Das 29-Euro-Ticket kommt in Berlin! Diese Neuigkeit lässt viele Berliner:innen jubeln. Schließlich ist es für zahlreiche Menschen eine Entlastung. Zumindest vorübergehend: Es gilt nur zeitlich begrenzt – von Oktober bis Dezember dieses Jahres. Während sich die einen freuen, zeigen sich andere enttäuscht. Denn: Neben der zeitlichen Einschränkung dämpfen noch weitere Faktoren die Freude über das neue Abo. So gilt es nur für Berlin, während andere Bundesländer vorerst leer ausgehen.
Der Aufsichtsrat des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) gab am Donnerstag grünes Licht für das Berliner 29-Euro-Ticket. Ein formeller Beschluss sollte wegen der Kurzfristigkeit der Sitzungseinladung noch folgen, teilte der VBB mit.
Wer sich an das Neun-Euro-Ticket gewöhnt hatte, für den ist das neue Ticket allerdings nur teilweise ein Grund zur Freude. Das Ticket soll voraussichtlich ab 1. Oktober als Abonnement ausgegeben werden und bis zum 31. Dezember 2022 gelten. Und: Es gilt nur für den Tarifteilbereich Berlin AB, also innerhalb der Stadtgrenze. Zudem könne man sich das Ticket nicht für einzelne Monate kaufen, sondern nur im Abonnement.
Die Reaktionen auf den Berliner Beschluss ließen nicht lange auf sich warten. Während zahlreiche Menschen das neue Angebot feiern, hagelt es auch negative Reaktionen. Forderungen nach einem bundesweiten Ticket werden laut.
Die Umweltorganisation WWF Deutschland äußerte sich nach Bekanntwerden der Nachricht zunächst mit einem Lob: "Berlin geht voran. Gut. Das 29-Euro-Ticket unterstützt besonders Menschen mit geringem Einkommen und leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz." Wenig später zählt die Organisation in einem Tweet die Nachteile auf. "Nur in Berlin. Und nur für weitere drei Monate." Grund genug für WWF, erneut ein bundesweites 29-Euro-Ticket zu fordern. Die Vorteile: Es ließe sich durch die Reform klimaschädlicher Subventionen finanzieren, unterstütze arme Menschen und sei gut fürs Klima. "Worauf wartet ihr also?", schreibt WWF auf Twitter.
Ähnliche Stimmen gibt es vonseiten der Deutschen Umwelthilfe (DUH): "Das Berliner 29-Euro-Ticket zeigt, dass ein bezahlbares Klimaticket für Bahn, Bus und Tram möglich ist. Wann endlich gibt Porsche-Lobbyist Christian Lindner die Mittel für ein bundesweites Klimaticket frei?", fragt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.
Auch "Fridays for Future" meldet sich zu Wort und zeigt sich enttäuscht über das neue Angebot: "Wenn das Sequel mal wieder deutlich beschissener ist als der erste Teil. Schade. Da hätte mehr gehen müssen", kommentiert der deutsche Twitter-Account der Klima-Bewegung und spielt damit offenbar auf den höheren Preis und die eingeschränkte Zone an.
Kritische Stimmen und die Hoffnung auf eine baldige Ausweitung des Tickets kommen auch bei zahlreichen anderen Menschen auf. Ein Twitter-User schließt sich etwa den Forderungen der Umweltorganisationen an: "Ein 29-Euro-Ticket sollte bundesweit gelten. So könnten sich auch sozial Schwache ein solches Ticket leisten. Die Verkehrswende würde es sicherlich auch voranbringen. Wie wärs, Christian Lindner?", fragt er an den Finanzminister gerichtet.
Auch der Preis und die Art des Tickets gerät in die Kritik. Einige bemängeln, dass es sozial schwachen Menschen keine Erleichterung bringe. "Statt dem von Franziska Giffey einst angekündigten Neun-Euro-Ticket gibt es jetzt das 29-Euro-Ticket. Das bringt den armutsbetroffenen Menschen absolut keine Ersparnis. Aber wir sind ja eh nix wert in dieser Gesellschaft, also kann man uns ruhig wie Luft behandeln", schreibt eine Twitter-Userin.
Auch der Punkt, dass es das Ticket nur als Abonnement gibt, stößt auf Unmut: "Nur als Abo. Weil ärmere Menschen auch genau im Voraus wissen, ob sie sich ein Ticket jeden Monat leisten können", meint ein User. Das Ticket sei nett gemeint, aber schließe "wieder" bestimmte Bevölkerungsgruppen aus.
Ein anderer freute sich offenbar zunächst über die Meldung: "Das 29-Euro-Ticket gesehen, aber dann gilt es nur in Berlin", schreibt er und setzt dazu ein weinendes Emoji. Eine Userin kritisierte, dass jedes Bundesland weiterhin "sein eigenes Ding" mache. "Die kriegen es nicht gebacken, miteinander zu kommunizieren und Geld für den ÖPNV locker zu machen", kritisiert sie.
Doch es gibt einen Lichtblick. Ein bundesweites Ticket ist geplant: Das Berliner Ticket soll eine regionale Übergangslösung sein, bis voraussichtlich Anfang 2023 ein bundesweites Nahverkehrsticket mit einer Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro kommt. Zu spät, befinden zahlreiche Menschen in den Sozialen Medien. "Es muss sofort ein deutschlandweites Ticket her! Zur Entlastung und für die Umwelt", fordert eine Frau in einem Tweet – und erhält dafür viel Zuspruch.