Streik vor der Gorillas-Zentrale in Berlin-Mitte: Einige der Streikenden waren vermummt, um nicht erkannt zu werden. Protestiert wurde mithilfe von Trommeln und Töpfen.bild: watson
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"Lebensmittel geliefert in 10 Minuten" – so lautet das Werbeversprechen des Lieferdienstes Gorillas, der inzwischen in 22 größeren deutschen Städten operiert und nicht mal einen Mindestbestellwert aufruft. Klingt ziemlich reizvoll, sich die Tüte Chips und ein Bier am Abend auf die Couch zu ordern, ohne runter zum Späti zu müssen. Die Leidtragenden des Konzepts scheinen jedoch die Fahrer zu sein, die am Mittwoch in Berlin zu einem großen Protest zusammenkamen.
Ein Streikender pinnt seine Forderungen an die Tür der Unternehmenszentrale in Berlin. bild: watson
Ein Gorilla-Rider, 35 Jahre, sagt gegenüber watson:
"Ich arbeite seit Anfang des Jahres für Gorillas. Uns wurde versprochen, dass das Equipment besser werden würde, dass man sich selbst die Schichten raussuchen könnte und so weiter. Wenn man gerne morgens arbeiten wollte, hat man nur Abendschichten bekommen oder umgekehrt. Für Gorillas arbeiten viele Studenten, die auch darauf angewiesen sind, neben ihren Schichten noch die Uni besuchen zu können. Und die Schichten werden auch nicht mit Vorlauf geplant. Ich arbeite sowieso schon sechs Tage die Woche, ich muss doch auch mal privat was planen können. Wenn Gorillas Leute nur für Abendschichten will, dann sollen sie diese speziell auf dieser Vertragsgrundlage anstellen."
Der Streit um die Arbeitsbedingungen der "Riders", wie sie die Gorillas-Fahrer nennen, dauert nun schon seit Anfang Juni an. Im Kern geht es den Streikenden dabei um die Arbeitszeiten, die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen.
Sie bemängeln, dass die gesetzlich vorgeschriebene Ruhepause von elf Stunden zwischen zwei Arbeitsschichten oft nicht eingehalten würde, die Fahrräder seien mangelhaft oder gar nicht gewartet, die Lasten zu schwer und Lohnzahlungen würden verschleppt. Zudem käme das Gehalt nicht pünktlich, und das ohne Ausgleich oder Entschuldigung seitens des Unternehmens. Die Korrektur der Fehler bei den Gehaltszahlungen dauere Monate. Und das alles bei einem Stundenlohn von 10,50 Euro, also knapp über dem gesetzlichen Mindestlohn von aktuell 9,60 Euro pro Stunde.
Ein Gorilla-Rider, 21, sagt gegenüber watson:
"Die Rucksäcke waren viel zu schwer, ich hab mal nachgemessen, meiner war 10 Kilo schwer anstatt 3 bis 4 Kilo wie es anfangs hieß. Die Fahrräder werden nicht richtig gewartet, mir ist mal die Sattelstange beim Fahren abgebrochen. Das ist richtig gefährlich."
Ein anderer Gorilla-Rider, 35, sagt:
"Ich hatte einen absolut vermeidbaren Unfall, weil mein Bike nicht gewartet war und danach noch eine Woche Arbeitsausfall."
Der Arbeitskampf der wütenden Riders reichte inzwischen von der spontanen Niederlegung der Arbeit bis hin zu Fahrradkonvois, der Blockade der Lagerhallen durch aufgestapelte Lieferräder und dem Verkleben von Schlüssellöchern an Gorillas-Filialen.
Als Reaktion auf die nicht enden wollenden Proteste wurden am Dienstag hunderte Gorillas-Rider fristlos gekündigt. Es seien die Arbeitsverhältnisse derjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beendet worden, die sich in der Vergangenheit an ebenjenen "wilden Streiks" beteiligt hätten, teilte ein Sprecher des Unternehmens am Mittwoch mit. "Solche unangekündigten und nicht gewerkschaftlich getragenen Streiks sind rechtlich unzulässig. Nach intensiver Abwägung sehen wir uns gezwungen, diesen rechtlichen Rahmen nun durchzusetzen."
Das Gorillas Workers Collective (GWC), ein Zusammenschluss von Mitarbeitern für bessere Arbeitsbedingungen, sprach von "Massenkündigungen", die per Brief oder telefonisch ausgesprochen worden seien.
"Gorillas hat versagt in allen Kernkompetenzen eines Arbeitgebers: Sie können unsere Gehälter nicht pünktlich zahlen, sie können unsere Arbeitssicherheit nicht gewährleisten, noch nicht mal richtig kündigen können sie uns."
Duygu Kaya, Ex-Gorillas-Riderin
Duygu Kaya, 33, Ex-Gorillas-Riderin, beim Streik.bild: watson
Duygu Kaya, 33, wurde von Gorillas aufgrund ihrer Protestteilnahme fristlos gekündigt: "Uns wurde vorgeworfen, illegal gehandelt und Notausgänge blockiert zu haben. Im Lager im Bergmannkiez gibt es aber nur einen Ausgang, der gleichzeitig auch der Notausgang ist. Das können gerne alle zuständigen Berliner Ämter nachprüfen", sagt sie gegenüber watson.
Angestellte seien von anonymen Nummern auf ihren privaten Telefonen kontaktiert worden und von Gorillas-Mitarbeitern, die sich nicht namentlich vorstellten, zu ihrer Teilnahme an Arbeitsniederlegungen oder Protesten befragt worden, erzählt Duygu Kaya. Wenn die angerufenen Mitarbeiter eine Beteiligung am Streik bejahten, wurden diese mündlich fristlos gekündigt. Gekündigt worden seien aber auch Beschäftigte, die gar nicht an den Aktionen teilgenommen hätten.
Der Gründer des Lieferdienstes Gorillas, Kagan Sümer, wehrt sich gegen Kritik an den Arbeitsbedingungen seines Unternehmens. "Wir beuten niemanden aus", sagte Sümer zuletzt der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Bei Gorillas seien die Fahrer fest angestellt, inklusive Sozialversicherungen. "Damit heben wir uns bewusst von der Konkurrenz ab."
Dieser Aussage widersprechen die Protestierenden deutlich. Ein Gorilla-Rider, der noch für das Unternehmen arbeitet und daher anonym bleiben möchte, sagte gegenüber watson: "Der CEO spricht die ganze Zeit davon, dass er die Arbeitsbedingungen in der Branche verbessern möchte und das auch tut. Das ist kompletter Schwachsinn. Wenn man sich die Konditionen der anderen Lieferdienste, gerade in Berlin, ansieht, stellt man sehr schnell fest, dass die Bedingungen für die Angestellten bei Gorillas sogar zu den miesesten gehören."
Tatsächlich landete Gorillas als Arbeitgeber zuletzt überraschend auf dem ersten Platz der beliebtesten Start-Ups, wie die "Lebensmittel Zeitung" berichtete. Das Ranking ist aus einer Analyse von Linkedin abgeleitet worden, die unter Berücksichtigung von vier Faktoren durchgeführt wurde. Sie richtet sich nach Beschäftigungswachstum, Interaktion auf der Networking-Plattform, Interesse an Jobangeboten und die Anziehungskraft für Top-Kandidaten. Keine Rolle spielt bei der Bewertung aber die Arbeitsplatzsicherheit, also wie schnell einem Mitarbeiter gekündigt werden kann, was einigen Riders nun zum Verhängnis wurde.
Während des Streiks vor der Gorillas-Unternehmenszentrale in Berlin am Dienstag gab allerdings ein Sprecher des GWC vor den Streikenden bekannt, dass die meist mündlich ausgegebenen Kündigungen in dieser Form nicht rechtswirksam seien. Zudem werde das GWC rechtlich gegen die die Kündigungen vorgehen. Duygu Kayas außerordentliche und fristlose Kündigung aufgrund ihrer Streikteilnahme wurde allerdings rechtswirksam per Brief zugestellt – ihr Name war falsch geschrieben.
(mit Material der dpa)
Viele Deutsche sind Wintersportfans. Rund 15 Millionen Menschen fahren hierzulande zumindest gelegentlich Ski oder Snowboard. Bei der Wahl des alpinen Urlaubsziels müssen Reisende aber längst auf mehr achten, als die Größe des Skigebiets oder die Möglichkeit zum Après-Ski. Denn was nutzt die schönste Piste ohne Schnee?