Rückführungen nach Syrien: Wadephul rudert zurück und stützt Merz-Aussage
Wann ist ein Krieg eigentlich so richtig beendet? Eine Frage, die auf den ersten Blick relativ einfach zu beantworten scheint. In Deutschland löst sie allerdings gerade eine weitreichende Debatte aus.
"Der Bürgerkrieg in Syrien ist zu Ende", erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Montag. So weit, so richtig. Diskussionen entfacht hingegen die Konsequenz, die der Bundeskanzler daraus zog: "Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland, und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen."
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums halten sich derzeit 920 syrische Personen in Deutschland auf, die ausreisepflichtig und ohne Duldungsstatus sind. Seit 2012 sind wegen der Sicherheitslage in Syrien allerdings alle Rückführungen ausgesetzt.
Wadephul äußert nach Syrien-Besuch Sorgen über Rückführungen
Gerade hier spalten sich aktuell die politischen Meinungen, vor allem innerhalb der Union. Auslöser der Debatte war der Besuch von Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) in Syrien vergangene Woche.
Wadephul hatte anschließend am Freitag erklärt, dass entsprechende Rückführungen "zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr eingeschränkt möglich" seien. In syrischen Städten wie etwa Aleppo sei die Situation derart "apokalyptisch", dass "ein menschenwürdiges Leben" nur schwer möglich sei.
Im Bundesinnenministerium (und in weiten Teilen der Union) sieht man das anders und verweist auf den Koalitionsvertrag. "Ich habe mit den Rückführungen nach Afghanistan bereits begonnen", sagte Minister Alexander Dobrindt (CSU). Er sei dabei, "mit Syrien Vereinbarungen zu machen, die die Rückführungen nach Syrien auch ermöglichen".
Zumindest andere Personen, die sich von der Lage nach der Beendigung des Bürgerkriegs in Syrien bereits ein persönliches Bild machen konnten, sind auf der Seite Wadephuls. "Zu glauben, man könnte jetzt massenhaft abschieben, verkennt die Realität vor Ort", sagte etwa die Innenpolitikerin Lamya Koddor (Grüne) dem "Spiegel".
"Ich empfehle dem deutschen Innenminister sehr, selber einmal nach Syrien zu reisen. Dann kann er sich ein Bild von der Lage machen", merkt sie weiter an. Zwar seien einige Regionen im Land auch schon einigermaßen stabil. Die klare Abschiebelinie des Innenministeriums aber löst auch aus innenpolitischer Sicht Kritik aus.
Union gespalten in Diskussion um Abschiebungen
"Die wollen ja nicht nur Straftäter abschieben, sondern auch junge, arbeitsfähige Syrer", erklärt Koddor. "Wie kann man die Realität in unserem Land derart verkennen? Deutschland ist doch dringend angewiesen auf diese Leute als Arbeits- und Fachkräfte."
Bei dem größten Teil der 951.406 Menschen aus Syrien in Deutschland geht es zunächst um eine freiwillige Rückkehr.
"Dass Unionspolitiker andauernd weiter über Abschiebungen fantasieren, zeigt, wie sehr ihre Ideologie den Blick auf die Realität trübt", betonte auch Juso-Chef Philipp Türmer gegenüber der Funke Mediengruppe. Außenminister Wadephul spreche lediglich aus, was die Führungsriege der CDU nicht einsehen wolle.
Wadephul geht bei Syrien-Thema doch wieder auf Merz zu
Doch ausgerechnet Wadephul selbst schlägt in der Syrien-Debatte mittlerweile wieder andere Töne an. Das Auswärtige Amt und er als Außenminister unterstützten das Ziel, die Zahl der Rückführungen zu erhöhen – auch die Zahl der Rückführungen nach Syrien. "Da gibt es überhaupt keine Differenz", erklärte Wadephul am Dienstag.
Anders als noch am Vortag merkte er an, dass auch die freiwillige Rückkehr von Syrer:innen aus Deutschland möglich gemacht werden müsse. "Genau das hat der Bundeskanzler gestern gesagt: Die Syrer sollen freiwillig ermutigt werden, es soll ihnen ermöglicht werden, zurückzukehren, damit sie ihr Land wieder aufbauen."
Bundeskanzler Merz lud indes den syrischen Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa nach Deutschland ein, um mit ihm über die Abschiebung von syrischen Straftätern aus Deutschland zu sprechen. Die neue Regierung in Syrien wird gestützt von islamistischen und oppositionellen Kräften und soll drei Jahre im Amt bleiben.
(mit Material der dpa)
