
Die Quadratur der Schokoladentafel: Ritter Sport gibt es in allen Farben, aber nur in einer Form. Das Unternehmen mit Sitz im schwäbischen Waldenbuch hat sich das Schokoquadrat als Marke schützen lassen. Bild: imago stock&people / Marius Schwarz
Deutschland
"Quadratisch. Praktisch. Gut." Den Werbeslogan kennt in Deutschland wahrscheinlich jeder, das süße Produkt dahinter wohl auch. Seit fünf
Jahrzehnten setzt Ritter Sport auf diesen einprägsamen Satz.
Noch länger setzt die Firma auf die charakteristische Form ihrer Schokoladentafeln. Was aber, wenn auch
andere Hersteller gern quadratische Schoki anbieten wollen?
Die Konkurrenz von Milka will es wissen. Seit
zehn Jahren arbeitet die Mondelez-Marke daran, den Markenschutz zu knacken. An diesem Donnerstag
landet der "Schokoladen-Krieg" schon zum zweiten Mal vor dem
Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.
Milka vs. Ritter Sport: Es geht um den Markenschutz der Schokoladentafel in Quadratform
Die Alfred Ritter GmbH & Co. KG sieht sich im Recht: "Bereits
seit vielen Jahren assoziiert die überwiegende Mehrheit der
Verbraucher mit einer quadratisch verpackten Schokolade die Marke
Ritter Sport – selbst wenn die Tafel in einer weißen Folie ohne Logo
oder Beschriftung verpackt ist." In den 1990er Jahren lässt sich das
Unternehmen mit Sitz im schwäbischen Waldenbuch das
Schokoladenquadrat als Marke schützen – besser gesagt: eine Art
Blanko-Verpackung, neutral ohne Aufdruck, aber mit den typischen
Seitenlaschen und der Längsnaht zum Knicken auf der Rückseite.
Experten sprechen von einer dreidimensionalen Marke oder
Formmarke. Beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München
sind aktuell gut 4900 solcher Marken registriert – bei rund 826.000
Einträgen insgesamt. Ferrero hat sich die Milchschnitte schützen
lassen und die Rocher-Kugel (verpackt und unverpackt), Lindt seinen
Goldhasen.
Eine schützbare Form müsse so anders sein, dass sie tatsächlich als Marke empfunden wird
Allerdings: Die Schutzvoraussetzungen für die Eintragung einer
dreidimensionalen Marke sind sehr hoch, sagt DPMA-Sprecher Til Huber.
Eine Marke räume ihrem Inhaber viele Rechte ein. Die Prüfer im
Markenamt seien deshalb darauf bedacht, unangebrachte
Monopolisierungen zu vermeiden. "Dies wäre zum Beispiel der Fall,
wenn wir eine Form schützen, die auch andere Anbieter der Waren
benötigen." Vereinfacht gesagt muss eine schützbare Form so anders
sein, dass sie tatsächlich als Marke empfunden wird.
Erfüllt das Ritter-Sport-Schokoquadrat diese Bedingungen? Darum
gibt es seit einem Jahrzehnt Streit. 2010 beantragt der Milka-Konzern
Kraft Foods (heute Mondelez) beim DPMA, die beiden eingetragenen
Marken zu löschen. 2016 ordnet das Bundespatentgericht dies an.
Ritter Sports Idee: "Machen wir doch eine Schokolade, die in jede Sportjacketttasche passt"
Denn "Zeichen, die ausschließlich aus einer Form bestehen, die
durch die Art der Ware selbst bedingt ist", können laut Gesetz nicht
als Marke geschützt werden. Das Patentgericht hält das für gegeben
und beruft sich auf Clara Ritter, die mit ihrem Mann Alfred Eugen das
Unternehmen gründete und 1932 die Idee hatte: "Machen wir doch eine
Schokolade, die in jede Sportjacketttasche passt, ohne dass sie
bricht, und das gleiche Gewicht hat wie die normale Langtafel." Für
die Richter ein Vorteil gegenüber der rechteckig-länglichen
Konkurrenz, den Ritter nicht für sich allein beanspruchen könne.
Das sieht der BGH 2017 anders: Zentrale Frage müsse sein, ob die
quadratische Form für den Gebrauch von Schokolade typisch sei. Deren
Hauptzweck sehen die Richter immer noch im Verzehr. Es komme also in
allererster Linie auf den Geschmack und die Zutaten an. Ob sich die
Schokolade in die Jacke stecken lässt, halten sie für nebensächlich.
2018 gewinnt Ritter Sport – doch Milka lässt nicht locker: Die Grundform müsse auch der Konkurrenz zur Verfügung stehen
Also müssen die Patentrichter 2018 noch einmal entscheiden,
diesmal gewinnt Ritter Sport. Aber der Fall landet wieder in
Karlsruhe.
Jetzt geht es um ein anderes Kriterium. Denn auch ein Zeichen,
das einzig aus einer Form besteht, "die der Ware einen wesentlichen
Wert verleiht", genießt keinen Markenschutz. Einen solchen Wert habe
das Quadrat gerade wegen seiner Schlichtheit, meint Milka. Die
Grundform müsse deshalb auch der Konkurrenz zur Verfügung stehen.
Das Patentgericht hat das anders beurteilt. Ein Quadrat sei
"nichts anderes (...) als ein spezielles Rechteck". Zumindest könne
der Unterschied "keinen relevanten künstlerischen oder
gestalterischen Wert und keine wesentliche Andersartigkeit der
Warenform begründen".
Das heißt: Ritter Sport würde seinen Markenschutz behalten.
Entscheidend wird aber das Urteil des Bundesgerichtshofs sein. Ob es
gleich am Donnerstag verkündet wird, ist offen.
(as/dpa)