Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sind noch nicht absehbar. Klar ist aber, dass einige Branchen schon jetzt schwer unter den weitreichenden Beschränkungen des öffentlichen Lebens leiden. Das gilt etwa für die Gastronomie und das Veranstaltungsgewerbe, aber auch der Einzelhandel kämpft noch mit den Folgen.
Baumärkte hingegen sind nicht negativ von der Corona-Krise betroffen. Zwar mussten sie in einigen Bundesländern, wie Bayern, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen, für Privatkunden vorübergehend schließen. Doch seit etwas mehr als einer Woche sind die Filialen in Deutschland wieder für alle geöffnet – natürlich mit den für Läden üblichen Hygienevorschriften.
Watson hat bei den größten Baumärkten in Deutschland nachgefragt. Und alle berichten, dass sie seit einigen Wochen reges Kunden- und Kaufinteresse erlebten – trotz oder gerade wegen der Krise.
Ein Sprecher von Hornbach erklärt gegenüber watson, seit Beginn der Corona-Maßnahmen stelle man eine hohe Nachfrage in Deutschland fest. Auch die Schließungen in einigen Bundesländern hätten daran wenig geändert. "Dort hat sich die Nachfrage dann auf den Onlineshop verlagert."
Das hohe Bestellvolumen online halte auch trotz deutschlandweiter Öffnungen der Märkte an. "Und wir sind dankbar dafür, weil wir in unseren Märkten die Lage entzerren müssen und wollen."
Auch in den Märkten selbst sei die Nachfrage anhaltend hoch. Man beobachte dabei Veränderungen im Kaufverhalten. "Die Menschen kaufen sehr zielgerichtet ein. Überwiegend einzeln und oft sehr zügig. Es gibt keinen Einkaufsbummel mehr und auch keinen Familienausflug in den Baumarkt."
Letzteres stellt man auch bei Hagebau fest. Ein Sprecher erklärt gegenüber watson, Kunden, die sich gern Inspiration im Baumarkt holen, seien seltener geworden. Das habe auch mit dem vereinzelten Einlass und den Hygiene- und Abstandsregeln zu tun.
Bei den Produkten, denen das erhöhte Kundeninteresse vor allem galt, ergibt sich ein einheitliches Bild. Zum einen erfreuen sich Artikel aus dem Bereich Garten großer Beliebtheit. "Hauptanziehungspunkt ist weiterhin der Gartenmarkt: Pflanzen, Erden, Dünger, Setzlinge, Samen etc.", so der Sprecher von Hornbach.
Eine Sprecherin von Toom sieht ebenfalls "eine verstärkte Nachfrage nach allen Gartensortimenten, wie Pflanzen, Erden und auch Gartengeräten", wie sie gegenüber watson erklärt.
Woran das liegen kann, deutet der Sprecher von Hagebau an. Gefragt seien vor allem "Produkte rund um den Frühling: Blumen, Pflanzen, Erde und entsprechendes Werkzeug." Ein klarer Hinweis darauf, dass die erhöhte Nachfrage in diesem Bereich zumindest zum Teil auch abhängig von der Jahreszeit ist.
Das bestätigt man auch bei Bauhaus. Die Zunahme im Bereich Garten sei stark saisonal bedingt. Zudem habe die Corona-Krise sicherlich dazu beigetragen, dass zahlreiche Kunden vor allem in Zeiten von Kurzarbeit und Einschränkungen bereits länger aufgeschobene Projekte oder Sanierungsmaßnahmen nun vorgezogen hätten.
Eine andere Erklärung ist, dass wir derzeit einfach deutlich mehr Zeit im Garten verbringen, so wir denn einen haben. "Die Menschen machen es sich und ihren Kindern schön im Garten", so der Sprecher von Hornbach zu watson. Die Toom-Sprecherin meint:
Dieser Effekt, der Rückzug ins private Umfeld und der damit einhergehende Wunsch, dieses zu verschönern, erklärt auch, warum auch der Bereich Innenausbau eine erhöhte Nachfrage erfährt, obwohl das in dieser Saison durchaus unüblich ist. Auch die Baumärkte wie Hagebau wundern sich daher über das Verhalten der Kunden: "Wir haben auch Nachfrage nach Artikeln verzeichnet, die eher ungewöhnlich für diese Zeit sind wie etwa Farben und andere Materialien zur Renovierung", so der Sprecher gegenüber watson.
Bei Globus sieht es ähnlich aus. "Die Sortimente Farbe und Gartenartikel waren besonders gefragt", erklärt die Sprecherin. "Die Themen Wohnen und Garten haben an Wichtigkeit zugenommen." Das kann auch der Sprecher von Hornbach bestätigen. Im März habe auch die Nachfrage nach Produkten für Innenprojekte über der des Vorjahres gelegen, vor allem bei Farben, aber auch bei Tapeten oder Bodenbelägen.
Bei Bauhaus vermutet man, dass es eine gewisse Rückbesinnung auf das private und häusliche Umfeld gebe, das man sich aktuell schön gestalten möchte, da man gegenwärtig dort mehr Zeit verbringe. Zumal ein normaler Sommerurlaub derzeit eher schwierig erscheine.
Diese Tendenz sei auch schon vor Corona-Zeiten zu beobachten gewesen. Cocooning nennt sich der Trend, mehr Zeit im eigenen Wohnumfeld, dem Haus, der Wohnung, dem Balkon oder dem Garten zu verbringen. Corona habe den Effekt lediglich verstärkt, so der Hornbach-Sprecher. Und die Baumärkte profitieren davon – als eine der wenigen Branchen derzeit.