Im Morgengrauen sind im Südwesten der Hauptstadt Detonationen zu hören. Als um 3.30 Uhr der Alarm bei der Feuerwehr eingeht, vermuten die Einsatzkräfte noch nicht, dass ein Feuer auf und um den Sprengplatz im beliebten Ausflugsgebiet Grunewald lodert – und es sich in den knochentrockenen Wald ausbreitet. Dieser Einsatz könne lebensgefährlich sein, sagte ein Feuerwehrsprecher. Auf dem Sprengplatz der Berliner Polizei lagert Munition, die Experten dort normalerweise unschädlich machen.
Das stellt die Feuerwehr vor große Probleme. Wegen der Gefahr weiterer Explosionen kamen die Einsatzkräfte nicht an den Sprengplatz heran. Die Feuerwehr zog einen Sperrkreis von rund 1000 Metern um den Brandort. Auch am Donnerstagnachmittag konnten die Einsatzkräfte wegen der Gefahr noch nicht in diesem Bereich löschen, wie Landesbranddirektor Karsten Homrighausen sagte. Wenn Brände sich über den Sicherheitsbereich auszuweiten drohten, könne ihnen aber begegnet werden.
Noch Stunden nach dem Ausbruch des Brandes waren am Donnerstagvormittag weiter Knallgeräusche aus der Richtung des Sprengplatzes zu hören. Was der ursprüngliche Auslöser war und ob es in der Nacht zuerst brannte oder zu Explosionen kam, war am Nachmittag noch unklar. Das Feuer brannte am Vormittag auf einer Fläche von etwa 1,5 Hektar. Das entspricht gut zwei Fußballfeldern.
Der Brand werde die Einsatzkräfte möglicherweise noch die nächsten Tage beschäftigen, sagte Feuerwehrsprecher Thomas Kirstein. Er verwies zudem auf die Gluthitze, die belastend sei für die Kräfte von Feuerwehr und Polizei, die häufiger ausgewechselt werden müssen. "Aber wir werden das Feuer löschen", sagte er. Zunächst stellte sich die Berliner Feuerwehr aber auf ein weiteres Ausweiten des Brandes ein. Sie geht davon aus, dass der Brand im Grunewald bis Freitag anhalten wird.
Ein mit Kameras ausgestatteter ferngesteuerter Spezialroboter der Bundeswehr sollte am Nachmittag zum Einsatz kommen. Auf diese Weise lasse sich ein klareres Lagebild erstellen. Auch ein Räumpanzer der Bundeswehr sollte eingesetzt werden. Löschhubschrauber der Bundeswehr standen nach Angaben der Berliner Feuerwehr auch wegen des andauernden Waldbrands in Sachsen nicht zur Verfügung. Brigadegeneral Uchtmann sagte, ein Einsatz über dem munitionsbelastetem Gebiet sei derzeit auch nicht sinnvoll: Der Helikopter müsste so hoch fliegen, dass er dann aus der Luft nicht gut ausreichend löschen könne.
Am Sprengplatz im Grunewald lagerten nach Angaben der Polizei rund 25 Tonnen unter anderem an Feuerwerkskörpern oder Weltkriegsmunition. Wie der Sprecher der Berliner Polizei, Thilo Cablitz, sagte, ist der Platz acht Hektar groß und 1950 entstanden. Zweimal im Jahr werden dort jeweils für mehrere Tage kontrollierte Sprengungen angesetzt.
Die Polizei schrieb auf Twitter, in Berlin seien keine alternativen Nutzungsflächen vorhanden beziehungsweise nicht genehmigungsfähig. Das Gelände sei mit Brandmeldeanlagen ausgestattet, verfüge über eine mehrere Meter breite Brandschutzschneise und sehe eine Dauerberegnung der gelagerten Kampfmittel vor.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey kündigte an, über den Standort des Sprengplatzes reden zu wollen. "Wir müssen uns darüber Gedanken machen, wie wir in Zukunft mit diesem Sprengplatz umgehen und ob auf Berliner Stadtgebiet ein solcher Ort der richtige ist", sagte die SPD-Politikerin nach einem Besuch im Grunewald, für den sie ihren Urlaub unterbrochen hatte. Sie wolle auch mit Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) über die Möglichkeiten für eine Kooperation in der Metropolregion sprechen. Da der Platz nicht in einem Wohngebiet liege, sei die Lage zum jetzigen Zeitpunkt "noch eher entspannt", sagte Giffey.
Giffey sieht trotz des anhaltenden Brandes im Grunewald keine Notwendigkeit für Evakuierungen. "Es ist kein Personenschaden zu beklagen", sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag nach einem Besuch an der Brandstelle. "Es gibt keine Notwendigkeit für eine Evakuierung von Bevölkerung", sagte sie.
Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sah die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner rund um den Grunewald gewährleistet. Es gebe keinerlei toxische Gegenstände, von denen eine Gefahr ausgehen könnte, sagte sie am Ort des Einsatzes.
Die nächsten Wohngebäude seien mindestens zwei Kilometer entfernt, hieß es am Morgen von der Feuerwehr. Rings um den Sicherheitsradius von rund 1000 Metern wurde eine Wasserversorgung hergestellt, erklärte ein Feuerwehrsprecher. Sollten sich die Flammen diesen Bereichen annähern, könnten sie schnell bekämpft werden. Zudem wurden die angrenzenden Waldgebiete bewässert, um ein Ausbreiten der Flammen zu erschweren.
Verletzte habe es bislang nicht gegeben. Die Behörden warnten die Bevölkerung über den Brand auf den Warnapps. Anwohner sollen Fenster und Türen geschlossen halten. Lüftung und Klimaanlagen sollen ausgeschaltet werden.
Mithilfe einer Drohne und eines Polizeihubschraubers konnten Bilder aus der Luft Orientierung geben. Gegen Mittag hatte die Feuerwehr so drei bis vier Glutnester identifiziert.
Auf Aufnahmen der Feuerwehr waren dicke Rauchschwaden über dem Brandgebiet zu sehen. Es sei davon auszugehen, dass die hohe Trockenheit in der Gegend den weiteren Verlauf des Feuers beeinflussen werde, hieß es. "Der Wald ist knochentrocken", sagte auch Jan Thomsen, Sprecher der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz. Die Wälder hätten sich durch die vergangenen Dürreperioden nicht erholen können.
Das Wetter dürfte den Einsatzkräften bei der Bekämpfung des Brandes zunächst nur ein wenig helfen. Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) bleibt es am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag in der Region durchweg trocken, allerdings gibt es auch keine signifikanten Winde, die das Feuer weiter anfachen könnten. Für Freitagnachmittag seien hingegen Schauer und Gewitter vorhergesagt. "Da kann auch Starkregen dabei sein", sagte ein DWD-Sprecher. Die Niederschlagsmenge könne der Feuerwehr dann löschen helfen.
Die Feuerwehr warnte die Bevölkerung dringend davor, den Wald zu betreten. Das Gebiet ist großräumig abgesperrt. Die Autobahn bleibt voraussichtlich den ganzen Tag über gesperrt. Der Regional- und der S-Bahnverkehr in Richtung Westen sind unterbrochen. Im Fernverkehr ist lediglich die Intercity-Verbindung in Richtung Magdeburg/Hannover/Stendal/Amsterdam betroffen.
(and/dpa)