Einige Zeit hat es gedauert, doch nun ist es so weit: In allen Bundesländern wird ab kommender Woche eine Maskenpflicht in Teilen des öffentlichen Lebens gelten.
In einigen Bundesländern gilt eine solche Verpflichtung bereits, ab kommenden Montag – beziehungsweise Mittwoch in Schleswig-Holstein – heißt es dann aber: Bitte bedeckt euren Mund und eure Nase in Bussen, Trams und Bahnen, teilweise auch beim Einkaufen.
Die viel diskutierte Maskenpflicht ist also da. Was aber bedeuten die Regelungen genau? Und wie werden sie umgesetzt? Droht Fahrgästen ohne Maske eine ähnliche Strafe wie Menschen, die schwarzfahren?
Wir haben bei den Verkehrsbetrieben in sieben großen deutschen Städten nachgefragt. Eines vorweg: Bußgelder verhängen kann kein Verkehrsbetrieb. Allerdings unterscheidet sich das Vorgehen der Betriebe teilweise, wenn es um die Frage geht: Kann ein Fahrgast des Fahrzeugs verwiesen werden?
Laut der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) ist es den Mitarbeitern nicht möglich, Fahrgästen die Mitfahrt zu verweigern oder sie zu bestrafen, wenn sie keine Maske tragen. Da es sich um eine gesetzliche Verordnung handle, könne das höchstens die Polizei oder das Ordnungsamt. Ein Bußgeld soll es nach dem Willen von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) für einen Verstoß gegen die Maskenpflicht ohnehin nicht geben.
"Die Maskenpflicht ist eine gute Sache, wir begrüßen das sehr", sagt BVG-Sprecherin Petra Nelken gegenüber watson. "Wir dürfen unseren Fahrgästen allerdings nichts verbieten, wenn sie keine Maske tragen. Aber wir appellieren an sie, sich an die Pflicht zu halten." Das passiere mithilfe von Lautsprecherdurchsagen, Plakaten oder Informationen auf den Videobildschirmen in Bus und Bahn.
Auch die Abstandsregeln kann die BVG nicht unter Androhung von Strafe durchsetzen. Schließlich seien weltweit öffentliche Verkehrsmittel nicht darauf ausgelegt, einen Mindestabstand von eineinhalb Metern zu halten, "in einer Metropole schon gar nicht", sagt Nelken. "Deswegen möchten wir unsere Fahrgäste bitten, auf ihre Mitmenschen zu achten und sich selbst in den Verkehrsmitteln zu verteilen. Darauf kann man auch schon beim Einsteigen achten, indem man andere Türen nutzt außer die ganz vorne oder ganz hinten."
Auch warnt Nelken davor, Selbstjustiz zu verüben und andere Fahrgäste anzugehen, wenn sie sich nicht vollständig an die Regeln halten, die Maske kurz abziehen oder keine tragen. "Seid einfach mal ein bisschen nett zueinander."
Da sie das Tragen von Masken als eine wichtige Geste für die Gemeinschaft empfindet, hofft Nelken, dass es bald nicht mehr als befremdlich wahrgenommen werde: "Vielleicht können wir dann in einem Jahr, wenn die Krise hoffentlich vorbei ist, darüber lachen, wie komisch wir damit aussahen."
In Sachsen besteht schon seit vergangenen Montag die Maskenpflicht. Aus Sicht der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) wurde sie ab dem ersten Tag von fast allen beachtet. "Wir waren mit Unterstützung der Stadt Leipzig an neuralgischen Punkten vor Ort und sind mit Leipzigern ins Gespräch gekommen, um zu informieren", erklärt LVB-Sprecher Marc Backhaus gegenüber watson. Leute ohne Maske habe man direkt angesprochen, ob sie es vielleicht nicht mitbekommen hätten. "Das hat rückblickend sehr gut funktioniert." Im Netz sucht man außerdem die schönste Maske Leipzigs.
Zwangsmaßnahmen seien nicht nötig. "Es wird keine Maskenkontrollen oder drakonische Sanktionen geben", sagt Sprecher Backhaus. "Aber wir beobachten die Situation natürlich." Wenn man den Eindruck bekomme, dass die Maskenpflicht überhaupt keine Beachtung mehr finde, müsse man mit dem Freistaat über mögliche Maßnahmen reden.
Für den Fall, dass Fahrgäste andere Kunden beobachten sollten, die keine Maske tragen, rät Backhaus zu Gelassenheit. "Das sollten Sie im Gespräch lösen. Auf keinen Fall sollten Sie dabei selbst aktiv werden oder sogar sanktionieren." Oft helfe vielleicht schon eine Erinnerung. "Wenn Sie merken, es hat keinen Sinn, gehen Sie lieber ein paar Meter weiter weg. Halten Sie 1,50 Meter Abstand und damit hat sich das Thema ja schon erledigt." Selbstschutz gehe immer vor.
Die Verkehrsunternehmen im Hamburger Verkehrsverbund (HHV) wollen ihre Fahrgäste umfassend informieren, um ihre Verantwortung bei der Einführung der Maskenpflicht wahrzunehmen. Dies geschehe bereits seit vergangener Woche über Anzeigen und Durchsagen auf Haltestellen und in Fahrzeugen sowie online, erklärt Pressesprecher Rainer Vohl gegenüber watson. "Zusätzlich werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheits- und Prüfdienste ab Montag verstärkt im Netz unterwegs sein, um Fahrgäste aktiv auf die Maskenpflicht hinzuweisen."
Es werde erfahrungsgemäß einige Tage dauern, bis jeder Fahrgast die Pflicht verinnerlicht habe. In der ersten Phase wolle man vor allem auf Aufklärung setzen. "Das bedeutet, dass Fahrgäste, welche grundsätzlich Einsicht zeigen, auch nicht aus den Fahrzeugen oder Haltestellen verwiesen werden."
Die Busfahrerinnen und Busfahrer seien in erster Linie weiterhin dazu angehalten, Abstand zu Fahrgästen zu halten. "Dennoch können auch sie auf die Einhaltung der Maskenpflicht hinwirken, indem sie beispielsweise bei Bedarf aktiv Durchsagen auslösen." Zudem sollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Prüf- und Sicherheitsdienste Fahrgäste aktiv ansprechen.
Diese Maßnahmen könnten aber auch angepasst werden, sollte der Eindruck entstehen, dass Fahrgäste ihrer Pflicht auch nach einer entsprechenden Eingewöhnung nicht nachkämen. "Davon gehen die Verkehrsunternehmen jedoch zunächst nicht aus."
Auch die Rheinbahn in Düsseldorf setzt auf das Informieren ihrer Fahrgäste.
Eine Sprecherin teilte watson darüber hinaus aber mit: "Die Rheinbahn verteilt aktuell Mund-Nasen-Schutz an Fahrgäste, die selbst keinen Schutz dabeihaben." Es stehe aber nur eine begrenzte Anzahl zur Verfügung.
Damit in den Fahrzeugen der Rheinbahn genügend Platz bleibt, um die Abstandsregeln einhalten zu können, begleiteten Service-Mitarbeiter "den Einstieg an zentralen und stark genutzten Haltestellen".
Auch der Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen teilt watson mit: Kontrollen der Maskenpflicht wird es nicht geben. "Die Durchsetzung dieser Verpflichtung obliegt den Ordnungsämtern und der Polizei", sagt eine Sprecherin watson.
Sollten Fahrgäste ohne Mund-Nasen-Schutz festgestellt werden, sollen sie über eine Durchsage gebeten werden, Mund und Nase zu bedecken. Möglich seien da auch ein Schal oder ein hochgezogenes T-Shirt.
Die VBN-Sprecherin stellt klar: "Wir können und dürfen niemanden von der Beförderung ausschließen." Auch sollen Fahrzeuge nicht gestoppt werden, weil jemand keinen Mundschutz trage. Eine Ausnahme sei, wenn es sich um eine größere Gruppe ohne Mundschutz handele.
Sollte man in den Fahrzeugen des VBN eine Person ohne Mundschutz sehen, empfiehlt die Sprecherin: "Am besten bitten Sie solche Fahrgäste, sich an die Regelungen zu halten, die mittlerweile auch bekannt sein sollten."
Auch der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart verweist darauf, dass nicht das Fahrpersonal für die Durchsetzung von Kontrollen der Maskenpflicht zuständig sei. "Wir gehen davon aus, dass sich die Fahrgäste überwiegend verantwortungsbewusst verhalten und sich die Einhaltung der Maskenpflicht schnell einspielen wird", teilt eine VVS-Sprecherin watson mit.
"Trägt jemand keine Maske, wird das Fahrpersonal auf die Verordnung hinweisen und entsprechend informieren", heißt es weiter. Bei Bußgeldern verweist der VVS auf die Landesregierung. Die legte fest: "Ab 4. Mai 2020 ist vorgesehen, ein Bußgeld zu erheben, wenn ein Verstoß gegen die Maskenpflicht festgestellt wird." Die Strafen können allerdings nur die Behörden verhängen.
Die Einhaltung der Abstandsregeln sei "naturgemäß" im öffentlichen Nahverkehr nicht immer möglich, teilt der VVS weiter mit. "Dies könnte nur mit einer erheblichen Aufstockung der Fahrzeugzahl funktionieren, die aber nicht zur Verfügung stehen."
Die vom Freistaat Bayern erlassene Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes kann auch vom Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) nicht durchgesetzt werden. Sprecherin Franziska Hartmann erklärt gegenüber watson, es sei zwar möglich, dass das Fahrpersonal und Prüfer Fahrgäste auf die Maskenpflicht hinwiesen und sie aktiv ansprächen. "Die schlussendliche Einhaltung der Pflicht wird aber von den Behörden beziehungsweise der Polizei durchgesetzt." Man appelliere an die Eigenverantwortung aller Fahrgäste.
Allerdings gelte: "Fahrgäste, die keinen Mund-Nasen-Schutz tragen, dürfen von der Beförderung ausgeschlossen werden." Die Fahrer dürften Fahrgäste dementsprechend auch des Fahrzeugs verweisen. Dabei sei es ihnen selbst überlassen, ob sie die Polizei einschalten. Das Nicht-Tragen von Schutzmasken sei eine Ordnungswidrigkeit, Bußgelder könnten ebenfalls nur von den Behörden, nicht von den Verkehrsbetrieben verhängt werden. Teuer kann es in München allemal werden: Bei fehlendem Mund-Nase-Schutz in Bussen, Bahnen und Geschäften werden (in ganz Bayern) 150 Euro fällig.
Für den Fall einer Nichtbeachtung durch andere Fahrgäste rät die Sprecherin zu freundlichem Auftreten. "Wie in allen anderen Lebenslagen empfehlen wir auch hier, andere gegebenenfalls freundlich auf die bestehende Verpflichtung und die aushängenden Informationsblätter und Durchsagen hinzuweisen."
(ak/om)