Sie haben es wieder geschafft: Die beiden Moderatoren Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf haben von ihrem Arbeitgeber Prosieben 15 Minuten zusätzliche Sendezeit gewonnen und sorgen in dieser Zeit mit einer einmaligen Aktion für eine echte Sensation. Nicht zum ersten Mal nutzen die Entertainer die Zeit für ein politisches Anliegen. Diesmal ging es um die Proteste im Iran.
Trotz brutaler Unterdrückung durch das Regime halten die landesweiten Proteste im Iran seit sechs Wochen an. Mehr als 240 Menschen, darunter auch Kinder, wurden bereits getötet. Tausende wurden verhaftet.
Die Demonstrierenden fordern Freiheit von dem System, das ihnen Dinge verwehrt, die für Menschen hierzulande selbstverständlich sind. Im Iran dürfen Frauen nicht auf offener Straße tanzen oder singen, sie dürfen nicht über ihre Kleidung bestimmen und sich auch nicht scheiden lassen.
Das iranische Regime rund um den Obersten Führer Ali Chamenei versucht, die Proteste und die Polizeigewalt zu vertuschen. Sie schränken das Internet ein, behindern Journalist:innen bei der Arbeit und verbreiten im Staatsfernsehen Propaganda.
Viele Aktivist:innen berichten dennoch permanent über die Gräueltaten der iranischen Sittenpolizei und riskieren damit ihr Leben. Über soziale Medien wie Twitter, Instagram, Facebook oder Tiktok teilen sie Informationen, Fotos und Videos zu den Protesten.
Zwei von ihnen haben ihre Reichweite jetzt über Nacht vervielfacht. Sie haben die Instagram-Accounts des Moderatorenduos Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf geerbt – für immer. Das gaben die beiden Moderatoren am Mittwochabend in ihrer Show "Joko und Klaas Live" bekannt.
Auf Jokos Account wird ab jetzt die iranische Frauenrechtsaktivistin Azam Jangravi posten. Über den Kanal von Klaas verbreitet künftig Sarah Ramani von der Bewegung "The Voice of the Streets" Fotos und Videos zu den Protesten.
Doch wer sind die beiden Aktivistinnen eigentlich, die die zusammengerechnet knapp zwei Millionen Follower:innen von Joko und Klaas übernehmen?
Die Frauenrechtsaktivistin Azam Jangravi zog schon 2018 mit ihrem Protest gegen die Kopftuchpflicht den Zorn der iranischen Herrscher auf sich. An einer viel befahrenen Straße in Teheran stieg sie mit offenen Haaren auf einen Stromkasten und hielt ihr Kopftuch in den Wind. Noch an Ort und Stelle wurde sie verhaftet, das Video ging viral.
In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters sagte Azam Jangravi, sie habe sich damals "wie die stärkste Frau auf der Welt gefühlt". Sie war 2018 laut Amnesty International eine von 39 Frauen, die wegen Protests gegen die Kopftuchpflicht festgenommen wurden.
Für ihre Protestaktion sollte sie drei Jahre ins Gefängnis wandern, erzählt Azam Jangravi in der Sendung von Joko und Klaas. Außerdem wollte die Polizei ihr ihre Tochter wegnehmen. Doch den beiden gelang die Flucht, zu Fuß verließen sie unentdeckt das Land, sagt Azam Jangravi. Ihren jetzigen Aufenthaltsort will sie nicht verraten, zu groß ist die Angst vor dem langen Arm des Regimes.
Auch Sarah Ramani, die jetzt den Instagram-Account von Klaas hat, fürchtet um ihre und die Sicherheit ihrer Familie. Darum zeigt sie in der Sendung ihr Gesicht nicht und arbeitet unter einem Decknamen.
Über die Aktivistin von der Bewegung "The Voice of the Streets" ist darum kaum etwas bekannt. Nur dass sie von einem geheimen Ort aus einen Instagram-Kanal betreibt und dort Protest-Videos aus dem Iran teilt. Dafür steht sie in Kontakt mit Iraner:innen, die ihr Nachrichten, Fotos und Informationen von Verhaftungen und Polizeigewalt zusenden, sagt sie in der Show von Joko und Klaas.
Seit einem Jahr verbreitet sie schon dieses Material. Sie will ihre jetzt deutlich größere Plattform nutzen, um weitere Lügen des Regimes zu entlarven, das im Staatsfernsehen behauptet, alles sei ruhig und unter Kontrolle.
Sarah Ramani bittet das deutsche Publikum, die Proteste nicht zu vergessen und die Botschaften der Demonstrierenden über Videos und Fotos zu verbreiten. Außerdem sollen die Menschen im Westen den Dialog mit ihren Regierungen suchen – etwas, was den Menschen im Iran nicht möglich ist.