Einsatzkräfte am Berliner GrunewaldBild: dpa / Christophe Gateau
Deutschland
Im Morgengrauen sind im Südwesten der Hauptstadt
Detonationen zu hören. Als um 3.30 Uhr der Alarm bei der Feuerwehr
eingeht, vermuten die Einsatzkräfte noch nicht, dass ein Feuer auf
und um den Sprengplatz im beliebten Ausflugsgebiet Grunewald lodert – und es sich in den knochentrockenen Wald ausbreitet. Dieser Einsatz
könne lebensgefährlich sein, sagte ein Feuerwehrsprecher. Auf dem
Sprengplatz der Berliner Polizei lagert Munition, die Experten dort
normalerweise unschädlich machen.
Weitere Explosionen stellen Einsatzkräfte vor Probleme
Das stellt die Feuerwehr vor große Probleme. Wegen der Gefahr
weiterer Explosionen kamen die Einsatzkräfte nicht an den Sprengplatz
heran. Die Feuerwehr zog einen Sperrkreis von rund 1000 Metern um den
Brandort. Auch am Donnerstagnachmittag konnten die Einsatzkräfte
wegen der Gefahr noch nicht in diesem Bereich löschen, wie
Landesbranddirektor Karsten Homrighausen sagte. Wenn Brände sich über
den Sicherheitsbereich auszuweiten drohten, könne ihnen aber begegnet
werden.
Landesbranddirektor Karsten Homringhausen spricht bei einer Pressekonferenz am Einsatzort.Bild: dpa / Christophe Gateau
Noch Stunden nach dem Ausbruch des Brandes waren am
Donnerstagvormittag weiter Knallgeräusche aus der Richtung des
Sprengplatzes zu hören. Was der ursprüngliche Auslöser war und ob es
in der Nacht zuerst brannte oder zu Explosionen kam, war am
Nachmittag noch unklar. Das Feuer brannte am Vormittag auf einer
Fläche von etwa 1,5 Hektar. Das entspricht gut zwei Fußballfeldern.
Feuerwehr rechnet mit weiterem Ausweiten des Brandes
Der Brand werde die Einsatzkräfte möglicherweise noch die nächsten
Tage beschäftigen, sagte Feuerwehrsprecher Thomas Kirstein. Er
verwies zudem auf die Gluthitze, die belastend sei für die Kräfte von
Feuerwehr und Polizei, die häufiger ausgewechselt werden müssen.
"Aber wir werden das Feuer löschen", sagte er. Zunächst stellte sich die Berliner Feuerwehr aber auf ein weiteres Ausweiten des Brandes ein. Sie geht davon aus, dass der Brand im Grunewald bis Freitag anhalten wird.
Polizisten füllen Tanks eines Wasserwerfers, um die Feuerwehr zu unterstützen.Bild: dpa / Wolfgang Kumm
Ein mit Kameras ausgestatteter ferngesteuerter Spezialroboter der Bundeswehr sollte am Nachmittag zum Einsatz kommen. Auf diese Weise lasse sich ein klareres Lagebild erstellen. Auch ein Räumpanzer der Bundeswehr sollte eingesetzt werden. Löschhubschrauber der Bundeswehr standen nach Angaben der Berliner
Feuerwehr auch wegen des andauernden Waldbrands in Sachsen nicht zur
Verfügung. Brigadegeneral Uchtmann sagte, ein Einsatz über dem
munitionsbelastetem Gebiet sei derzeit auch nicht sinnvoll: Der
Helikopter müsste so hoch fliegen, dass er dann aus der Luft nicht
gut ausreichend löschen könne.
Feuerwerkskörper und Weltkriegsmunition auf Sprengplatz im Grunewald gelagert
Am Sprengplatz im Grunewald lagerten nach Angaben der Polizei rund 25
Tonnen unter anderem an Feuerwerkskörpern oder Weltkriegsmunition.
Wie der Sprecher der Berliner Polizei, Thilo Cablitz, sagte, ist der
Platz acht Hektar groß und 1950 entstanden. Zweimal im Jahr werden
dort jeweils für mehrere Tage kontrollierte Sprengungen angesetzt.
Die Polizei schrieb auf Twitter, in Berlin seien keine alternativen
Nutzungsflächen vorhanden beziehungsweise nicht genehmigungsfähig.
Das Gelände sei mit Brandmeldeanlagen ausgestattet, verfüge über eine
mehrere Meter breite Brandschutzschneise und sehe eine Dauerberegnung
der gelagerten Kampfmittel vor.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Giffey unterbricht ihren Urlaub
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey kündigte an, über
den Standort des Sprengplatzes reden zu wollen. "Wir müssen uns
darüber Gedanken machen, wie wir in Zukunft mit diesem Sprengplatz
umgehen und ob auf Berliner Stadtgebiet ein solcher Ort der richtige
ist", sagte die SPD-Politikerin nach einem Besuch im Grunewald, für
den sie ihren Urlaub unterbrochen hatte. Sie wolle auch mit
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) über die
Möglichkeiten für eine Kooperation in der Metropolregion sprechen. Da
der Platz nicht in einem Wohngebiet liege, sei die Lage zum jetzigen
Zeitpunkt "noch eher entspannt", sagte Giffey.
"Es gibt keine Notwendigkeit für eine Evakuierung von Bevölkerung."
Franziska Giffey, Berlins Regierende Bürgermeisterin
Giffey sieht trotz des anhaltenden Brandes im Grunewald keine Notwendigkeit für Evakuierungen. "Es ist kein Personenschaden zu beklagen", sagte die SPD-Politikerin am Donnerstag nach einem Besuch an der Brandstelle. "Es gibt keine Notwendigkeit für eine Evakuierung von Bevölkerung", sagte sie.
Franziska Giffey (l.) und Iris Spranger.Bild: dpa / Wolfgang Kumm
Auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sah die Sicherheit der
Bewohnerinnen und Bewohner rund um den Grunewald gewährleistet. Es
gebe keinerlei toxische Gegenstände, von denen eine Gefahr ausgehen
könnte, sagte sie am Ort des Einsatzes.
Bislang keine Verletzten durch den Brand
Die nächsten Wohngebäude seien mindestens zwei Kilometer entfernt,
hieß es am Morgen von der Feuerwehr. Rings um den Sicherheitsradius
von rund 1000 Metern wurde eine Wasserversorgung hergestellt,
erklärte ein Feuerwehrsprecher. Sollten sich die Flammen diesen
Bereichen annähern, könnten sie schnell bekämpft werden. Zudem wurden
die angrenzenden Waldgebiete bewässert, um ein Ausbreiten der Flammen
zu erschweren.
Einsatzkräfte der Berliner Feuerwehr vor einer Rauchsäule.Bild: dpa / Wolfgang Kumm
Verletzte habe es bislang nicht gegeben. Die Behörden warnten die
Bevölkerung über den Brand auf den Warnapps. Anwohner sollen Fenster
und Türen geschlossen halten. Lüftung und Klimaanlagen sollen
ausgeschaltet werden.
Trockenheit und Wetter keine Hilfe bei Brandbekämpfung
Mithilfe einer Drohne und eines Polizeihubschraubers konnten Bilder
aus der Luft Orientierung geben. Gegen Mittag hatte die Feuerwehr so
drei bis vier Glutnester identifiziert.
"Der Wald ist knochentrocken"
Jan Thomsen, Sprecher Senatsverwaltung für Umwelt
Auf Aufnahmen der Feuerwehr waren dicke Rauchschwaden über dem
Brandgebiet zu sehen. Es sei davon auszugehen, dass die hohe
Trockenheit in der Gegend den weiteren Verlauf des Feuers
beeinflussen werde, hieß es. "Der Wald ist knochentrocken", sagte auch Jan Thomsen, Sprecher der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz. Die Wälder hätten sich durch die vergangenen Dürreperioden nicht erholen können.
Rauchschwaden über dem Grunewald.Bild: dpa / Kay Nietfeld
Das Wetter dürfte den Einsatzkräften bei der Bekämpfung des Brandes
zunächst nur ein wenig helfen. Laut Deutschem Wetterdienst (DWD)
bleibt es am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag in der Region
durchweg trocken, allerdings gibt es auch keine signifikanten Winde,
die das Feuer weiter anfachen könnten. Für Freitagnachmittag seien
hingegen Schauer und Gewitter vorhergesagt. "Da kann auch Starkregen
dabei sein", sagte ein DWD-Sprecher. Die Niederschlagsmenge könne der
Feuerwehr dann löschen helfen.
Die Feuerwehr warnte die Bevölkerung dringend davor, den Wald zu
betreten. Das Gebiet ist großräumig abgesperrt. Die Autobahn bleibt voraussichtlich den ganzen Tag über gesperrt. Der Regional- und der S-Bahnverkehr in Richtung Westen sind unterbrochen. Im Fernverkehr ist lediglich die Intercity-Verbindung in Richtung Magdeburg/Hannover/Stendal/Amsterdam betroffen.
(and/dpa)