Die Veringstraße im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. Das Bild stammt aus dem Jahr 2013.imago images / Lars Berg
Deutschland
25 Jahre lang, ein Vierteljahrhundert, betrieb Ismail S. seinen Kiosk in Hamburg. Nun musste er den Laden in der Veringstraße im Stadtteil Wilhelmsburg schließen. Im August hatte ihm sein Vermieter plötzlich den Vertrag gekündigt – Gründe dafür wurden ihm nicht genannt, wie die "Hamburger Morgenpost" berichtet.
"Dieser Laden war das Baby meines Vaters. Er ist nicht der Typ, der rumsitzt. Damals kam er aus der Türkei nach Deutschland, um uns Kindern mehr bieten zu können. Er hat den Laden mit meiner Mutter zusammen geführt, um uns zu versorgen", sagt der Sohn. Die Miete hätte der Vater immer pünktlich bezahlt
Warum dann also die Kündigung? Nun gibt es einen Aushang, der zumindest vermuten lässt, was die Gründe waren – und der die Gemüter vieler Hamburger gerade erregt.
Im mittlerweile leeren Kiosk hängt ein Zettel, auf dem die Hausverwaltung eine eindeutige Nachricht hinterlassen hat. "Keine Kneipe, kein Kiosk, kein Ramschladen, keine Shisha-Bar, kein Handy-Laden, Wettbüro, kein 'ich weiß noch nicht' erwünscht!!!!"
Anwohner beklagt Alltagsrassismus
Viele sehen in diesen Worten puren Alltagsrassismus. Die "Morgenpost" berichtet etwa von einem erbosten Anwohner, der eine Mail an die Redaktion geschickt hat. Die Bedienung rassistischer Stereotype sei unerhört. Außerdem wolle die Verwaltung den Stadtteil am liebsten gentrifizieren und einfache Mieter verdrängen, so der Vorwurf. Das ist ein Phänomen, das aus vielen Großstädten längst bekannt ist.
"Wir haben gemerkt, dass wir unerwünscht sind", sagt auch Ismails Sohn Umut S. der "Morgenpost". Die Kommunikation mit dem Vermieter sei zum Ende hin sehr kalt gewesen.
Dabei habe der Laden für den Vater alles bedeutet. "Immobilieneigentümer haben eine Verantwortung ihren Mietern gegenüber, denn Kündigungen können zu Existenzangst führen", so Umut S.
Auch in anderen geschlossenen Läden in derselben Straße, die zur entsprechenden Hausverwaltung gehören, hängen wortgleiche Zettel, berichtet die "Morgenpost" weiter.
Vermieter und Hausverwaltung haben sich trotz Nachfragen der beiden Medien bisher nicht zu dem Vorfall geäußert. Der Kiosk zum Beispiel soll nun ein Restaurant werden, berichtet der "Stern". Das haben dort arbeitende Maler verraten.
(hau)