Ein Doktor verabreicht einer Frau eine Impfung gegen Covid-19.Bild: E+ / bojanstory
Gesundheit & Psyche
Nach dem holprigen Start der
Corona-Impfungen wächst nun die Hoffnung auf mehr Tempo. Die
EU-Arzneimittelbehörde EMA empfahl am Freitag die Zulassung des
Impfstoffs von Astrazeneca. Die letzte Entscheidung der EU-Kommission
stand am Abend noch aus, galt aber als Formsache. Zwei weitere
Hersteller meldeten zudem vielversprechende Testergebnisse. "Jeder
Impfstoff wird einen Unterschied machen", sagte Gesundheitsminister
Jens Spahn in Berlin. Der deutsche Impfgipfel am Montag soll
zusätzlichen Schub bringen.
Die Lieferprobleme von Astrazeneca sind allerdings noch nicht
gelöst. Die EU-Kommission hat mit dem britisch-schwedischen Konzern
einen Rahmenvertrag zur Lieferung von bis zu 400 Millionen Impfdosen.
Doch hatte das Unternehmen überraschend mitgeteilt, im ersten Quartal
nur 31 statt 80 Millionen Dosen zu liefern. Seither streitet die EU
mit dem Hersteller. Sie hofft, zumindest einen Teil der Lieferkürzung
rückgängig zu machen.
Doch ohne Altersgrenze
Immerhin hat der Hersteller nun die offizielle
Zulassungsempfehlung der EMA – und zwar für Erwachsene ab 18 Jahren
ohne Altersbegrenzung. Auch wenn nur es nur vergleichsweise wenige
Testpersonen über 55 Jahre gegeben habe, sei dies zu vertreten,
erklärte die EMA in Amsterdam. Sie begründete dies mit den guten
Test-Resultaten bei den übrigen Altersgruppen sowie Erfahrungswerten
mit anderen Impfstoffen. Astrazeneca begrüßte die Empfehlung.
In Deutschland empfahl die Ständige Impfkommission jedoch am
Freitag, den Astrazeneca-Impfstoff vorerst nur Erwachsenen unter 65
Jahren zu geben, weil für Ältere zu wenig Testdaten vorlägen.
Abgesehen von dieser Einschränkung sei das Vakzin aber zum
Individualschutz und zur Bekämpfung der Pandemie geeignet.
Spahn: Wird von großem Nutzen sein
Gesundheitsminister Spahn sagte in Berlin, auch wenn das
Astrazeneca-Vakzin nur bei Jüngeren von 18 bis 64 eingesetzt werde,
werde es trotzdem von großem Nutzen an sein. Selbst mit der
Lieferkürzung von Astrazeneca hätte Deutschland nach seinen Worten im
Februar drei Millionen Impfdosen von dem Konzern zu erwarten. Diese
seien bei der Terminvergabe noch nicht verplant.
Der CDU-Politiker räumte ein: "Der Start der Impfkampagne war
schwierig." Es stünden auch noch harte Wochen der Impfstoffknappheit
bevor. Doch wurden nach seinen Worten immerhin mehr als 3.5 Millionen
Impfdosen an die Bundesländer gesandt - davon wurden 2.2 Millionen
verwendet. Beim Ziel, allen Pflegeheimbewohnern bis Mitte Februar ein
Angebot zu machen, sei man auf gutem Weg.
EU weiter in der Kritik – Panne bei Vertragsveröffentlichung
Wegen der Impfstoffknappheit steht auch die EU-Kommission in der
Kritik, die im Namen der 27 Staaten mit den Herstellern verhandelt
hatte. Unter anderen monierte der bayerische Ministerpräsident Markus
Söder (CSU) im ZDF, dass zu spät bestellt worden sei.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wies solche Vorwürfe
zurück. Die EU-Kommission habe den Vertrag mit Astrazeneca
rechtzeitig abgeschlossen, sagte sie im Deutschlandfunk. Sie
bekräftigte auch, die Bestellung der EU sei verbindlich und nicht mit
Einschränkungen versehen: "Der Vertrag ist glasklar." Sie verlange
von Astrazeneca Transparenz und Planungssicherheit.
Nach Rücksprache mit dem Unternehmen veröffentlichte die
Kommission eine in Teilen geschwärzte Fassung des Vertrags.
Allerdings leistete sich die Brüsseler Behörde dabei eine peinliche
Panne: Einige der geschwärzten Passagen in dem Dokument waren in
einer ersten Version über die Lesezeichen-Funktion des Acrobat Reader
lesbar. Es handele sich um einen technischen Fehler, hieß es aus
Kommissionskreisen. Die veröffentlichte Version wurde später ersetzt.
Das Unternehmen wollte zunächst nicht kommentieren.
Von der Leyen verteidigt Vorgehen – nächste Impfstoffe könnten bald folgen
Von der Leyen verteidigte auch die Strategie, Impfstoffe in
Europa mit einer regulären Zulassung auf den Markt zu bringen statt
mit Notfallzulassungen wie in Großbritannien und den USA. Es dürfe
"keine Abkürzung bei der Sicherheit" geben.
Ein möglicher nächster Kandidat für eine Zulassung könnte das
Vakzin des US-Konzerns Johnson & Johnson sein. Nach
Zwischenergebnissen von Tests bietet sein Impfstoff vier Wochen nach
Verabreichung einen 66-prozentigen Schutz vor mittleren oder schweren
Covid-19-Krankheitsverläufen. Die Besonderheit bei diesem Impfstoff
ist, dass er nur einmal gespritzt werden müsste und nicht zweimal.
Die EU hat 200 Millionen Dosen bei Johnson & Johnson bestellt.
Auch der der US-Hersteller Novavax hat inzwischen vorläufige
Testergebnisse für seinen Impfstoffkandidaten: Sie belegen eine
Wirksamkeit von rund 90 Prozent Wirksamkeit gegen Covid-19, wie das
Unternehmen mitteilte. Die EU hat Sondierungsgespräche mit der Firma
abgeschlossen und ist in Vertragsverhandlungen. Zum Stand wollte ein
Kommissionssprecher am Freitag nichts sagen.
Impfgipfel soll weitere Impulse setzen
Die Bundesregierung will am Montag bei ihrem Impfgipfel weitere
Wege suchen, rasch mehr Impfstoffe zu bekommen. Kanzleramtschef Helge
Braun (CDU) sagte den Sendern RTL/ntv, es sei ein ermutigendes
Zeichen, dass "Unternehmen, die selber noch nicht so weit sind in der
Impfstoffentwicklung, sagen: Dann können wir meine Produktionsanlagen
noch zusätzlich nehmen, um die anderen zu produzieren". Das sehe
"ganz gut" aus, fügte er an.
(om/dpa)
Wer schon einmal in den Urlaub geflogen ist und in der Economy Class Platz genommen hat, weiß: Auf Dauer kann es ganz schön ungemütlich werden. Stundenlang zu mit minimaler Beinfreiheit zu sitzen, macht vor allem großen Menschen zu schaffen.