Kim Kardashian beim Besuch der armenischen Völkermord-Gedenkstätte 2019 in Eriwan, Armenien.Bild: imago images/wirestock
International
11.09.2023, 16:5511.09.2023, 17:41
Es ist wohl ein Albtraum einer jeden Mutter. Kein Gas im Winter, während draußen frostige Temperaturen herrschen. Strom gibt es nur für wenige Stunden am Tag. Im Supermarkt leeren sich die Regale – Obst und Gemüse schwinden. Medizin und Babynahrung werden zum Luxusgut. Die Schlangen werden länger, die Auswahl immer geringer.
Dann hört man von einem Todesfall in der Umgebung. Ein 40-jähriger Mann sei verhungert. Die Ärzte können im Krankenhaus nur noch seinen Herzstillstand bestätigen. Todesursache: Unterernährung. So in etwa spielt sich der Alltag der 28-jährigen Mutter Tatew Azizyan in der Region Bergkarabach im Kaukasus ab.
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Über den Kontakt einer armenischen Nichtregierungsorganisation konnte die Zeitung "Zeit" mit der Frau aufnehmen. Zugang für Journalist:innen in die Region ist untersagt. Erneut ist Bergkarabach zum Hotspot des Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan geworden – und jetzt schaltet sich auch US-Star Kim Kardashian ein.
Dramatische Lage für die Menschen in Bergkarabach
Zum Hintergrund: Aserbaidschan und Armenien streiten seit dem Zerfall der Sowjetunion um die Grenzregion Bergkarabach. Kämpfe im Jahr 2020 mit mehr als 6500 Toten wurden durch ein von Russland vermitteltes Waffenstillstandsabkommen beendet. Doch nun flammt die Krise erneut auf.
"Die militärisch-politische Lage in unserer Region hat sich ernsthaft verschlechtert", sagt der armenische Regierungschef Nikol Paschinjan bei einer Kabinettssitzung. Er wirft Aserbaidschan vor, Truppen entlang der gemeinsamen Grenze sowie in der Nähe der umstrittenen Region Bergkarabach zu konzentrieren. "Aserbaidschan demonstriert damit seine Absicht, eine neue militärische Provokation gegen Bergkarabach und Armenien zu unternehmen", meint er.
Die Spannungen steigen am Latschin-Korridor, der Verbindung zwischen Armenien und Bergkarabach.Bild: imago images/i-tar tass
Das aserbaidschanische Außenministerium wies die Vorwürfe als "weitere politische Manipulation" zurück. Es forderte Armenien auf, seine "Gebietsansprüche an Aserbaidschan aufzugeben, seine militärisch-politischen Provokationen zu beenden und damit aufzuhören, den Friedensprozess zu behindern".
Paschinjan warf kürzlich den russischen Friedenstruppen vor, nichts gegen die Blockade der einzigen Straßenverbindung zwischen Armenien und Bergkarabach zu unternehmen. Die Straße wird seit Juli von Aserbaidschan geschlossen gehalten, was nach armenischen Angaben mittlerweile gravierende Auswirkungen auf die Versorgung mit Lebensmitteln, Medikamenten, Gas und Treibstoff hat. Der armenische Regierungschef bezeichnet es als "strategischen Fehler, sich auf Russland" als Sicherheitsgaranten zu verlassen.
US-Realitystar Kim Kardashian sendet nun einen Appell an den US-Präsidenten Joe Biden.
Kim Kardashian mahnt vor Genozid in Armenien
In einem Beitrag für den "Rolling Stone" macht die armenisch stämmige Influencerin auf den Konflikt in Bergkarabach aufmerksam. Dabei warnt sie vor einem möglichen Genozid an der dort lebenden Bevölkerung und fordert Joe Biden zum Handeln auf. Sie teilt den Aufruf etwa auf X, ehemals Twitter, mit ihren über 75 Millionen Follower:innen.
Sie schreibt:
"Mein Appell an Präsident Joe Biden, einen weiteren Völkermord an den Armeniern zu verhindern. Es ist Zeit für Amerika (und die Welt), Maßnahmen zum Schutz der Armenier vor Aserbaidschan zu ergreifen."
Ihre Verbundenheit mit ihren armenischen Wurzeln zeigte sie etwa 2019. Kim ließ sich zusammen mit ihren Kindern in Armenien taufen. Auf Instagram teilte der Reality-TV-Star mit: "Danke Armenien für diesen wunderbaren Trip. Ich fühle mich so gesegnet, dass ich mit meinen Babys in der armenisch-apostolischen Kathedrale von Etschmiadsin getauft wurde".
Währenddessen streitet Elchin Amirbayov, Vertreter des Präsidenten der Republik Aserbaidschan, den Vorwurf eines Genozids ab.
Aserbaidschan sieht Schuld bei armenischen Separatisten
Armenien male die Situation Schwarz-Weiß, sagt er im Gespräch mit "DW News". Er wirft Armenien vor, die Menschen vor Ort hungern zu lassen, zur gleichen Zeit lehnen sie jede Möglichkeit ab, einen Kompromiss zu finden. Amirbayov führt seinen Blickwinkel weiter aus: Schuld an der Misere seien die separatistischen Kräfte.
Die Bevölkerung vor Ort sei die Geisel von einem Haufen von aggressiven, armenischen Hardliner-Separatisten geworden, für die ein friedliches Zusammenleben mit Aserbaidschan nicht infrage komme, meint der aserbaidschanische Beamte. Er mahnt zudem, das Wort Genozid zu nutzen.
Das sieht der ehemalige Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, Luis Moreno Ocampo, anders.
120.000 Armeniern droht laut Ocampo ein Genozid
Bereits Anfang August stufte er die Lage in der Region Bergkarabach als Genozid ein. Mehr als 120.000 Armenier:innen seien betroffen. Laut ihm ist Hunger eine sichtbare Genozid-Waffe. Der aserbaidschanische Politiker Amirbayov steuert diesem Vorwurf entgegen. Im Gespräch mit "DW News" meint er, es fehlen dazu die nötigen Beweise. Aber er warnt: Ein Genozid könne durchaus drohen – aber wie gesagt, schuld wären dann die kooperationslosen Separatisten, betont er.
Mittlerweile geht Armenien auf Distanz zu seinen traditionellen Verbündeten Russland. So plant das armenische Verteidigungsministerium für den 11. bis 20. September gemeinsame Militärmanöver mit den USA. Ziel ist es demnach, die Zusammenarbeit zwischen armenischen und US-Streitkräften bei internationalen Friedenseinsätzen zu verbessern.
Russland, das sich als Ordnungsmacht in der Region sieht, verurteilte die geplanten Manöver zur Friedenssicherung. "Zweifellos tragen diese Art von Übungen nicht zur Stabilisierung der Lage oder zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens in der Region bei", sagt Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau. Russland nehme "weiterhin seine Rolle als Sicherheitsgarant wahr".
(Mit Material der AFP)
Anfang des Jahres führte Günther Felßner noch als Vorsitzender des Bayerischen Bauernverbands die Proteste der Landwirte gegen die Ampel-Regierung in Berlin an. Mit gelber Warnweste stand er an der Spitze von Traktor-Kolonnen und protestierte unter anderem gegen die Politik von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne).