Von der Thomas-Cook-Insolvenz sind über 600.000 Touristen betroffen: Sie können ihren Urlaub nicht antreten, warten ungewiss am Flughafen und wissen nicht, ob sie wie geplant nach Hause kommen. Ein Vorfall schockiert jedoch besonders: Im Hotel "Les Orangers" im tunesischen Urlaubsort Hammamet wurden laut Medienberichten Touristen festgehalten und aufgefordert, für ihren Aufenthalt zu bezahlen – obwohl sie ja eigentlich bereits über ihren Reiseveranstalter Thomas Cook gezahlt hatten.
"Die Angestellten des 'Les Orangers' haben die Tore zum Hotel verschlossen und halten die Menschen als Geiseln. Sie behaupten, Thomas Cook habe sie nicht bezahlt und fordern daher, dass wir sie bezahlen", sagte eine Touristin der britischen Zeitung "The Sun".
Watson hat mit einer deutschen Urlauberin gesprochen, die zur Zeit in diesem Hotel untergebracht ist. Aus Sorge um ihre derzeitige Situation möchte sie anonym bleiben, wir nennen sie im Folgenden Maren.
Das "Drama", wie Maren die Situation schildert, begann bereits am Samstag. Als sie nach einem Ausflug in ihr Hotelzimmer zurückkehrte, fand sie dort die Nachricht vor, dass sie sich im Büro des Managers zu melden habe. Dieser Aufforderung kam sie nach: im Büro angekommen, teilte man ihr mit, dass Thomas Cook pleite gegangen sei. Wie ein Vorwurf wirkt es, als der Manager ihr sagt, sie wohne quasi "für umsonst" im Hotel.
Es ist an dieser Stelle anzumerken, dass die öffentliche Bekanntgabe der Insolvenz von Thomas Cook erst am Sonntag erfolgte, das Hotel jedoch laut Marens Angaben schon mindestens einen Tag vorher davon gewusst haben muss. Gerüchte über eine Pleite hatte es schon seit ein paar Tagen gegeben.
Als Maren dem Hotelangestellten daraufhin ihre Reiseunterlagen zeigt und vorweist, den Betrag bereits von Deutschland aus an Thomas Cook überwiesen zu haben, tut er dies ab: Bei ihm sei nichts angekommen. Sie solle so schnell wie möglich zahlen, da ansonsten das Hotel pleite gehe, wurde ihr außerdem gesagt.
Trotz dieser Aufforderungen von Seiten des Hotels, die sie offenbar unter Druck setzen sollen, zahlt Maren nicht und ruft bei ihrem Reiseveranstalter Neckermann – einer deutschen Tochter von Thomas Cook – an. Dieser versichert ihr, dass er sich um den Fall kümmern wird und sagt ihr, dass sie nicht zahlen solle.
Auch andere Urlauber des Hotels wollten die Gebühr nicht noch einmal bezahlen, die sie bereits ihrem Reiseveranstalter bezahlt hatten und sollen so lange vom Hotel festgehalten worden sein, bis sie ihre "Schulden" beglichen hatten.
Von diesem Einsperren bekam Maren nichts mit, da sie zu diesem Zeitpunkt bereits schlief, doch eine andere Sache fiel ihr auf:
Neue Gäste, die über Thomas Cook gebucht hatten, wurden also gar nicht mehr ins Hotel gelassen, ohne vorher zu bezahlen.
Maren versuchte wiederholt, etwas über ihren anstehenden Transfer zum Flughafen sowie den Rückflug in Erfahrung zu bringen – ohne Erfolg. Der Manager sage gar nichts mehr, niemand sei zu einer Auskunft fähig, klagt Maren. Nun hat sie Angst, dass sie am Mittwoch Probleme haben wird, nach Deutschland zu kommen und befürchtet, erneut zur Kasse gebeten zu werden.
Auf die Frage, wie nun ihre Stimmung sei, findet Maren traurige Worte: "Seit dem Gespräch am Samstag ist der Urlaub Nebensache. Freude hat man nicht mehr."