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Triggerwarnung: In diesem Artikel werden detailliert brutale Arbeitsunfälle von Minderjährigen beschrieben. Dieser Text kann deshalb negative Gefühle oder Erlebnisse triggern.
Zwei Uhr nachts in den USA: Ein Teenager schrubbt Wasser, Fett und Blut vom Gang, auf dem vereinzelt Beine und Gedärme von Hühnern liegen.
Ein anderes Kind erhitzt mit einer Fritteuse Pommes in einer Fast-Food-Filiale und bedient nebenher Kundschaft an der Kasse.
Minderjährige, die Nachtschichten einlegen? Bei diesen Szenen denkt man wohl nicht gerade an die USA. Doch immer mehr Fälle kommen ans Licht und decken ein Problem auf: Kinderarbeit. Minderjährige werden in Geldnot ausgebeutet und ungesunden – teils lebensgefährlichen – Arbeitsbedingungen ausgesetzt. Und das in einem Land, das sich selbst gern als moderne Weltmacht sieht, die sich für Menschenrechte weltweit einsetzt.
Dabei vertreten viele US-Amerikaner:innen momentan selbst Ansichten und fordern Gesetze, mit denen sie die USA zurück ins 19. Jahrhundert befördern. Vor allem die Maga-Bewegung um Donald Trump unterstützt jene erzkonservative, rechtsradikale Agenda. Maga steht für "Make America Great Again", und war Trumps berühmter Wahlspruch.
Zur Zielscheibe wird etwa die Selbstbestimmung von Frauen und Mädchen, eine Schwangerschaft abzubrechen – auch im Falle von Vergewaltigungen. Zudem stehen LGBTQIA+-Rechte unter Beschuss, vor allem von trans*Menschen.
"Rettet die Kinder" – predigen die Maga-Republikaner, wenn sich trans*Personen Minderjährigen nähern. Währenddessen arbeiten Kinder in US-amerikanischen Unternehmen unter gefährlichen Bedingungen.
Gesetzgebende in mehreren Bundesstaaten wollen die Kinderarbeitsgesetze lockern. Laut US-Medien wurden Maßnahmen durchgewunken, die es Kindern zum Beispiel erlauben, in gefährlichen Berufen zu arbeiten. Besonders betroffen seien Kinder mit Migrationshintergrund, etwa aus Südamerika.
Grund: Fachkräftemangel. Laut "Washington Post" nützt die Lockerung des Kinderarbeitsschutzes vor allem den US-Unternehmen. Demnach gelangen sie schnell an billige Arbeitskräfte, ohne höhere Löhne und attraktivere Zusatzleistungen für erwachsene Fachkräfte bieten zu müssen, schreibt die Zeitung. Doch schon jetzt soll die Dunkelziffer von Kindern, die illegale Schwarzarbeiten verüben, hoch sein.
Auf diese Weise sind Minderjährige in den USA etwa toxischen Chemikalien, heißen Kochflächen und anderen Gefahren ausgesetzt, die zu Verletzungen und Krankheiten führen – oder sogar zum Tod.
Wer um zwei Uhr morgens noch Lust auf einen Burger hat, könnte in den USA offenbar von einem 10-jährigen Kind bedient werden. Das zeigt eine Untersuchung des US-Arbeitsministeriums.
Demnach deckte das Ministerium Anfang Mai auf, dass zwei 10-jährige Kinder in einem McDonald's in Louisville, Kentucky, unbezahlte Arbeitsschichten geleistet hatten – oft bis spät in die Nacht. Dabei arbeiteten sie offenbar auch an Fritteusen, was in den USA für Personen unter 16 Jahren eigentlich verboten ist.
62 McDonald's-Filialen im ganzen Land sollen gegen das Gesetz zur "Beschäftigung von Kindern" verstoßen haben. Mehr als 300 Kinder haben laut des Berichts in McDonald's-Restaurants in Kentucky und mehreren anderen Bundesstaaten gearbeitet.
"Diese Berichte sind inakzeptabel, zutiefst beunruhigend und stehen im Widerspruch zu den hohen Erwartungen, die wir an die gesamte Marke McDonald's stellen", zitiert der US-Nachrichtensender NBC Tiffanie Boyd. Sie ist Senior Vice President und Chief People Officer bei McDonald's USA.
"Ich weiß, wie wichtig es ist, dass jedes Restaurant eine Kultur der Sicherheit fördert. Als Mutter, deren Sohn im Teenageralter mit Stolz bei unserem örtlichen McDonald's gearbeitet hat, spüre ich dies ganz persönlich", führt sie aus. Man setze sich dafür ein, sichere Arbeitsplätze für alle Mitarbeitende zu schaffen und alle arbeitsrechtlichen Vorschriften einzuhalten.
Umgeben von toten Kadavern, schrubbt er nachts das Blut vom Boden. Der 14-jährige Marcos Cux ist einer von Tausenden von Migrantenkindern, die weit weg von ihren Eltern leben und gefährliche Arbeiten verrichten, berichtet die "New York Times" über das Schicksal des Jungen.
Während andere in seinem Alter schlafen, schlüpft Marcos in einen grünen gummierten Overall. "Er packt ein Paar Gummistiefel mit Stahlkappen und zwei Lagen Handschuhe ein, denn schon ein kleiner Riss könnte zu einer Verätzung führen", schreibt die Zeitung. Ein Cousin fährt ihn zu seiner Reinigungsschicht im Hühnerschlachthof. Dort werden wöchentlich 1,5 Millionen Hühner geschlachtet.
Nach Mitternacht kommt Marcos im Betrieb an, er schmeckt den Gestank förmlich auf der Zunge. Bis fünf Uhr morgens muss die Anlage blitzblank sein für den nächsten Schlachttag. Marcos und die anderen Mitarbeitenden sind schnell. Er sammelt Körperteile der getöteten Hühner ein und spritzt Maschinen mit 130 Grad heißem Wasser ab.
Dann putzt er die Stahlteile mit gefährlichen Chemikalien, die bei Hautkontakt monatelang Striemen hinterlassen. Er sieht einen zerrissenen Gummihandschuh im Förderband, greift danach und plötzlich geht die Maschine an. Das Band erfasst den Ärmel von Marcos' ausgebeulter Jacke und zieht ihn über den Boden. "Harte Plastikzähne durchbohren seine Muskeln und reißen seinen Unterarm bis auf den Knochen auf", beschreibt die US-Zeitung das Unglück.
Jemand hört seine Schreie und schaltet den Strom ab. Doch es ist zu spät: Von Marcos Ellbogen bis zum Handgelenk hängt ein weißes Sehnenband, Blut sprudelt, er verliert sein Bewusstsein. Marcos überlebt, aber sein Arm ist verstümmelt.
Seine Geschichte ist kein Einzelfall.
Anfang des Jahres teilt das US-Arbeitsministerium mit: Es wurden mehr als 100 Kinder im Alter von 13 Jahren bei gefährlichen Nachtarbeiten in Schlachthöfen in acht Bundesstaaten entdeckt. Verantwortlich soll wohl eines der größten Lebensmittelreinigungsunternehmen des Landes sein, Packers Sanitation Services Inc.
Sollte ein 16-Jähriger zum Beispiel allein in einem Sägewerk herumhantieren? Im US-Bundesstaat Wisconsin offenbar kein Problem. Laut den staatlichen Kinderarbeitsgesetzen ist die Arbeit in einem Sägewerk für Minderjährige zulässig.
Sprich, in einem Betrieb, in dem angeliefertes Holz zu Brettern, Kanthölzern und Balken verarbeitet wird. (Zum Vergleich: In Deutschland gibt es nach §§ 22-27 Jugendarbeitsschutzgesetz bestimmte Beschäftigungsverbote für minderjährige Azubis, wie etwa bei Gefährdungen durch Schadstoffe etc.)
Diese Arbeit wurde dem Teenager Michael Schuls in Wisconsin zum Verhängnis.
Ende Juni arbeitete er in dem Sägewerk "Florence Hardwoods", das berichtet "The Associated Press". Etwas hatte sich wohl in der Holzstapelmaschine festgeklemmt. Michael versuchte es zu lösen, stieg auf das Förderband, das sich darauf bewegte und er selbst in die Maschine geriet. Das geht aus den Berichten des Florence County Sheriff's Office hervor.
Schuls starb zwei Tage später an seinen Verletzungen im Krankenhaus. Währenddessen verabschiedet Wisconsin Gesetze zur Lockerung der Kinderarbeitsgesetze. In Zukunft soll es etwa Kindern ab 14 Jahren erlaubt sein, in Bars und Restaurants Alkohol zu servieren. Diesen Vorschlag unterstützen vor allem die Republikaner, heißt es in US-Medien.
Ein Widerspruch in sich, denn: In den USA liegt das gesetzliche Mindestalter für Alkoholkonsum bei 21.
