
Ein Wahlplakat zeigt Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu (links) und Herausforderer Jair Lapid.Bild: ap / Oded Balilty
International
23.03.2021, 08:1223.03.2021, 08:12
Zum vierten Mal binnen zwei Jahren sind die
Bürger in Israel am Dienstag zur Wahl eines neuen Parlaments
aufgerufen. Rund 6,6 Millionen Menschen können ihre Stimme für eine
von knapp 40 Listen abgeben. Nach den letzten Umfragen dürfte die
Likud-Partei des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu trotz Verlusten erneut stärkste Fraktion werden. Unklar
jedoch ist, ob es für ihn zu einer weiteren Amtszeit reicht. Auch
eine knappe Mehrheit des Anti-Netanjahu-Lagers gilt Beobachtern als
möglich. Den Umfragen zufolge ist jedoch eine Patt-Situation
ebenfalls nicht auszuschließen. Sollte eine Regierungsbildung
scheitern, könnte schon im Sommer eine weitere Neuwahl nötig werden.
Die Abstimmung beginnt am Dienstagmorgen um 7.00 Uhr Ortszeit
(6.00 Uhr MEZ). Mit der Schließung der Wahllokale um 21.00 Uhr MEZ
wird mit ersten Prognosen gerechnet. Das amtliche Endergebnis soll
eine Woche nach der Wahl veröffentlicht werden. Wegen der
Corona-Umstände und eines langen Wochenendes mit Feiertag wird jedoch
mit möglichen Verzögerungen bei der Stimmenauszählung gerechnet.

Benjamin Netanjahu steht als amtierender Ministerpräsident unter Druck.Bild: dpa / Yonatan Sindel
Netanjahu unter Druck – viele kleine Parteien könnten profitieren
Netanjahu ist seit 2009 durchgängig Ministerpräsident. Er hofft
auf eine weitere Amtszeit. Der 71-Jährige hat im Wahlkampf vor allem
versucht, mit der rasanten Corona-Impfkampagne sowie mit der
Annäherung Israels an weitere arabische Staaten zu punkten. Viele
Israelis zeigten sich allerdings in den vergangenen Monaten
unzufrieden mit dem Krisenmanagement Netanjahus im Verlauf der
Pandemie. Die Infektionszahlen in Israel hatten teils deutlich über
denen in Deutschland gelegen, die Bürger mussten sich mit langen
Lockdown-Phasen arrangieren. Netanjahu steht aber auch wegen eines
gegen ihn laufenden Korruptionsprozesses unter Druck. Die
Zeugenbefragung beginnt knapp zwei Wochen nach der Wahl.
Netanjahus größter Herausforderer bei der Wahl am Dienstag ist
der Vorsitzende der Zukunftspartei, der bisherige Oppositionsführer
Jair Lapid. Es wird damit gerechnet, dass etwa ein Dutzend Parteien
oder Listen die Hürde von 3,25 Prozent schafft, die für den Einzug in
die 120 Sitze zählende Knesset nötig ist. Experten zufolge dürfte die
Zahl der ins Parlament einziehenden Parteien mitentscheidend dafür
sein, ob Netanjahu Ministerpräsident bleiben kann oder nicht. Eine
besondere Rolle kommt auch dem Ergebnis der siedlerfreundlichen,
rechten Jamina-Partei zu. Deren Vorsitzender Naftali Bennett war mit
dem Ziel angetreten, Netanjahu abzulösen. Er hat allerdings auch
nicht ausgeschlossen, in eine Koalition mit diesem einzutreten.
Sollte er dies tun, könnte die Jamina-Partei Netanjahu eine Mehrheit
sichern.

Oppositionsführer Jair Lapid von der Zukunftspartei tritt als Herauforderer für den amtierenden Ministerpräsidenten Netanjahu an.Bild: ap / Sebastian Scheiner
Die Wahl wird coronabedingt unter besonderen Umständen
abgehalten. Es gibt deutlich mehr Wahllokale als bei früheren
Abstimmungen. So sollen Menschenansammlungen vermieden werden. In
Israel gibt es die Möglichkeit einer Briefwahl nicht. Menschen, die
in Quarantäne sind, sollen zum Beispiel in umgebauten Bussen ihre
Stimme abgeben können. Auch am internationalen Flughafen Ben Gurion
sollten die Bürger wählen können. Rund 20.000 Sicherheitskräfte
sollen den Verlauf der Wahl überwachen.
Die Neuwahl war nötig geworden, weil das im vergangenen Frühjahr
unter dem Eindruck der Corona-Krise geschlossene Bündnis zwischen
Netanjahu und seinem Widersacher der vergangenen Wahlen, Benny Gantz
vom Mitte-Bündnis Blau-Weiß, bereits nach wenigen Monaten im Zuge
eines Haushaltsstreits zerbrochen war.
(lau/dpa)
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