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Russland: Er galt als Kriegsverbrecher – Offizier beim Joggen erschossen

St. Petersburg: Eine Anzeige, um neue Soldaten zu rekrutieren.
Der Recruiter soll für das Anheuern neuer Soldat:innen in Russland zuständig gewesen sein.Bild: imago images / Russian Look
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Er galt als Kriegsverbrecher: Russischer Offizier beim Joggen erschossen

11.07.2023, 18:19
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Auch nach fast eineinhalb Jahren des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine kehren einmal verwundete Soldat:innen wieder zurück an die Front. Sie wollen für ihr Heimatland kämpfen. Die Solidarität mit der Ukraine reißt nicht ab – auch international.

Im Gegensatz dazu hat Russland schon seit Monaten Probleme, genügend Soldaten zu finden. Sowohl die Söldner-Truppe Wagner als auch die Armee haben bereits mehrfach große Kampagnen gestartet, um für neue Soldaten zu werben.

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Einer, der dafür zuständig gewesen sein soll, war Stanislaw Rschitzki. Das berichtete die russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf Polizeikreise. Nun wurde er offenbar beim Joggen erschossen.

Was dahinter steckt:

Was ist passiert?

In der Ukraine galt Rschitzki als Kriegsverbrecher. Brisant: Fast zeitgleich mit der Tötung des Ex-Offiziers veröffentlichte die Ukraine einen Kurzclip über ihre verdeckt operierenden Militär-Spezialeinheiten. Darin wird russischen Kriegsverbrechern mit Vergeltung gedroht.

Der mutmaßliche Kriegsverbrecher Rschitzki war offenbar beim Joggen erschossen worden. Seine tägliche Lauf-Route war auf Social Media öffentlich einsehbar. Der 42-Jährige war laut dem für schwere Verbrechen zuständigen Ermittlungskomitee am vergangenen Morgen in der südwestrussischen Großstadt Krasnodar mit "Schussverletzungen" gefunden worden. Er sei bei seinem morgendlichen Lauf in einem Park mit vier Schüssen in den Rücken und die Brust getötet worden. Der Täter konnte unerkannt entkommen.

Dem Bericht nach war der Mann der stellvertretende Verantwortliche der Stadtverwaltung für die "Mobilisierungsoperationen" in der Armee. Allerdings liefen die Ermittlungen zur Identität des Täters und zum Motiv der Tat noch.

Laut dem russischen Nachrichtenportal "93.ru" seien die Uhr und die Kopfhörer des Opfers am Tatort gefunden worden. Demnach soll es offenbar kein Raubüberfall gewesen sein. Vielmehr sei die "Hinrichtung" Rschitzkis von langer Hand geplant gewesen sein, heißt es. Der:die Täter:in habe die Strecken gekannt und so alle Überwachungskameras umgangen. Deshalb gebe es offenbar keine Fotos oder Videoaufnahmen von der Tat.

Wer ist das Opfer?

Dem russischen Abgeordneten und früheren Bürgermeister Krasnodars, Jewgeni Perwytschow, zufolge habe Rschitzki in der russischen Marine gedient, wo er unter anderem das U-Boot "Krasnodar" befehligt habe. So schreibt Perwytschow es zumindest auf dem Onlinedienst Telegram. Das Medium "Baza" schreibt zudem, er hätte immer noch den Dienstgrad des Fregattenkapitäns innegehabt.

Russische Medien spekulierten darüber, dass den Tätern die Laufstrecke des Offiziers über eine Jogging-App bekannt gewesen sei. Rschitzki hatte wohl seine Läufe regelmäßig im Internet veröffentlicht und seine Laufstrecke nicht gewechselt.

In der Ukraine wurden seit Beginn ihrer Offensive dutzende Menschen wegen des Vorwurfs der Brandstiftung oder versuchter Brandstiftung von Rekrutierungszentren festgenommen. Allerdings ist nicht bekannt, ob es sich bei dem Angriff auf den Offizier um einen Anschlag in Verbindung mit seiner Recruiter-Tätigkeit handelt.

Was hat die Ukraine damit zu tun?

In der Ukraine wurde Rschitzki als Kriegsverbrecher gesucht. Als U-Boot-Kommandant sei er am Beschuss der Stadt Winnyzja beteiligt gewesen, teilte das ukrainische Militär mit. Die Stadt wurde mit seegestützten Lenkwaffen des Typs Kalibr beschossen.

Indes dementierte der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, eine Beteiligung seiner Organisation an dem Attentat.

Fragwürdig ist dennoch der Zusammenhang zwischen dem Vergeltungsvideo der Ukraine und dem Attentat, das fast zeitgleich verübt worden war.

Nach Angaben seines Vaters hatte Rschitzki allerdings nie am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine teilgenommen. Er habe bereits Ende 2021 einen Antrag auf Entlassung gestellt. Diesem sei stattgegeben worden, schreibt "Baza". Zwar sei die Entlassung erst offiziell im Sommer vergangenes Jahres erfolgt, in der Zwischenzeit hatte Rschitzki jedoch bereits kein Kommando mehr.

Weder habe der Offizier Drohungen erhalten, noch habe er sich vor seiner Ermordung ungewöhnlich verhalten, heißt es weiter.

(Mit Material der dpa)

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