Bild: ap / Aung Shine Oo
International
In Myanmar hat das Militär die zivile
Führung des südostasiatischen Landes um De-Facto-Regierungschefin
Aung San Suu Kyi entmachtet und den Notstand ausgerufen. Das ließ die
Armee am Montag über den von ihr kontrollierten Fernsehsender
Myawaddy verkünden. Der frühere General und bisherige Vize-Präsident
Myint Swe fungiere nun als Übergangsstaatsoberhaupt. Die eigentliche
Macht liegt demnach aber bei Armeechef Min Aung Hlaing, der während
des für die Dauer eines Jahres ausgerufenen Notstands die oberste
Befehlsgewalt inne hat.
Auf den Straßen der Hauptstadt Naypyidaw und der größten Stadt
Yangon patrouillierten am Montag Soldaten. Telefonleitungen und das
Internet in Naypyidaw wurden Berichten zufolge gekappt. Berichte über
gewaltsame Zwischenfälle gab es zunächst nicht.
Seit Tagen hatte es Gerüchte über einen bevorstehenden
Militärputsch in dem südostasiatischen Land gegeben. In der Nacht zu
Montag ließ die Armeeführung schließlich die frühere Freiheitsikone
Aung San Suu Kyi sowie Staatspräsident Win Myint und weitere ranghohe
Politiker auch kleinerer Parteien festsetzen. Das bestätigte Myo
Nyunt, ein Sprecher von Suu Kyis Regierungspartei Nationale Liga für
Demokratie (NLD), der Deutschen Presse-Agentur. Ob die Politiker
festgenommen oder unter Hausarrest gestellt wurden, war zunächst
unklar.
Militär weigerte sich, Wahlergebnis anzuerkennen
Zwischen der zivilen Regierung und dem mächtigen Militär hatte es
seit längerem Spannungen gegeben wegen - bislang unbelegten -
Vorwürfen des Wahlbetrugs bei der Parlamentswahl vom November. Die
NLD hatte die Abstimmung klar gewonnen, das Militär weigerte sich
jedoch, das Ergebnis anzuerkennen. Nach den ursprünglichen Planungen
hätte das neue Parlament am Montag erstmals zusammenkommen sollen.
Ein ranghoher Militärsprecher hatte in der vergangenen Woche vor
Medienvertretern angedeutet, dass es zu einem Putsch kommen könnte,
falls die Regierung nicht auf die Vorwürfe des Wahlbetrugs eingehen
sollte. UN-Generalsekretär António Guterres rief daraufhin dazu auf,
jede Form von "Aufwiegelung oder Provokation" zu vermeiden und das
Wahlergebnis anzuerkennen.
UN-Generalsekretär fordert Freilassung Suu Kyis
Nach dem Putsch verurteilte Guterres die Übernahme der
Regierungsmacht und Aufhebung der Gewaltenteilung durch das Militär.
"Diese Entwicklungen bedeuten einen schweren Schlag für die
demokratischen Reformen in Myanmar", ließ der UN-Chef über seinen
Sprecher mitteilen. Die NLD habe bei der Wahl ein "starkes Mandat"
des Volkes in Myanmar bekommen, das sich nach Demokratie, Frieden,
Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit sehne. Ähnlich äußerten sich
die Regierungen der USA und anderer Staaten sowie "Human Rights
Watch" und andere Menschenrechtsorganisationen, die die Freilassung
Suu Kyis und anderer vom Militär festgesetzter Politiker forderten.
Die Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi hatte sich bei der
Parlamentswahl eine zweite Amtszeit in dem Land mit knapp 54
Millionen Einwohnern gesichert. Ihre Partei NLD holte nach
offiziellen Angaben die absolute Mehrheit, die Wahlbeteiligung lag
über 70 Prozent.
Doch auch nach der Wahl blieb Suu Kyi auf die Kooperation mit dem
Militär angewiesen. Ein Viertel der Sitze in den Parlamentskammern
blieb für die Streitkräfte reserviert. So steht es in der Verfassung
von 2008, die die Junta aufgesetzt hatte, um auch nach der Einleitung
demokratischer Reformen nicht entmachtet zu werden.
Militär kontrolliert schon lange wichtigste Ministerien
Wegen einer anderen Klausel konnte Suu Kyi nicht Präsidentin
werden, sondern regierte als Staatsrätin und somit
De-Facto-Regierungschefin das frühere Birma. Ohne das Militär sind
auch Verfassungsänderungen nicht möglich, zudem kontrollierte es
bislang schon die wichtigsten Ministerien.
Nach einem Putsch im Jahr 1962 stand das Land fast ein halbes
Jahrhundert lang unter einer Militärherrschaft. Suu Kyi setzte sich
in den 1980er Jahren für einen gewaltlosen Demokratisierungsprozess
ein und wurde deshalb 15 Jahre unter Hausarrest gestellt. 1991
erhielt sie für ihren Einsatz gegen Unterdrückung und soziale
Ungerechtigkeit den Friedensnobelpreis.
Suu Kyi international mittlerweile umstritten
Im eigenen Land ist die Politikerin sehr beliebt. International
ist die frühere Freiheitsikone mittlerweile aber umstritten. So sind
die versprochenen demokratischen Reformen in dem buddhistisch
geprägten Land bislang weitgehend ausgeblieben und Suu Kyi zeigte
selbst einen immer autoritäreren Regierungsstil.
Vor allem wegen der staatlichen Diskriminierung der Rohingya und
ihres Schweigens zur Gewalt gegen die muslimische Minderheit steht
Suu Kyi international in der Kritik. Mehr als eine Million Rohingya
sind vor den Übergriffen des Militärs nach Bangladesch geflohen. In
einem Völkermord-Verfahren in Den Haag wies Suu Kyi die Vorwürfe 2019
zurück. Von Genozid könne keine Rede sein, die Armee verteidige nur
das Land gegen Angriffe bewaffneter Rebellen, sagte sie damals.
1,5 Millionen Menshcen waren von Parlamentswahl ausgeschlossen
An der Legitimität der Parlamentswahl hatten Wahlbeobachter
bereits vor der Abstimmung Zweifel angemeldet. Grund: Die
Wahlkommission hatte entschieden, dass in mehreren von ethnischen
Minderheiten dominierten Konfliktregionen wegen Sicherheitsbedenken
gar nicht gewählt werden durfte. Damit seien 1.5 Millionen Menschen
von der Abstimmung ausgeschlossen worden, kritisierten
Menschenrechtler im November.
Zudem konnten Hunderttausende in
Myanmar verbliebene Rohingya nicht teilnehmen, nachdem ihnen 1982 die
Staatsbürgerschaft entzogen worden war. "Human Rights Watch" sprach
von einer Wahl mit "grundlegenden Mängeln". Lokale Wahlbeobachter
bezeichneten das Abstimmungsresultat hingegen als "glaubwürdiges
Ergebnis" einer Wahl ohne nennenswerte
Unregelmäßigkeiten.
(andi/dpa)
Es ist eine Nacht voller Angst, die in die Geschichte eingehen wird: In der Nacht zum Sonntag fliegen Raketen, Marschflugkörper und Drohnenschwärme vom Westen des Irans aus in Richtung des mehr als 1000 Kilometer entfernten Israels. Das israelische Militär verzeichnet weit über 300 Flugobjekte, von denen die Luftabwehr und verbündete Kräfte 99 Prozent abfangen können.