Auf 19 Billionen, also "eine 19 mit elf Nullen", wie Frank Plasberg die gewaltige Zahl erklärt, könnten sich die Corona-Kosten nach Schätzungen der Deutschen Bank belaufen. "Der Schock danach – wie kommt die Wirtschaft aus der Corona-Starre?" lautet das Thema bei "Hart aber fair". Es diskutieren:
Von Peter Altmaier ist nach seinem Auftritt mit Hochwasserhosen in der vergangenen Woche bei Maischberger diesmal nur der Oberkörper zu sehen – er ist per Bildschirm zugeschaltet. Aber der Bundeswirtschaftsminister ist bestens gelaunt, lässt sich auch nicht die Stimmung von Moderator Frank Plasberg vermiesen, als der nahe an den Monitor ("Hier gelten die Abstandsregelungen nicht") schreitet, um des Ministers Mitteilsamkeit zu bremsen.
Später meldet sich der Wirtschaftsminister immer wie ein Schüler, wenn er etwas sagen möchte. Dabei hat er eigentlich nichts Gutes zu verkünden: "Wir werden in den nächsten Wochen erleben, dass viele schlechte Nachrichten auf uns zu kommen." Von der Steuerschätzung habe er "nichts Gutes" gehört.
"Wenn eine Wirtschaft nicht wächst, sind es die Ärmsten, die die Zeche zahlen müssen, weil es ihnen am schlechtesten geht." Die Wirtschaft müsse wieder laufen, damit Steuern hereinkommen. Darum auch die Autoprämie. "Es geht mir nicht darum irgendein Verhalten der Automobilindustrie zu belohnen, es geht nur darum, die Wirtschaft in Fahrt zu bekommen." Aber er wehrt sich auch gegen zu große Erwartungen:
Denn die Lage ist, daran lässt Altmaier keinen Zweifel, ernst: "Es wird in diesem Jahr hart und schlimm." Allerdings blickt er dann doch überraschend in die Zukunft: "Aber in zwei Jahren können wir wieder auswetzen, was an Schaden entsteht. Sicher ist das nicht. Aber wenn die Wirtschaft wieder läuft, kommt man zu guten Ergebnissen."
Linke-Parteivorsitzende Katja Kipping sieht die Wirtschaft klassischerweise kritischer. Sie wirft "Krisengewinnern wie Amazon" teils Schlamperei beim Infektionsschutz vor und nennt Autokaufprämien auch "Sand in die Augen der Mitarbeiter der Autoindustrie", weil nur ökologische Konzepte auch zukunftssicher sein. Ihr Vorschlag zur Haushaltsförderung: Die einmalige Vermögensabgabe für die Reichsten im Lande in Höhe von zehn Prozent: "Das reichste Ein-Prozent kann man jetzt deutlicher zur Kasse bitten", sagt sie.
Überraschend klar was die Autoprämie angeht, äußerst sich Thomas Meyer, Vizepräsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Er liefert mit seinem Unternehmen selbst an die Automobilindustrie und spürt einen Rückgang von 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Aber er spricht sich für eine Kaufprämie nur für nachhaltige Autos aus, sieht aber Kurzarbeitergeld und gleichzeitige Dividendenauszahlung weniger kritisch als Altmaier, da die Unternehmen ja auch fürs Kurzarbeitergeld eingezahlt haben. "Das ist eine Versicherungsleistung."
Sarah Stücker ist Eventmanagerin und Mitinhaberin eines Unternehmens für Veranstaltungstechnik. Doch im Moment gibt es keine Möglichkeit, ihren Beruf auszuüben. Und so sticht sie grünen Spargel sechs Stunden am Tag in der Spätschicht. Die Autokaufprämie interessiert sie nicht. "Ich bin ganz weit davon entfernt, mir ein neues Auto zu kaufen." Sie kämpft um das Überleben ihrer Firma. Dass die Events noch nicht wirklich wieder in Sicht sind, nimmt sie mit Galgenhumor: "Nach der Spargelernte kommt ja vielleicht noch die Erdbeerernte oder Wirsing oder Mais."
Dann richtet sie sich an Minister Altmaier. Sie beklagt, dass die Bundesregierung sich nicht genug um Leute aus ihrer Branche kümmere. Es gebe nur vage Versprechen. Altmaier widerspricht ihr. Die Regierung könne nicht ausgefallene Umsätze ersetzen, aber sie werde verhindern, dass Firmen pleite gingen. "Die Einmalhilfen sind bis Ende Juni geplant und es wird rechtzeitig feststehen, wie es danach weitergeht." Man werde besonders dort helfen müssen, wo die Umsätze gegen Null gingen – "und das ist zum Beispiel auch ihre Branche."
Stücker zeigt sich etwas beruhigt. "Das ist für mich und viele andere das erste Mal, dass ich so eine Aussage überhaupt höre", sagt sie. Plasberg kann es nicht lassen und wirft einen schnippischen Spruch ein:
Unangebracht, wie herablassend der Moderator so über die berechtigten Sorgen der Unternehmerin hinweggeht. Die verzieht nur leicht genervt einen Mundwinkel.
Die Studentin und Klima-Aktivistin Carla Reemtsma empfindet eine Autokaufprämie "und die Lufthansa, die mehr oder weniger bedingungslos gerettet wird" eine "Katastrophe für unsere Generation".
Weil ihre Generation diese Schulden abzahlen müssen, fordert die Klima-Aktivistin wenigstens umweltgerechte Investitionen. Sie wundert sich, warum alle nur über Elektroautos reden und "der ÖPNV überhaupt nicht Bestandteil der Debatte ist" und pocht darauf, die "Verkehrswende nicht nur als Antriebswende" zu begreifen. Aber davon lässt sich Peter Altmaier nicht irritieren. "Ich würde mich sehr freuen über Post von Frau Reemtsma mit Vorschlägen", kontert der Minister. Und es klingt einfach nur freundlich und interessiert.