren Kirchgang im ostenglischen Sandringham aus Sicherheitsgründen ab, wie eine Sprecherin des Buckingham-Palasts der Deutschen Presse-Agentur sagte. Sie betonte aber, es sei in erster Linie um die Sicherheit der Schaulustigen gegangen – diese sammeln sich stets vor der Kirche, um die Königin zu sehen.
Auch die Kirche ist vor höherer Gewalt nicht geschützt: Wegen des aufziehenden Orkantiefs hat die evangelische Kirche den Einführungsgottesdienst der neuen Kreispfarrerin in Rodenkirchen am Sonntag abgesagt. "Wir nehmen die Warnungen des Deutschen Wetterdienstes ernst und möchten nicht Menschen in Gefahr bringen, die den Gottesdienst besuchen wollen", sagte der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit.
Der Wetterdienst habe vor Autofahrten gewarnt und den Höhepunkt des Sturms für die Zeit nach dem Gottesdienst vorhergesagt. "Auch wenn die Menschen der Wesermarsch sturmerprobt sind, ist das Risiko zu hoch", betonte die neue Kreispfarrerin Christiane Geerken-Thomas. Die Einführung soll nachgeholt werden.
Wegen des aufziehenden Orkans "Sabine" rechnet der Flughafen Köln/Bonn mit Flugausfällen. Ab dem Nachmittag könne es zu Unregelmäßigkeiten oder Ausfällen kommen, teilte der Flughafen auf Twitter mit. Passagiere sollten sich bei ihren Airlines darüber informieren, ob ihr Flug planmäßig abhebe.
Das für 15.30 Uhr angesetzte Derby der rheinischen Rivalen Borussia Mönchengladbach und 1. FC Köln im Borussia-Park wurde am Sonntagmorgen abgesagt. Wegen des aufziehenden Sturmtiefs "Sabine" sah die Borussia eine sichere Abreise der Fans nach dem Spiel nicht gewährleistet.
Die Deutsche Bahn bereitet sich auf mögliche Probleme am Sonntag vor. Wer nicht reisen möchte, kann die Fahrkarte kostenfrei stornieren. "Wir haben alle Bereitschaften mobilisiert und in jeder Region doppelt verstärkt", sagte ein Bahnsprecher am Samstag. Das Bahnpersonal sei auf zerstörte Oberleitungen oder umgekippte Bäume vorbereitet. Mobile Einsatztrupps mit Kettensägen sollten eingesetzt werden, um versperrte Gleise frei zu bekommen.
(dpa/lin)