Nachdem am Ballermann kleine Gruppen ausgelassen Party gemacht hatten, ist die bekannte Meile auf Mallorca direkt wieder geschlossen worden. Eine Vorsichtsmaßnahme der balearischen Regionalregierung. Doch an anderen Orten Europas wird weiterhin gefeiert – und das zum Teil ohne Rücksicht auf Abstandsregeln oder Maskenpflicht.
In Anbetracht der wieder steigenden Infektionsraten in einigen der Urlaubsländer scheint das besorgniserregend. Nun warnt sogar der Präsident der deutschen Ärztekammer vor der Feierwut im Ausland.
Doch nicht alle wollen ein Jahr lang auf Partys in der Sonne verzichten und nehmen dabei auch eine mögliche Infektion in Kauf. Wo derzeit weiter gefeiert wird, obwohl die Corona-Fälle steigen, haben wir uns angeschaut.
Am 27. Juni landeten die ersten Flieger mit deutschen Touristen wieder in Bulgarien. Bis dahin war das Land nur recht schwach vom Corona-Virus betroffen, das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) meldete Mitte Juli noch 550 Neuinfektionen pro Woche. Mitte Juli stieg diese Zahl auf 1180 Neuinfektionen die Woche an. Bereits Anfang Juli hatte die bulgarische Regierung deshalb Discos, Bars und Clubs wieder strenger eingeschränkt: Gesundheitsminister Kiril Ananiew ordnete am 10. Juli an, dass Partys in geschlossenen Räumen nicht mehr stattfinden dürfen und Lokale selbst im Freien nur 50 Prozent ihrer Kapazität auslasten dürfen.
Gefeiert wird aber weiter, besonders am beliebten Goldstrand, wie aus zahlreichen Videos und Bildern in den Sozialen Netzwerken hervorgeht. Nicht immer werden dabei die Corona-Sicherheitsregeln eingehalten. Die ausgelassenen Bilder sorgen sogar für begeisterte Kommentare: "Schau dir mal die geilen Party-Bilder an und woanders wird rumgezickt, als wär alles verseucht", schreibt ein User beispielsweise.
Für das Land ist das eine schwierige Situation: Elf Prozent aller Beschäftigten arbeiten dort im Tourismussektor, der gut zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Das ärmste der EU-Länder ist also auf die Urlauber angewiesen.
"Das COVID-19-Infektionsaufkommen war in Kroatien über mehrere Wochen niedrig, nimmt zuletzt allerdings stark zu", meldet das Auswärtige Amt. Mitte Juni gab es an den meisten Tagen nur 0 bis 1 Neuinfektion am Tag, nun sind es täglich um die 100 Neuinfektionen, wie die kroatische Regierung meldet. Negativ-Höhepunkt war Samstag, der 11. Juli – mit 140 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden.
Die Region rund um den Party-Spot Zrće ist von diesem steigenden Infektionsgeschehen bislang nicht stark betroffen. Die nach der Hauptstadt Zagreb am meisten gebeutelte Region, die Gespanschaft Split-Dalmatien, ist jedoch nur 2,5 Stunden Autofahrt entfernt. Zrće ist bekannt für seinen schönen Strand, Festivals und das lebendige Clubleben, das auch in Coronazeiten offenbar weitergeht.
Nachdem Frankreich mit einem harten Lockdown den Virus einigermaßen unter Kontrolle bekommen hatte, steigen die Zahlen der Infektionen auch hier seit Anfang Juli wieder. So meldet der Gesundheitsdienst beispielsweise 836 Neuinfektionen in den letzten 24 Stunden (von Sonntag auf Montag).
Gesundheitsminister Olivier Véran sprach von "beunruhigenden Zeichen eines Wiederauflebens der Epidemie" und 400 bis 500 Infektionsherden im ganzen Land. Französische Virologen beklagen, dass sich in der Urlaubszeit kaum jemand an Schutzmaßnahmen hält. Dazu zählen ein Mindestabstand von einem Meter und der Verzicht auf den in Frankreich üblichen Wangenkuss zur Begrüßung.
Der Kuss scheint aber nicht das einzige Problem zu sein, wenn man aktuelle Bilder aus St.Tropez, dem Party-Ziel der Schönen und Reichen, betrachtet. Denn auch hier feierten die Gäste offensichtlich, ohne sich an Corona-Richtlinien zu halten.
Drei Urlaubsorte mit großen Party-Spots. Dreimal steigende Infektionszahlen. Auch in Deutschland schrillen bei dieser Entwicklung die Alarmglocken. Wer sich im Urlaub mit Corona ansteckt, importiert diesen bei der Rückkehr nach Hause. Sind Party-Touristen also die neuen Superspreader?
Sie verhielten sich zumindest "unverantwortlich", sagt Ärztepräsident Klaus Reinhardt. Er mahnt deutsche Touristen zu besonderer Vorsicht. "Es gelten auch im Urlaub die Abstands- und Hygieneregeln", sagt Reinhardt. "Das ist wichtig, sehr wichtig." Völlig unverständlich sei es für ihn, wie sich einige Urlauber vor einer Woche auf Mallorca verhalten hätten.
Ohne ein wirksames Unterbinden solcher Zusammenkünfte würden die Infektionszahlen wieder nach oben schnellen. Der Ärztepräsident mahnt: "Bis wir eine wirksame Impfung haben und die Pandemie tatsächlich besiegen können, müssen wir alle verantwortungsvoll handeln." Die Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten, sei nicht zu viel verlangt. "Man muss jetzt auch nicht in der Disco abfeiern." Bewege man sich etwa mit Abstand am Strand oder treibe man Sport, sei dies für andere völlig ungefährlich. "Trotz einer Lockerung der Beschränkungen ist es bei uns nicht zu einer zweiten Welle gekommen", sagte der Ärztepräsident. "Aber wir müssen wachsam bleiben und uns immer daran erinnern."
(jd/mit Material von dpa und afp)