Angeblich wurde eine "Nato-Einrichtung" in Kasachstan eröffnet – diese News verwundert wohl auch den kasachischen Präsidenten Kassym-Jomart Tokajew.Bild: imago images / Kazakh presidential website
International
26.10.2023, 17:0526.10.2023, 17:08
Der US-Botschafter steht gemeinsam mit Männern in Uniform vor einem Gebäude. Sie durchschneiden eine himmelblaue Schleife, die Farbe erinnert an die Flagge Kasachstans. Neben ihnen steht eine Frau, ebenfalls in Uniform – aber eher aufreizend mit kurzem Rock, weißen Stiefeln und Cowboy-Hut. Auf einem Tablett sammelt sie die abgeschnittenen Teile der Schleife ein.
Klar, hier wird etwas neu eröffnet. Und wenn man Russland fragt, soll es sich dabei um eine "Nato-Einrichtung" in der kasachischen Stadt Almaty handeln. Das zumindest sollen bekannte russische Medien verbreitet haben – und zwar am Feiertag der nationalen Souveränität Kasachstans.
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Russische Medien sprechen von "Nato-Einrichtung" in Almaty
Am 25. Oktober 1990 verabschiedete der Oberste Rat der Kasachischen SSR die Erklärung über die staatliche Souveränität Kasachstans. Das Steppenland war bis 1991 Teil der Sowjetunion. Nach deren Zerfall konnte sich das neuntgrößte Land der Erde jedoch neu orientieren. Bis heute stößt das noch einigen in Russland sauer auf, die kasachischen Boden noch immer als Teil Russlands ansehen.
Und das ist vielen Kasach:innen offensichtlich bewusst. Der Angriffskrieg auf die Ukraine hat viele Menschen in Kasachstan aufgerüttelt. Das beobachtet der Sozialwissenschaftler Azamat Junisbai vom Pitzer College in Kalifornien. Selbst jene, die vorher nichts mit Politik am Hut hatten, seien am Geschehen interessiert. "Denn es ist so real: Es hätte auch Kasachstan sein können. Oder wir könnten die nächsten sein", sagte der gebürtige Kasache in einem früheren Gespräch mit watson.
Seit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist die Beziehung zwischen Kasachstan und Russland kompliziert. Der kasachische Präsidenten Kassym-Jomart Tokajew machte mehrmals klar, dass er die russische Invasion nicht unterstütze. Eine Haltung, die dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht gefallen sollte.
Nun verbreiten russische Medien, wie etwa "Moskowski Komsomolez", dass in Almaty, der größten Stadt Kasachstans, angeblich ein "NATO-Friedenszentrum" eröffnet worden sei.
Als Beweis zeigten sie die Aufnahmen des US-Botschafters Daniel N. Rosenblum beim Durchschneiden eines feierlichen Bandes. Die unabhängige Nachrichtenorganisation "Eurasianet" mit Sitz am Harriman Institute der Columbia University in den USA stellt klar: nichts als Fake-News.
Kasachisches Verteidigungsministerium weist die Behauptung zurück
Die ursprüngliche Quelle für die Falschmeldung ist wohl ein Telegram-Kanal, der für sein eifriges Bejubeln der russischen Invasion in der Ukraine bekannt ist. "Das kasachische Militär wird in dem Zentrum eine Ausbildung nach NATO-Standard absolvieren", schreibt der Telegram-Kanal "Militärkorrespondenten des Russischen Frühlings" in einem Post, der daraufhin die Runde machte.
Das kasachische Verteidigungsministerium weist die Behauptung laut "Eurasianet" schnell zurück. Es handelte sich um die Eröffnung eines Konferenzsaals im "Peacekeeping Operations Center" (zu Deutsch: Zentrum für Friedenssicherungseinsätze). Dabei handelt es sich um eine Ausbildungseinrichtung, die seit 2006 vom Ministerium selbst – und nicht von einer externen Organisation – betrieben wird.
Das US-Konsulat in Almaty teilte unterdessen in einer Erklärung auf Instagram mit, dass der Konferenzsaal mit Unterstützung der Vereinigten Staaten finanziert worden sei, um "Kasachstans Fähigkeit zur Ausbildung internationaler Friedenssoldaten zu erweitern".
Sprich, Zivilist:innen, Polizist:innen und Militärangehörige werden dort für friedenserhaltende Maßnahmen ausgebildet und in den Grundlagen des humanitären Völkerrechts unterrichten. Der Lehrplan wurde 2019 von den Vereinten Nationen zertifiziert. Die NATO wird mit keinem Wort erwähnt.
Und doch schäumten offenbar die selbsternannten russischen Patriot:innen vor Wut. Wie könnte es Kasachstan wagen, sich mit einem westlichen Militärblock zu verbünden?
Kreml-Freunde sprechen schon von "Befreiung" Kasachstans
Alexander Sladkov, der ein Telegram-Konto mit fast einer Million Followern besitzt, wütete, dass "die NATO bereits in Kasachstan ist", berichtet "Eurasianet". "Von drei möglichen Verbündeten (Russland, China und die Angelsachsen) wählt Kasachstan nicht seine Nachbarn, sondern eine ferne und gefährliche Macht", soll Sladkov ausführen.
Weiter heißt es, dass kremlfreundliche Russen schon über mögliche Vergeltungsmaßnahmen diskutieren, zu denen auch die "Befreiung" der stark ethnisch-russisch geprägten Gebiete im Norden Kasachstans gehöre. Während einige Russen, die Souveränität Kasachstans offen in Frage stellen, lobte Putin in einem Brief an seinen kasachischen Amtskollegen Tokajew die russisch-kasachische Beziehung. Sie befinde sich auf einem hohen Niveau, heißt es.
Friedliche Töne schlug laut "Eurasianet" auch die russische Botschaft in Astana an. Diese gratulierte Kasachstan am 25. Oktober zum Feiertag und übermittelte die "Bereitschaft Moskaus, die Souveränität und territoriale Integrität Kasachstans zu schützen".
Für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) muss letzte Woche im Bundestag wohl eine große Enttäuschung gewesen sein. Er hatte sich auf eine Debatte mit seinem Erzfeind und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingestellt. Dieser fehlte aber spontan aufgrund eines Defekts an einem Regierungsflugzeug und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) musste für ihn einspringen.