
Der leitende Richter Peter Cahill.Bild: dpa / Court TV Pool
International
Der Tod von George Floyd in den USA löste wochenlange Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt aus. Knapp elf Monate später steuert der Prozess gegen einen weißen Ex-Polizisten aufs Ende zu. Die Erwartungen an das Verfahren sind immens.
19.04.2021, 11:4519.04.2021, 11:45
Der Prozess gegen den weißen Ex-Polizisten Derek
Chauvin wegen der Tötung des Afroamerikaners George Floyd steht vor
dem Abschluss. Am Gericht in Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota
beginnen am Montag (ab 16.00 Uhr MESZ) die Abschlussplädoyers von
Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Beide Seiten werden dabei
versuchen, die Geschworenen zu überzeugen. Die Anhörung von Zeugen im
Hauptverfahren war nach drei Wochen am Donnerstag zu Ende gegangen.
Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai in Minneapolis bei einer brutalen
Festnahme ums Leben gekommen. Videos dokumentierten, wie Polizisten
den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Chauvin presste dabei sein
Knie rund neun Minuten lang in Floyds Hals, während dieser flehte,
ihn atmen zu lassen. Floyd verlor der Autopsie zufolge das
Bewusstsein und starb. Die Beamten hatten Floyd wegen des Verdachts
festgenommen, mit einem falschen 20-Dollar-Schein bezahlt zu haben.
Chauvin droht lebenslängliche Haft
Nach den Plädoyers beraten die zwölf Mitglieder der Jury, um über
Schuld oder Unschuld Chauvins zu befinden. Dafür gibt es keine
Zeitvorgabe - sie könnten innerhalb einer Stunde entscheiden oder
nach einer Woche, wie Richter Peter Cahill erklärte. Die Geschworenen
dürfen während der Beratungen nicht mehr nach Hause gehen, sondern in
einem Hotel untergebracht. Die Geschworenen bleiben aus
Sicherheitsgründen bis auf Weiteres anonym.
Der schwerwiegendste Anklagepunkt gegen Chauvin lautet Mord zweiten
Grades ohne Vorsatz. Darauf stehen bis zu 40 Jahre Haft. Nach
deutschem Recht entspräche dies eher dem Totschlag. Zudem wird
Chauvin auch Mord dritten Grades vorgeworfen, was mit bis zu 25
Jahren Haft geahndet werden kann. Auch muss er sich wegen Totschlags
zweiten Grades verantworten, worauf zehn Jahre Haft stehen. Chauvin,
der nach dem Vorfall entlassen worden war und auf Kaution frei ist,
hat auf nicht schuldig plädiert.
Chauvins Verteidiger argumentierten, dass Floyds Tod nicht primär auf
Gewalteinwirkung zurückgehe, sondern vor allem auf dessen
vorbelastete Gesundheit und Rückstände von Drogen in seinem Blut.
Experten der Staatsanwaltschaft wiesen dies klar zurück. Ein
Lungenspezialist etwa erklärte, Floyd sei an den Folgen von
Sauerstoffmangel gestorben. Der niedrige Gehalt an Sauerstoff habe
Hirnschäden verursacht und Floyds Herz zum Stillstand gebracht. Der
Polizeichef von Minneapolis, Medaria Arradondo, bezeichnete Chauvins
Gewaltanwendung als unverhältnismäßig und vorschriftswidrig.
Auswahl der Geschworenen dauerte mehrere Wochen
Die Auswahl der Geschworenen hatte sich in diesem Fall lange
hingezogen. Verteidiger, Staatsanwälte und das Gericht befragten
zweieinhalb Wochen lang dutzende Kandidaten, um möglichst faire und
unvoreingenommene Jury-Mitglieder zu finden. Zudem wollte die
Staatsanwaltschaft auch sicherstellen, dass Schwarze und andere
Minderheiten ausreichend in der Jury vertreten sind.
Floyds Schicksal hatte in den USA mitten in der Pandemie eine Welle
der Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt ausgelöst – und
wurde damit zur größten Protestbewegung seit Jahrzehnten.
Der Prozess findet unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt. Die
Erwartungen an das Verfahren sind immens. Viele Menschen, wohl auch
die meisten Schwarzen, hoffen auf ein Urteil, das ein Zeichen gegen
Rassismus und Polizeigewalt in den USA setzen wird – und dagegen,
dass Sicherheitskräfte oft straffrei davonzukommen scheinen. Sollte
Chauvin freigesprochen werden oder eine kurze Haftstrafe bekommen,
weil die Geschworenen ihn zum Beispiel nur des Totschlags für
schuldig befinden, dürfte es zu massiven Protesten kommen.
Der Großraum Minneapolis wird bereits seit einer Woche erneut von
vereinzelten Protesten erschüttert. Der Auslöser war ein tödlicher
Schuss einer weißen Polizistin auf einen 20-jährigen Schwarzen,
Daunte Wright, bei einer Verkehrskontrolle im Vorort Brooklyn Center.
(vdv/dpa)
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