Eine überraschend starke Rede hielt Jeremy Corbyn am Mittwoch auf dem Parteitag der britischen Labour-Party. Er entwarf eine linksgrüne Vision für sein Land (und schwieg zum Thema Brexit). "Labour is ready" – die Sozialdemokraten sind bereit zur Regierungsübernahme, sagte Corbyn in seiner Rede.
Die 3 wichtigsten Passagen seiner linken Vision für Großbritannien.
Vor zehn Jahre stürzte der Kollaps der Banken die Welt in eine Krise. Corbyn rechnete schonunglos mit dem Sparkurs der konservativen Regierungen der konservativen Premierminister David Cameron:
Corbyn hielt den Konservativen die soziale Spaltung des Landes vor.
Noch immer gilt in Großbritannien der alte Slogan der konservativen Regierungschefin Margret Thatcher: "There is no such thing as society." Die Gesellschaft gibt es nicht, es gibt allein Individuen.
Corbyn rebellierte dagegen, hielt den Konservativen die Schwächen ihrer Privatisierungspolitik vor.
Corbyn versprach eine andere Art der "New Economy", Unternehmen der Daseinsfürsorge wie Wasser- und Elektrezittätsbetriebe will er verstaatlichen.
Mit Vergnügen beschrieb Corbyn die Ratlosigkeit der Regierung beim Thema Brexit. Er selbst warb für "eine neue Beziehung zu Europa". Zweites Referendum, Freihandelszone, drin bleiben in der EU – wie das neue Verhältnis zur EU aussehen soll blieb weitgehend offen. Nur eins stellte er klar: Den Kurs von Regierungschefin Theresa May werde seine Partei im Parlament nicht unterstützen.
Sollte ein Abkommen der Regierung mit Brüssel über den EU-Austritt des Landes im britischen Parlament scheitern, werde Labour auf eine Neuwahl hinarbeiten, sagte Corbyn. Wenn das nicht gelänge, seien alle Optionen offen. Ob aus seiner Sicht damit auch ein Referendum mit der Möglichkeit eingeschlossen ist, den Brexit rückgängig zu machen, ließ Corbyn offen.
Die britische Wirtschaft zittert vor Corbyns Politik. Die EU ist sich unschlüssig, welchen Kurs er im künftigen Verhältnis verfolgt. Dennoch schauen nicht nur Europas Sozialdemokraten nach Großbritannien. Corbyn fährt – anders als die SPD – einen extremen Linkskurs. Sollte er tatsächlich einen vorgezogene Neuwahl gegen die kriselnde Regierungschefin May gewinnen, steht auch anderen sozialdemokratischen Parteien in Europa eine Strategiedebatte ins Haus. Nicht zuletzt der SPD.
(rtr, afp, dpa)