Russland ersetzt Whatsapp mit Max-App: Experte warnt vor versteckten Funktionen
Heutzutage funktioniert – zumindest für Menschen unter 70 – kaum noch etwas ohne Messengerdienste wie Whatsapp oder Signal. Private, aber auch geschäftliche Kontakte sind über derlei Apps leichter zu pflegen, auch das Teilen von Dokumenten und Videocalls sind mittlerweile möglich.
In den Augen eines autokratischen Staates wie Russland sind solche Funktionen aber unerwünscht. Deshalb hat der Kreml den eigenen Messenger "Max" gebaut, der seit dem 1. September verpflichtend auf jedem russischen Smartphone installiert sein muss. Entwickelt wurde die vermeintliche Whatsapp-Alternative vom staatlich kontrollierten Konzern VT – und schnell wird nun auch die Tragweite dieser Kontrollinstanz deutlich.
Russland kontrolliert Bürger über Messenger-Dienst
"Der Staat verfügt über alle Mittel, um zu gegebener Zeit eine standardmäßige Überwachung umzusetzen", erklärt der russische IT-Experte Sarkis Darbinjan dem "Tagesspiegel". Er ist Mitbegründer der NGO Roskomswoboda und arbeitet mittlerweile aus dem Exil.
Die Sorgen vieler Russ:innen vor einer gezielten Überwachung durch die Max-App teilt er – wie auch viele Oppositionspolitiker:innen. An manchen Stellen wird diese sogar schon als "persönlicher Polizist in deinem Telefon" bezeichnet.
Das Grundproblem bei Messengerdiensten ist in Russland, dass persönliche Daten generell für die Behörden aufbewahrt werden müssen. Ein Gesetz verpflichtet Social-Media-Plattformen, entsprechende Metadaten bis zu drei Jahre lang zu speichern und staatlichen Stellen bei Bedarf zur Verfügung zu stellen.
Experte fürchtet aktive Spionage durch Max-App
Bei Max geht die Überwachung allerdings noch weiter. Expert:innen gehen davon aus, dass zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht alle Berechtigungen der App wirklich genutzt werden und das volle Ausmaß der Kontrolle erst im Laufe der Zeit ersichtlich wird. Möglich wäre laut Dabinjan etwa, dass Max sich unbemerkt Zugriff auf Daten aus anderen Apps verschaffen könnte.
Auch wenn die App nicht geöffnet wäre, könnten dann Informationen über Kamera oder Mikrofon des Geräts ergattert werden. "Die Architektur der App ist so aufgebaut, dass alle persönlichen Informationen und die gesamte Kommunikation für verschiedene staatliche Stellen zugänglich sind – angefangen von Meinungsforschungsinstituten bis hin zu Geheimdiensten", betont der Experte.
Bisher stößt der neue Messenger in Russland nicht unbedingt auf Begeisterung. Viele Nutzer:innen klagten in den vergangenen Wochen über Unterbrechungen bei der Kommunikation und schlechtes Handling.
Der Kreml versucht in diesem Zuge, die Bürger:innen mit seiner ganz eigenen Form von Zwang zu der App zu bringen. So sollen etwa die Menschen in der Region Pskow künftig nur noch über die Max-App vor ukrainischen Drohnenangriffen gewarnt werden.
Als weitere Maßnahme versucht die russische Staatsführung seit Monaten, die Konkurrenz auf dem Social-Media-Markt auszuschalten. Schon länger sind Instagram und Facebook im Land offiziell blockiert, mittlerweile ist auch die Anruffunktion bei Whatsapp gesperrt.
"All das bringt zweifellos Menschen dazu, trotz aller Risiken auf die russische Super-App umzusteigen", warnt Darbinjan. Ein großer Teil der Bevölkerung nutze mittlerweile aber auch VPN-Zugänge, um die staatlichen Repressionen zu umgehen.