Der Blackout von Facebook, Instagram und WhatsApp hat der Debatte um die Macht sozialer Netzwerke ein neues Kapitel hinzugefügt. Offenbar wegen eines technischen Problems waren die Plattformen am Montagabend plötzlich nicht mehr erreichbar.
Der temporäre Totalausfall betraf weltweit Milliarden Nutzerinnen und Nutzer. Dadurch wurde erneut deutlich, welchen riesigen Einfluss auf das öffentliche Leben der Facebook-Konzern mittlerweile hat. Der Kurznachrichtendienst Twitter verzeichnete währenddessen einen Ansturm heimatlos gewordener Nutzer und hieß diese süffisant willkommen.
Auf Anfrage von watson spricht der Grünen-Politiker Konstantin von Notz von einer gefährlichen Entwicklung. "Die extrem große Marktmacht von Facebook und anderen digitalen Gatekeepern hat längst ein besorgniserregendes Ausmaß angenommen", sagt der Netz-Experte. Leidtragende seien vor allem die User.
Aber auch das Gleichgewicht auf digitalen Märkten sei zunehmend in Gefahr. Vor allem kleine und mittlere Konkurrenten litten darunter. "Auf beides machen wir seit Jahren aufmerksam. Wiederholt haben wir im Bundestag konkrete Regulierungsvorschläge vorgelegt", sagt von Notz.
Facebook hatte Instagram im Jahr 2012 für etwa eine Milliarde Dollar gekauft, die Übernahme von WhatsApp für rund 22 Milliarden Dollar erfolgte 2014.
Es sei ein "großes politisches Versäumnis" gewesen, nicht stärker auf die neu entstehende Marktmacht zu achten, sagt von Notz. Unternehmen wie Facebook hätten heute einen ganz erheblichen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung in der digitalen Gesellschaft. "Ihrer großen gesellschaftlichen Verantwortung werden sie bis heute nicht gerecht und stellen die eigenen wirtschaftlichen Interessen über das Gemeinwohl und den Schutz der Nutzerinnen und Nutzer".
Die Politik habe die Plattformen mit diesem Vorgehen viel zu lang durchkommen lassen: "Der von der Bundesregierung jahrelang verfolgte Weg der Selbstverpflichtungen ist, das wird jeden Tag deutlicher, krachend gescheitert." Während in Deutschland wenig passiere, werde in den USA über eine Zerschlagung von Facebook diskutiert. Vorwürfen, der Konzern habe seine Technik im Hintergrund so verbunden, dass dies schwieriger werde, müsse entschlossen nachgegangen werden.
Dass die Bundesregierung an dieser Front geschlafen habe, räche sich jetzt bitter. Das sei nicht nur im Zuge von Wahlen so, wo es um intransparente Einflussnahme auf demokratische Willensbildungsprozesse gehe. Auch bei der Ausverkauf von Nutzerdaten oder der anhaltenden Verhetzung, Beleidigung und Bedrohung ganzer Bevölkerungsgruppen müsse dringend etwas passieren.
Aktuell steht Facebook wegen Aussagen der ehemaligen Mitarbeiterin Frances Haugen massiv in der Kritik. Die Whistleblowerin hatte im US-Fernsehen gesagt, der Konzern befinde sich in ständigen Interessenkonflikten zwischen öffentlicher Sicherheit und den eigenen Profiten, wobei der eigene Profit im Vordergrund stehe. So habe man durch interne Studien etwa genau gewusst, wie schädlich Instagram für die mentale Gesundheit junger Mädchen sei, dies öffentlich aber heruntergespielt.
Durch Updates hätten zudem Hass und Hetze zugenommen. Trotzdem seien die Neuerungen nicht rückgängig gemacht worden. Laut von Notz zeigt dies nochmal deutlich: "Wir haben uns als Rechtsstaaten und Demokratien mit den Problemen nicht adäquat auseinandergesetzt."
Nach außen hin versucht Facebook weiter, das Image der familienfreundlichen Plattform aufrechtzuerhalten. "Entschuldigen Sie die heutige Störung", postete CEO Marc Zuckerberg, nachdem die Netzwerke und Messenger-Dienste wieder on Air waren. "Ich weiß, wie sehr Sie sich auf unsere Dienste verlassen, um mit den Menschen in Verbindung zu bleiben, die Ihnen wichtig sind." Auf die in der Zwischenzeit immer lauter werdende Kritik ging er zunächst nicht ein.
Konstantin von Notz warnt indes vor vorschnellen Reaktionen. Eine Verzichtsdebatte helfe nicht weiter. "Wir müssen als Gesetzgeber regulieren und den effektiven Schutz von Grundrechten auch gegenüber großer Plattformen endlich durchsetzen." Das bleibt eine zentrale Aufgabe.
Welche Priorität seine Partei dem Thema in einer Regierungskoalition unter Grünen-Beteiligung zugesteht, wird sich zeigen.