Mehr als neun Monate nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs toben unter anderem in der ostukrainischen Region Donezk besonders heftige Kämpfe. Auch die kürzlich befreite Stadt Cherson im Süden wird von Russlands Armee immer wieder beschossen. Viele ukrainische Haushalte sind bei eisigen Temperaturen zeitweise oder sogar komplett ohne Heizung, Strom und Wasser.
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Auf dem Gelände der ukrainischen Botschaft in der spanischen Hauptstadt Madrid ist am Mittwoch eine Briefbombe explodiert. Eine Sicherheitskraft wurde nach ersten Erkenntnissen leicht verletzt, wie es aus Polizeikreisen hieß. Der Brief sei explodiert, als der Wachmann ihn im Garten der Botschaft geöffnet habe, sagte Mercedes González, eine Vertreterin der Regionalregierung in Madrid, dem Fernsehsender Telemadrid. Der Mann sei leicht an der rechten Hand verletzt worden. Der Brief sei an den Botschafter adressiert gewesen und in einem normalen Umschlag vom Postboten geliefert worden, sagte González.
Nach Angaben aus Polizeikreisen wurden Ermittlungen aufgenommen. Journalisten der Nachrichtenagentur AFP beobachteten, wie das Gebiet um die Botschaft abgesperrt wurde. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba ordnete eine Verstärkung der Sicherheitsvorkehrungen an allen ukrainischen Botschaften an, wie ein Sprecher des Ministeriums in Online-Netzwerken erklärte. Er habe die spanischen Behörden zudem aufgerufen, den Angriff zu untersuchen.
US-Außenminister Antony Blinken hat die jüngsten russischen Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine als "barbarisch" verurteilt. Russland habe "mehr als ein Drittel des ukrainischen Energiesystems bombardiert und damit Millionen von Menschen in die Kälte getrieben", sagte Blinken am Mittwoch zum Abschluss des Nato-Treffens in Bukarest. Weder er noch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) gingen direkt auf die Forderung der Ukraine nach Patriot-Luftabwehrsystemen ein.
Die Ukraine hat irritiert auf die Nennung der unerwartet hohen ukrainischen Kriegsverluste seitens der EU reagiert. Gegenüber dem ukrainischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen hob Präsidentensprecher Serhij Nykyforow am Mittwoch hervor, dass nur der Oberkommandierende der Streitkräfte, der Verteidigungsminister oder der Präsident belastbare Zahlen über die Verluste veröffentlichen können. Präsident Wolodymyr Selenskyj werde offizielle Daten publik machen, "wenn der richtige Moment" gekommen sei, da das eine sensible Information sei.
Zuvor hatte eine bei Twitter veröffentlichte und inzwischen gelöschte Ansprache von der Leyens für Aufregung gesorgt. Dabei sprach sie von über 100 000 getöteten ukrainischen Soldaten. Vor knapp drei Wochen hatte US-General Mark Milley die ukrainischen Verluste an Toten und Verwundeten auf rund 100 000 Soldaten geschätzt.
Auch ein Armeesprecher wollte am Mittwoch keine konkreten Angaben machen. "Wir können diese Ziffer nicht bestätigen und betonen, dass die Verluste der ukrainischen Armee dienstliche Informationen sind, die unter die Geheimhaltung fallen", sagte Bohdan Senyk dem Onlineportal Ukrajinska Prawda.
Die EU will ein Sondergericht zur Ahndung von "Verbrechen Russlands" in der Ukraine einrichten. Der europäische Staatenbund werde mit dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) "zusammenarbeiten und dabei helfen, ein Sondergericht einzurichten, das über die Verbrechen Russlands urteilt", teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch im Onlinedienst Twitter mit. Gemeinsam mit Partnern werde die EU dafür sorgen, "dass Russland für die Zerstörung bezahlt, die es verursachte". Dabei könnten eingefrorene Guthaben russischer Oligarchen oder der russischen Zentralbank zum Zuge kommen.
Der IStGH hatte kurz nach Beginn der russischen Invasion in der Ukraine Untersuchungen zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen eingeleitet. Der Strafgerichtshof erklärte allerdings auch, Wert darauf zu legen, dass die Ukraine Beschuldigte nach Möglichkeit selbst vor Gericht bringt. Der IStGH ist das höchste internationale Gericht und verfolgt seit 2002 besonders schwerwiegende Vergehen wie Kriegsverbrechen.
Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben an sechs Orten im östlichen Donbass ein Vorrücken russischer Truppen abgewehrt. Das teilte der Generalstab in Kiew am Mittwochmorgen mit. Alle Abschnitte der Front in den Gebieten Luhansk und Donezk seien von russischer Artillerie unter Feuer genommen worden, hieß es. Die Militärangaben waren indes nicht unabhängig zu überprüfen. Aus dem Donbass werden seit langem heftige Kämpfe gemeldet, wobei sich der Frontverlauf in den vergangenen Wochen kaum verändert hat.
Auf die Stadt Nikopol im Gebiet Dnipropetrowsk wurden nach Angaben der zivilen ukrainischen Verwaltung in der Nacht auf Mittwoch 30 russische Artilleriegeschosse abgefeuert. Nikopol liegt in der Südukraine am Fluss Dnipro, der dort die Frontlinie bildet.
Russlands Militär beschoss am Dienstag nach Angaben des ukrainischen Generalstabs zahlreiche Objekte der zivilen Infrastruktur in der Ukraine. Insgesamt seien 26 Luftangriffe sowie ein Raketenangriff registriert worden. "Und es besteht weiterhin die Gefahr, dass der Feind Raketenangriffe auf kritische Infrastruktureinrichtungen tief im Hinterland startet." Der Generalstab kritisierte einmal mehr, dass das Nachbarland Belarus den Angriffskrieg Russlands weiter unterstütze und weiterhin sein Territorium und seinen Luftraum für Raketen- und Luftangriffe zur Verfügung stelle.
"Die Situation an der Front ist schwierig", sagte Selenskyj am Abend. "Trotz extrem großer russischer Verluste versuchen die Besatzer immer noch, in die Region Donezk vorzudringen, in der Region Luhansk Fuß zu fassen, in die Region Charkiw vorzudringen, sie planen irgendetwas im Süden." Dennoch stehe die Verteidigung aufrecht. "In diesem Jahr wird Russland hunderttausend getötete Soldaten verlieren und Gott weiß wie viele Söldner", prophezeite der Präsident.
Für den Angriffskrieg gegen die Ukraine soll die höchste russische Staats- und Militärführung nach dem Willen der ukrainischen Regierung juristisch zur Verantwortung gezogen werden. Als Beispiel für seine Forderung nach einem Sondertribunal nannte Präsident Wolodymyr Selenskyj das Nürnberger Tribunal, bei dem die Nazis nach dem Zweiten Weltkrieg für ihre Kriegsverbrechen verurteilt wurden. Zwar arbeite die Ukraine bereits mit vielen Ländern und Organisationen wie dem Internationalen Strafgerichtshof zusammen, "damit jeder russische Mörder die verdiente Strafe erhält", sagte er am Dienstagabend in seiner täglichen Videoansprache. "Aber leider reichen die verfügbaren internationalen Rechtsinstrumente für Gerechtigkeit nicht aus."
"Selbst vor dem Internationalen Strafgerichtshof ist es immer noch unmöglich, die höchste politische und militärische Führung Russlands für das Verbrechen der Aggression gegen unseren Staat – für das Hauptverbrechen – vor Gericht zu stellen", beklagte Selenskyj. Daher werde neben dem Internationalen Strafgerichtshof ein Sondertribunal benötigt. "Und wir tun alles, um ein solches Tribunal zu schaffen." Der ukrainische Staatschef hatte schon im September vor der UN-Vollversammlung für ein Sondertribunal geworben.
Die Nato hat der Ukraine weitere Unterstützung bei der Abwehr des russischen Angriffskriegs zugesagt. Bei einem Treffen in Bukarest verabschiedeten die Außenminister der 30 Bündnispartner am Dienstag dazu eine gemeinsame Erklärung.
Darin heißt es: "Aufbauend auf der bisher zur Verfügung gestellten Unterstützung werden wir nun der Ukraine helfen, ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken, ihre Bevölkerung zu schützen und den Desinformationskampagnen und Lügen Russlands entgegenzutreten." Dabei gehe es auch um Wiederherstellung der Energie-Infrastruktur und Schutz der Bevölkerung vor Raketenangriffen. Die Unterstützung werde geleistet "so lang wie nötig".
Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko hat Deutschland um weitere Hilfe bei der Abwehr des russischen Angriffs auf die Ukraine gebeten. "Das Verbrechen, das Kriegsverbrechen, was in der Ukraine stattfindet, muss ein Ende haben. Das Leiden muss ein Ende haben", sagte der Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko am Dienstag in Berlin bei einem Treffen mit FDP-Politikern.
Deutschland habe schon viel geleistet, aber er komme und bitte um weitere Unterstützung auch mit Blick auf den Winter. Klitschko: "Es kann nicht sein, dass in der Ukraine Krieg herrscht und man schaut weg und denkt, es wird nicht an meine Tür klopfen. Es wird." Er traf im Bundestag die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes-Strack-Zimmermann, sowie den FDP-Fraktionsvize und Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff.
Die G7-Staaten wollen zur besseren Verfolgung von russischen Kriegsverbrechen in der Ukraine ein Netzwerk von nationalen Kontaktstellen für Ermittlungen zu Völkerstraftaten einrichten, an die sich internationale Organisationen und andere Staaten wenden können. Dazu hätten sich die sieben führenden Industriestaaten (G7) verpflichtet, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Dienstag nach einem Treffen der G7-Justizminister in Berlin. Auch die Ukrainerinnen und Ukrainer in Deutschland seien dazu aufgerufen, "uns zu berichten, was sie gesehen haben".
Die G7-Staaten wollen ihre Ermittlungen besser koordinieren. Dazu sollen Beweismittel auf einem so hohen Niveau erhoben werden, dass sie in jedem Justizsystem verwendet werden können. Es brauche "extrem professionelle, geschulte Ermittlerinnen und Ermittler", sagte Buschmann. Die Opfer seien oft zutiefst traumatisiert und ihre Mithilfe solle für sie so wenig belastend sein wie möglich.
Die zentralukrainische Großstadt Dnipro ist Behördenangaben zufolge in der Nacht zu Dienstag von vier russischen Raketen getroffen worden. Die Produktionsanlagen einer "privaten Firma" seien schwer beschädigt worden, teilte der Gouverneur des Gebietes Dnipropetrowsk, Walentyn Renitschenko, auf Telegram mit. Nähere Angaben zu dem Unternehmen machte er nicht. Es sei ein Brand entstanden, der aber gelöscht worden sei. Niemand sei getötet oder verletzt worden, schrieb Resnitschenko. Auch die weiter südlich gelegene Stadt Nikopol am Fluss Dnipro sei beschossen worden.
Die Ukraine will Russland für dessen Angriffskrieg und die verursachten Zerstörungen mithilfe der internationalen Gemeinschaft zur Verantwortung ziehen lassen. In seinen Gesprächen mit ausländischen Politikern und beim Austausch ukrainischer Behörden mit westlichen Institutionen werde stets darüber gesprochen, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montagabend in seiner täglichen Videoansprache. "Das Hauptthema all dieser Ereignisse ist die Verantwortung Russlands für Krieg und Terror."
Auch bei Kälte, Schneeregen und Regen dauern die schweren Kämpfe im Donbass im Osten der Ukraine an. Dabei wehrten die ukrainischen Streitkräfte täglich Dutzende von Angriffsversuchen russischer Truppen ab, sagte Serhij Tscherewatyj, Sprecher der Ostgruppe der ukrainischen Armee, am Montag. Im Mittelpunkt der schwersten Kämpfe stünden die Gebiete um Bachmut und Awdijiwka. Dabei setzten die von Kampfflugzeugen unterstützten russischen Streitkräfte neben Rohrartillerie auch Raketenwerfer, Minenwerfer und Panzer ein. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
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(ast/dpa/afp)