Bomben, Tote, ständige Angst: Das Leben der allermeisten Menschen im Gazastreifen gleicht einer Hölle. Seit dem grausamen Hamas-Massaker auf Israel am 7. Oktober herrscht Krieg in Nahost.
Der israelisch-palästinensische Konflikt ist erneut eskaliert.
Israel hat nach dem Massaker mit Tausenden Toten und Hunderten Verschleppten zurückgeschlagen – und seitdem mit den Angriffen im Gazastreifen nicht aufgehört. Es gibt in der Enklave kaum sichere Orte, Angriffe finden täglich statt. Die humanitäre Lage für die Menschen ist katastrophal.
Bei einem israelischen Angriff auf das Geflüchtetenlager Al-Mawasi im Gazastreifen wurden kürzlich mindestens 71 Menschen getötet und 289 verletzt. Nun schlägt Ärzte ohne Grenzen Alarm. Denn das einzige Krankenhaus im Süden des Gazastreifens mit umfassender Versorgung ist seitdem völlig überlastet. Die Berichte aus dem Nasser-Krankenhaus zeichnen ein Bild der puren Verzweiflung.
In einer Mitteilung und Audio-Nachricht wenden sich Ärzte ohne Grenzen an die Öffentlichkeit und beschreiben die prekäre Lage im Gazastreifen.
Ärzte ohne Grenzen und das medizinische Personal vor Ort rufen die internationale Gemeinschaft dringend zur Hilfe für den Gazastreifen auf. Die Zustände in der Enklave erfordern sofortige Maßnahmen. Das Leid der betroffenen Menschen und die humanitäre Katastrophe müsse dringend gestoppt werden.
Mohammad Abu Mughaiseeb, stellvertretender medizinischer Koordinator von Ärzte ohne Grenzen in Chan Junis, berichtet von dem Tag des jüngsten Angriffes auf Al-Mawasi am Samstag: "Ich habe noch nie erlebt, dass so viele verletzte Menschen wie heute eingeliefert werden. Überall im Krankenhaus waren Verletzte oder Tote."
Die Kapazitäten des Krankenhauses seien seitdem vollständig ausgeschöpft, was zu dramatischen Zuständen führt. Die emotionalen Belastungen für die Patient:innen und das medizinische Personal seien enorm.
Wie belastend die Arbeitsbedingungen im Krankenhaus und die ständigen Angriffe sind, beschreiben die Worte von Amy Kit-Mei Low gut. Sie ist medizinische Teamleiterin von Ärzte ohne Grenzen im Nasser-Krankenhaus, erzählt in einer Audio-Message die erschütternden Szenen vor Ort.
An dem Tag, als der große Angriff stattfand, kam demnach ein Junge mit seinem am Rücken verletzten Vater ins Krankenhaus:
Eine weitere Patientin, eine Frau mit einem gebrochenen Oberschenkelknochen, wurde laut Low von ihrer Mutter gefunden. "Glücklicherweise hat ihre Mutter sie aufgespürt, aber man sagte ihr nicht, dass sie den Rest ihrer Familie verloren hatte", erzählt die Ärztin.
Die Ärztin schildert die chaotischen Bedingungen, unter denen das Krankenhauspersonal arbeitet: "Das Personal war überwältigt, gestresst und besorgt um alle Patient:innen, die wir erhielten. Wir hatten nicht genug Schmerzmittel."
Dieser Mangel sei grausam: "Wir gaben Diclofenac-Injektionen für diese großen Wunden, und das war eindeutig nicht genug", erzählt sie. Irgendwann seien die Leute auf dem Flur gestanden und hätten vor Schmerzen gestöhnt. Das Blut sei teilweise durch die Verbände heraus gesickert, erzählt sie vom Tag des Angriffs: "Es war ziemlich chaotisch und ziemlich schrecklich."
Hinzu kommt ein gravierender Mangel an medizinischen Geräten und sauberen Materialien. "Einige Computer funktionierten nicht oder hatten defekte Bildschirme, was die Analyse von Röntgenaufnahmen erschwerte. Das Krankenhaus ist mit der Masse der Patient:innen überfordert", sagt Low.
Die Abteilungen seien auch nach dem Angriff noch überfüllt, die Bedingungen untragbar. Die Bettenbelegungsrate in der Pädiatrie liege bei 214 Prozent. In der vergangenen Woche seien in der Entbindungsabteilung 25 Kaiserschnitte und etwa 200 Geburten durchgeführt worden. "Wir sind also überlastet, und die Qualität der Pflege sinkt mit dem Mangel an Material, dem Mangel an Platz und dem Mangel an Reinigungsmitteln", sagt sie.
Die fehlenden Ressourcen führen zu erhöhten Infektionsraten und einer insgesamt verschlechterten Qualität der Versorgung.