
Raketen werden aus Gaza-Stadt in Richtung Israel abgefeuert .Bild: APA Images via ZUMA Wire / Osama Baba
International
13.05.2021, 09:3913.05.2021, 09:39
Nach massiven Raketenangriffen
militanter Palästinenser im Gazastreifen hat Israels
Sicherheitskabinett eine Ausweitung des Militäreinsatzes gegen die
dort herrschende Hamas beschlossen. Die Armee solle gezielt "Symbole
der Hamas-Herrschaft" in dem Palästinensergebiet angreifen,
berichtete der Sender Kanal 12 am Mittwochabend. Medienberichten
zufolge wurden das Finanzministerium im Herzen der Stadt Gaza sowie
eine Bank der Hamas zerstört. Das Militär teilte mit, Kampfflugzeuge
hätten eine Reihe strategisch wichtiger Gebäude sowie ein
Marinekommando der Hamas angegriffen. Die Angriffe auf Terrorziele
würden fortgesetzt.
Kurz darauf wurde in Tel Aviv am frühen Donnerstagmorgen erneut
Raketenalarm ausgelöst. Nach Angaben einer dpa-Reporterin war
mindestens eine Explosion zu hören. Medienberichten zufolge gab es
auch im Norden des Landes Raketenalarm.
Bereits über 1600 Raketen wurden auf Israel abgefeuert
Schon am Mittwochabend waren wieder Dutzende Raketen auf israelische Städte abgeschossen worden, darunter Aschdod
und Aschkelon an der Mittelmeerküste. Auch im Großraum Tel Aviv
heulten Warnsirenen. In der Grenzstadt Sderot wurde ein Fünfjähriger
beim Einschlag einer Rakete tödlich verletzt, wie die Stadtverwaltung
mitteilte.
Bislang wurden aus dem Gazastreifen nach Angaben des israelischen Militärs mehr als 1600 Raketen auf Israel abgefeuert. Rund 400 davon seien noch in dem Küstengebiet niedergegangen, sagte Sprecher Jonathan Conricus am Donnerstagmorgen. Die Erfolgsquote des Abfangsystems Eisenkuppel ("Iron Dome") betrage weiterhin im Schnitt rund 90 Prozent.
Dem Sprecher zufolge starben seit Beginn des Beschusses aus dem Gazastreifen am Montagabend bislang sieben Menschen in Israel, sechs Zivilisten und ein Soldat. Israels Armee reagiert darauf nach eigenen
Angaben mit dem umfangreichsten Bombardement seit dem Gaza-Krieg von
2014. Das Gesundheitsministerium in Gaza bezifferte die Zahl der
Toten auf 65, mehrere hundert Menschen wurden verletzt.
Israel startete Angriffe gegen Knotenpunkte der Hamas
Conricus sagte, das israelische Militär habe bislang rund 600 Ziele in dem Gazastreifen beschossen, darunter Stätten zur Produktion von Raketen und Lagerräume. Angegriffen worden sei zuletzt auch ein Tunnel, der Kämpfern unter anderem als Versteck gedient habe. Dieser sei unter einer Schule in besiedeltem Gebiet gegraben worden.
Israelische Kampfflugzeuge zerstörten am Mittwoch ein weiteres
Hochhaus in Gaza. In dem 14-stöckigen Gebäude hatten nach
israelischen Angaben sowohl die islamistische Hamas als auch der
militante Islamische Dschihad Büros. Allerdings gab es auch Cafés und
Geschäfte in dem Haus. Videos zeigten, wie es nach dem Angriff
einstürzte. Die Hamas feuerte nach eigenen Angaben als Reaktion 130
Raketen auf die israelischen Orte Aschkelon, Sderot und Netivot.
Israels Luftwaffe hatte zuvor auch das Haus eines ranghohen
Mitglieds der islamistischen Hamas zerstört. Das Gebäude diente
demnach als Waffenlager. Außerdem tötete Israel bei Angriffen mehrere
hochrangige Vertreter der Hamas. "Das ist erst der Anfang – Wir
werden ihnen Schläge versetzen, die sie sich niemals erträumt haben",
sagte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu dazu am Mittwoch in
einem Krankenhaus in Cholon.
Die internationale Sorge um die Krise wächst
Netanjahu lehnt den Berichten zufolge eine Waffenruhe zu diesem
Zeitpunkt ab. Die USA schicken einen Spitzendiplomaten in die Region,
um sich mit führenden Vertretern beider Seiten zu treffen. Hady Amr
will auch im Namen von US-Präsident Joe Biden auf eine Deeskalation
der Gewalt drängen. Auch Unterhändler Ägyptens, Katars und der
Vereinten Nationen bemühen sich nach Medienberichten um eine
Beruhigung.
International wuchs die Besorgnis über die Eskalation des
Konflikts. Verteidigungsminister Benny Gantz stimmte die Bürger auf
einen längeren Militäreinsatz ein. Die Vereinten Nationen warnten den
UN-Sicherheitsrat laut Diplomaten vor einem großen Krieg. Die USA
haben eine gemeinsame Stellungnahme des mächtigsten UN-Gremiums zur
eskalierenden Gewalt in Nahost Kreisen zufolge am Mittwoch zunächst
blockiert.
Dafür forderten europäische Länder des UN-Sicherheitsrats ein
Ende der Gewalt. "Wir fordern alle Akteure dringend auf, Spannungen
abzubauen, Gewalt zu beenden und äußerste Zurückhaltung zu zeigen",
sagte der estnische UN-Botschafter Sven Jürgenson in einer
Stellungnahme Estlands, Frankreichs, Irlands und Norwegens am
Mittwoch nach der Dringlichkeitssitzung des mächtigsten UN-Gremiums
in New York.
Joe Biden unterstützte öffentlich Israel
Bundesaußenminister Heiko Maas warnte vor einer Ausweitung des
Konflikts auf weitere Teile der Region. Er bezeichnete den Abschuss
von mehr als 1000 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel am
Mittwochabend in einem ZDF-"Spezial" als absolut inakzeptabel und als
Grundlage dafür, dass Israel von seinem Recht auf Selbstverteidigung
Gebrauch mache.
US-Präsident Biden betonte ebenfalls das Selbstverteidigungsrecht
Israels. Das Weiße Haus teilte am Mittwochabend mit, Biden
habe bei einem Telefonat mit Netanjahu die Raketenangriffe der Hamas
und anderer Terrorgruppen verurteilt. Der US-Präsident habe außerdem
"seine unerschütterliche Unterstützung für Israels Sicherheit und für
Israels legitimes Recht, sich selbst und sein Volk zu verteidigen",
zum Ausdruck gebracht.
In mehreren arabischen Städten kam es zum Aufrur
Netanjahus Büro teilte mit, der Premierminister habe Biden in dem
Gespräch für die amerikanische Unterstützung des israelischen Rechts
auf Selbstverteidigung gedankt. Netanjahu habe auch angekündigt,
"dass Israel weiterhin Maßnahmen ergreifen werde, um die
militärischen Fähigkeiten der Hamas und der anderen im Gazastreifen
operierenden Terrororganisationen anzugreifen". Auf Twitter schrieb
er: "Wir werden keine Anarchie akzeptieren." Es müsse die Sicherheit
und Ruhe wiederhergestellt werden, "die wir alle verdienen".
Die Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern schwappt
derweil immer mehr auch auf arabische Ortschaften im israelischen
Kernland über. Zwischen jüdischen und arabischen Israelis kam es am
Mittwoch in den Städten Lod, Akko, Bat Jam, Haifa und Tiberias zu
außergewöhnlich schweren Konfrontationen. Präsident Reuven Rivlin
warnte im israelischen Fernsehen vor einem "Bürgerkrieg" und rief
beide Seiten eindringlich zur Mäßigung auf.
(lfr/mit Material von dpa)
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