In Deutschland gelten zweierlei Maß: Männer dürfen sich sterilisieren lassen, Frauen auch. Eigentlich. Denn bei der Suche nach einem Arzt, der sie unfruchtbar macht, stoßen junge Frauen in Deutschland immer wieder auf Widerstand.
In der RTL-Sendung "Stern TV" kamen am Mittwochabend zwei Frauen zu Wort, die sich seit langem nach einer Unfruchtbarmachung sehnen. Die 25-jährige Sabrina Schickel aus Bayern hat bereits drei Kinder – weitere will sie nicht. Was tun?
Schickel hatte schon zwei Fehlgeburten, noch ein Kind passt nicht in ihr Leben. Aufgrund einer Schilddrüsen-Erkrankung kann Schickel nicht auf die Pille zurückgreifen, die Spirale führte bei Schickel zu Komplikationen: Die Sterilisation erscheint Schickel als beste Verhütungsmethode.
Sie erinnert sich: "In drei Kliniken wurde mir gesagt 'eine Sterilisation bei so jungen Frauen machen wir nicht'". In dem "SternTV"-Beitrag kommen auch weitere Frauen zu Wort, denen Ärzte erklärt haben sollen, dass ihre Familienplanung noch nicht abgeschlossen sei – ganz egal, was die betroffenen Frauen darüber denken.
Auch Schickel ärgert sich bei "SternTV" über den Widerstand, der ihr entgegenschlägt: "Wenn eine Frau sich größere Brüste machen will, oder Fett absaugen lassen will... die dürfen's machen – ohne Probleme." Eine Frau, die keine Kinder mehr wolle, müsse dagegen kämpfen.
Bei Männern sieht die Sache anders aus: Von Männern, die jünger als 30 sind, und bei ihrer Suche nach einer Sterilisation erfolglos blieben, ist kaum etwas bekannt. Bernd Bankamp, selbst Frauenarzt und in seinem Berufsverband aktiv, wehrt sich gegen Vorwürfe: "Wir haben eine gewisse Sorgfaltspflicht. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass sich bei vielen Frauen da nochmal was ändert."
Daher würden sich viele Frauenärzte gegen die Durchführung einer Unfruchtbarmachung sperren, von einer Bevormundung von Frauen will Bankamp nichts wissen. Die 28-jährige Merle Ahlf hat es geschafft: Gemeinsam mit ihrem Freund musste die kinderlose Frau 300 Kilometer in eine Klinik in der Nähe von Köln fahren, um dort eine Sterilisation zu bekommen. Ein Team von "SternTV"-Reportern begleitete Ahlf bei ihrem Schritt.
"Ich hab Angst davor, dass ich mit der Situation überfordert wäre." Ahlf hat ein diagnostiziertes Borderline-Syndrom. Die junge Frau berichtet: "Durch das Borderline habe ich Probleme, Gefühle richtig einzuordnen. Und, wenn mein Kind dann schreit und ich weiß nicht warum... Das setzt mich einfach wahnsinnig unter Stress."
Und Ahlf hat die Sorge, ihre Borderline-Erkrankung an ihr Kind womöglich weitergeben zu müssen: "Wenn ich jetzt in der Zeit, wo ich auf der Suche war, schwanger geworden wäre, hätte ich abtreiben müssen."
Auf herkömmliche Verhütungsmethoden wollte Ahlf nie setzen: Zu groß ist ihre Angst vor einem Riss des Kondoms oder die Nebenwirkungen, die die Pille haben kann. Nach der OP ist die 28-Jährige überglücklich: "Jetzt ist so ein Druck von mir abgefallen."
Auch mehrere Wochen nach der Unfruchtbarmachung ist Ahlf mit ihrer Entscheidung zufrieden. Sabrina Schickel sucht derweil weiter nach einem Arzt, der sie unfruchtbar machen kann.
(pb)