In vielen Unternehmen in Deutschland ist ein Teil der Mitarbeiter im HomeOffice.Bild: IMAGO / Stefan Zeitz
Deutschland
Die wachsende Bedeutung des Homeoffice in der
Corona-Pandemie bietet nach Ansicht von Experten Chancen zu
Entspannung an den Wohnungsmärkten. Frei werdende Büroflächen könnten
umgewidmet und als Wohnfläche genutzt werden, schreibt das
Hannoveraner Pestel Instituts in einer Analyse, die ein Bündnis aus
der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie, dem Deutschem
Mieterbund und der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau)
an diesem Freitag in Berlin vorstellen will. Zudem dürften mehr
Menschen aufs Land ziehen.
Büro weichen Wohnungen – mehr Menschen verlassen die Städte wieder
Dem Bündnis zufolge gibt es in Deutschland mehr als 350 Millionen
Quadratmeter Bürofläche. Mit jedem Prozent Fläche, das umgewidmet
würde, ließen sich rund 50.000 neue Wohnungen mit je 70 Quadratmetern
schaffen, rechnen die Verbände vor. Dabei müsse es aber eine
Sozialquote für bezahlbare Wohnungen geben.
"Auch nach dem Ende der Corona-Pandemie werden viele Menschen und
Unternehmen zumindest für einen Teil der Arbeitszeit auf das
Homeoffice umstellen", sagte der Vorstand des Pestel Instituts,
Matthias Günther, der Deutschen Presse-Agentur. "Der Trend zur
Abwanderung aus den Städten ins Umland, den wir seit ein paar Jahren
wieder sehen, wird sich deshalb noch verstärken."
Dabei würden nun auch Regionen jenseits der Speckgürtel
attraktiver – sofern sie gute Infrastruktur zu bieten hätten.
"Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die die für schnelles Internet
in ihren Gemeinden gesorgt haben, sind die Gewinner dieser
Entwicklung", sagte Günther.
Er rechne damit, dass die Entwicklung sich schon in zweiten
Jahreshälfte deutlich zeigt, so Günther. "Das wird dafür sorgen, dass
der Preisdruck auf Mieten und die Kosten von Wohneigentum in den
Städten nachlässt und das Wohnen um Umfeld etwas teurer wird."
Sozialwohnungen schwinden unter Seehofer
Die Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD hat sich bereits im
Koalitionsvertrag das Ziel von 1,5 Millionen neuen Wohnungen gesetzt
und das im Herbst 2018 bei einem "Wohngipfel" bestätigt. Eine eigene
Bilanz dieser "Wohnraumoffensive" von Bund, Ländern und Kommunen will
die Regierung am 23. Februar präsentieren.
Der Bundesvorsitzende der IG Bau, Robert Feiger, nannte die
sogenannte Wohnraumoffensive der Bundesregierung einen
Etikettenschwindel. "Denn es wird nach wie vor zu wenig gebaut, vor
allem aber am Bedarf vorbei. Mieten und Kaufpreise sind für die
meisten Haushalte nicht bezahlbar", beklagte er. "Seit Horst Seehofer
Bundesbauminister ist, gibt es nicht mehr, sondern weniger
Sozialwohnungen. Der Schwund ist enorm: 43.000 Sozialwohnungen sind
bundesweit in den vergangenen fünf Jahren vom Markt verschwunden –und zwar Jahr für Jahr." Rechnerisch gehe alle zwölf Minuten in
Deutschland eine Sozialwohnung verloren.
Minister Seehofer (CSU) stellt der Regierung selbst ein gutes Zeugnis
aus. "Wohnen ist die soziale Frage unserer Zeit und wir sorgen dafür,
dass Wohnen bezahlbar bleibt. Das geht nur mit ausreichend neuem
Wohnraum", sagte er der dpa. "Innerhalb von vier Jahren werden 1,5
Millionen neue Wohnungen im Bau oder fertiggestellt sein. Außerdem
stehen Fördermittel für 100.000 neue Sozialwohnungen bereit. Die
Vereinbarungen der "Wohnraumoffensive" seien umgesetzt
worden.
(vdv/dpa)